01 - Nicht ohne meine Tochter
alle auf den Friedhof gehen?« »Nein.«, sagte Moody. »Du musst mit uns kommen.« »Ich will nicht, dass Mahtab dies sehen muss. Ich kann mich wirklich nützlicher machen, wenn ich dableibe und die Kinder hüte.« »Nein!« Doch als wir bei Nastaran und Morteza eintrafen, wiederholte ich den Vorschlag in Moodys Gegenwart, und alle fanden die Idee gut. Moody gab schnell nach; er war innerlich zu beschäftigt, um sich über mich Gedanken zu machen.
Ich wagte nicht, das Haus ohne Moodys Erlaubnis zu verlassen, aber sowie ich mit den nichtsahnenden Kindern allein war, lief ich zum Telefon und rief Helen an. »Bitte kommen Sie.«, sagte sie, »ich muss mit Ihnen sprechen.« »Das geht nicht. Ich bin ganz in der Nähe der Botschaft, aber ich kann nicht kommen.« Ich dachte, ich könnte die Kinder vielleicht später mit in einen Park nehmen, wenn die Erwachsenen wieder da waren. Helen und ich fassten den vorläufigen Plan, uns nachmittags um drei Uhr in einem Park in der Nähe der Botschaft zu treffen.
Miss Alavi konnte ich nicht erreichen, was frustrierend war, aber es gelang mir immerhin, Ellen in ihrem Büro zu erreichen, und dieses Gespräch flößte mir einen gehörigen Schrecken ein. »Ich werde Moody alles sagen.«, sagte Ellen. »Ich werde ihm sagen, dass du versuchen willst, zu fliehen.« »Das darfst du mir nicht antun!«, bat ich. »Ich habe es dir erzählt, weil du Amerikanerin bist. Ich habe dir davon erzählt, weil du versprochen hast, es geheimzuhalten. Du hast versprochen, niemandem etwas davon zu sagen.« »Ich habe Hormoz alles erzählt.«, sagte Ellen, und ihre Stimme wurde schneidend. »Er ist mir sehr böse. Er hat mir befohlen, die Botschaft niemals zu betreten, und er hat mir gesagt, es sei meine islamische Pflicht, Moody alles zu berichten. Wenn ich das nicht tue, und dir und Mahtab stößt etwas zu, dann ist das meine Schuld und genauso, als hätte ich euch umgebracht. Ich muss es ihm sagen.« Entsetzliche Furcht überfiel mich. Moody könnte mich umbringen. Auf jeden Fall würde er mich einschließen und mir Mahtab wegnehmen. Die kostbaren Freiheitsfetzchen, die ich erlangt hatte, würden mir für immer entrissen werden.Von nun an würde er mir niemals wieder vertrauen. »Bitte nicht!«, schluchzte ich. »Bitte, sag ihm nichts.« Ich schrie Ellen über das Telefon an. Ich weinte, flehte appellierte an unsere gemeinsame Herkunft, aber sie schien unbeugsam. Sie wiederholte, dass sie ihre islamische Pflicht tun müsse, aus Liebe zu mir und aus Sorge um mein und meiner Tochter Wohlergehen. Sie müsse Moody alles sagen. »Lass mich es tun«, sagte ich verzweifelt. »Ich kann das besser. Ich werde es machen.« »In Ordnung«, beschloss Ellen. »Ich werde dir ein bisschen Zeit geben. Aber du musst es ihm sagen, oder ich werde es selbst tun.«
Ich legte den Hörer auf und spürte eine islamische Schlinge um meinen Hals. Was sollte ich jetzt nur tun? Wie lange würde ich warten können? Wie lange würde ich Entschuldigungen finden, um Ellen zu vertrösten? Würde ich es Moody erzählen müssen? Und wie würde er reagieren? Er würde mich schlagen - daran gab es keinerlei Zweifel -, aber wie weit würde sein Zorn ihn fortreißen? Und was dann? Wie ich wünschte, dass ich den Mund gehalten und mein Geheimnis vor Ellen bewahrt hätte! Aber wie hätte ich vorhersehen sollen, dass mein Untergang nun doch nicht von einem Iraner, sondern von einer Amerikanerin ausgerechnet aus meiner Heimatstadt ausgehen sollte?
Voller Zorn, den ich nicht ablassen konnte, und voller nervöser Energie blickte ich auf den vertrauten Dreck im Haus. Ohne zu wissen, was ich sonst tun konnte, machte ich mich an die Arbeit und fing mit der Küche an. Der Fußboden in einer iranischen Küche ist so geneigt, dass man ihn einfach saubermachen kann, indem man ein paar Eimer Wasser ausschüttet und den losen Schmutz in einen Ausguss in der Mitte des Fußbodens spült. Das tat ich jetzt, schippte Eimer um Eimer über den Boden, spülte sogar unter den Metallregalen, einem Winkel, den die meisten iranischen Hausfrauen vernachlässigen. Die Leichen riesiger Kakerlaken trieben unter den Regalen hervor. Gegen meinen Ekel ankämpfend, scheuerte ich die ganze Küche und ignorierte den Lärm aus der Eingangshalle, wo ungefähr fünfzehn Kinder tollten.
Ich nahm die Essensvorräte in Augenschein und beschloss, zu kochen. Essen ist die vorrangige soziale Beschäftigung dieser Menschen, und ich wusste, sie würden sich
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