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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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freundlich und höflich. Von Mahtab war kein Ton zu hören.
    Dies ging eine Weile so weiter. Ich hätte schreien können vor Rückenschmerzen, die durch die Anstrengung, auf Zehenspitzen zu stehen, noch verstärkt wurden, aber ich konnte mich jetzt nicht meinen Qualen hingeben. Die Unterhaltung unten wurde immer leiser, sodass ich schließlich nicht mehr die einzelnen Worte auf Farsi unterscheiden konnte. Dann plötzlich hörte ich Mahtab, sie schrie wieder. Meine Ohren folgten diesen Schreien, als sie sich von Esseys Wohnung in die Halle und aus der Haustür hinausbewegten. Die Eisentür schlug mit dem dumpfen, schrecklichen Widerhall eines Gefängnistors zu.
    Nachdem ich mühsam von der Toilette heruntergeklettert war, rannte ich zu Mammals und Nasserines Schlafzimmer, fand den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür. Das Zimmer war leer. Schnell hastete ich ans Fenster, das nach vorne hinaus zeigte. Ich musste meine Nase an die Scheibe pressen und meine Stirn an die Eisengitter drücken, um auch nur einen flüchtigen Blick von dem Treiben unten zu erhaschen. Dort war Moody, sein zerrissener Ärmel war wieder genäht - von Essey natürlich. Er hatte Mahtab fest unter einen Arm gepresst und hielt sie so in der Gewalt, obwohl sie trat und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Mit der freien Hand faltete er Amirs Buggy auseinander, warf Mahtab hinein und band ihr Arme und Beine fest.
    Ich war völlig niedergeschlagen von dem entsetzlichen Gedanken, dass ich Mahtab nie wiedersehen würde. Ich war fest davon überzeugt. Ich wirbelte herum, rannte in unser Schlafzimmer, riss Moodys 35 mm-Kamera aus dem Wandschrank und kehrte gerade noch rechtzeitig zum Fenster zurück, um ein Bild von den beiden zu schießen, als sie die Straße in Richtung Schariati-Straße hinuntergingen. Mahtab schrie immer noch, aber Moody war unempfindlich gegen ihren Protest. Ich sah ihnen durch einen Tränenschleier nach, auch noch, als sie schon längst nicht mehr zu sehen waren. Ich werde sie nie wiedersehen, wiederholte ich vor mir selbst.
    »Bist du okay?«  Das war Essey, die durch den Ventilationsschacht im Badezimmer rief. Sie musste mich weinen gehört haben, als ich versuchte, mir das Blut abzuwaschen.  »Ja.«, rief ich zurück. »Bitte, ich möchte mit dir reden.« So konnten wir uns nicht unterhalten, denn wir mussten schreien, um einander zu verstehen. »Bitte, geh nach hinten in den Hof, damit ich mit dir sprechen kann.«, bat ich.  Ich schleppte meinen widerstrebenden Körper auf den hinteren Balkon und sah, dass Essey unten im Hof auf mich wartete.
    »Warum hast du Moody hereingelassen?«, fragte ich und schluchzte heftig. »Warum hast du Mahtab nicht beschützt?« »Sie sind beide zur gleichen Zeit hereingekommen.«, erklärte Essey. »Sie hatte sich unter der Treppe versteckt. Er hat sie gefunden und mit hereingebracht.« Arme Mahtab!, ich weinte innerlich. Zu Essey sagte ich: »Bitte, du musst mir helfen.« »Reza ist zur Arbeit gegangen.«, sagte Essey. In ihren Augen und ihrem Verhalten war ehrliche Anteilnahme zu sehen, aber auch die anerzogene Vorsicht der iranischen Frauen. Sie  würde für mich tun, was sie konnte, aber sie wagte nicht, gegen die Wünsche ihres Mannes oder dessen Da’idschan zu handeln. »Es tut mir wirklich Leid, aber wir können nichts tun.« »Geht es Mahtab gut? Wo ist sie?« »Ich weiß nicht, wo er sie hingebracht hat.« Wir beide hörten, dass Mehdi, Esseys Baby, anfing, zu schreien. »Ich muss wieder reingehen.«, sagte sie.
    Ich ging zurück in die Wohnung. Die Botschaft anrufen!, dachte ich. Warum hatte ich das nicht schon längst getan? Falls ich dort Helen oder Mr. Vincop nicht erreichen konnte, hatte ich auch ihre privaten Telefonnummern. Ich eilte in die Küche - aber dort war kein Telefon mehr. Die Erkenntnis, dass Moody die Ereignisse dieses Morgens mit äußerster Präzision geplant hatte, wurde mir immer deutlicher. Wo war Mammal? Wo war Nasserine? Wo war das Telefon? Meine Lage war noch ernster, als ich befürchtet hatte. Ich zwang mich, vernünftig zu überlegen, um Möglichkeiten des Gegenangriffs zu finden. Schon geübt in der Rolle des gefangenen Tieres, erkundete ich instinktiv meine Umgebung. Ich hatte keinen festen Plan, aber ich wusste, dass ich nach Schwachpunkten in Moodys neuer Falle suchen musste. Ich ging zurück auf den Balkon, verwarf aber die Möglichkeit, dort hinunterzuspringen, weil ich dann nur in Rezas und Esseys Hinterhof gefangen sein

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