Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
Vom Netzwerk:
Händen vorbeugte. Alael sah kein Messer und erkannte auch keine Bewegung, aber plötzlich lief eine dunkle Flüssigkeit durch die Rinnen vor Miras, der immer noch reglos und schweigend kniete. Es war Blut. Mit trockenem Mund verfolgte Alael, wie es durch die Muster lief und den Kreis umschloss, in dem sie stand.
    Galred war mittlerweile um das Muster herumgegangen und trat jetzt zu ihr in den Kreis. Unwillkürlich zuckte sie zusammen.
    »Furcht ist gut, mein Kind«, sagte er. »Aber Fesseln sind besser.«
    Sie wusste, worauf er anspielte. Nach ihrer Ankunft in Besh-Darok hatte er ihr einen unsichtbaren Wächter an die Seite gestellt, der ihre Glieder und ihren Verstand niederdrückte, wann immer sie versuchte, die Niedere Macht anzurufen.
    »Es wird Zeit«, erklärte Galred. »Korren, wisse, dass die Hitze so groß wird, dass du es möglicherweise vorziehen wirst, Schutz auf einer der seitlichen Emporen zu suchen. Sonst bleibe und sieh.«
    »Ich werde bleiben, Herr.«
    »Wie du wünschst.« Er starrte auf das Muster, hob seine knochige Hand mit den spinnenartigen Fingern und intonierte barbarisch klingende Worte mit einer merkwürdigen, tiefen, animalisch klingenden Stimme. Strahlende Schleier erhoben sich aus den mit Blut gefüllten Rinnen und bildeten ein glitzerndes Labyrinth, in dem helle Blitze aus den Schalen emporzuckten, die auf den Kreuzungen standen.
    »Gib mir deine Hand, Kind.«
    Seine Worte besaßen einen machtvollen Zwang, dem Alael nicht widerstehen konnte. Galreds Finger fühlten sich knochig, trocken und heiß auf ihrem Handgelenk an, und er schob den Ärmel der Robe bis zu ihrem Ellbogen hinauf. Bevor sie reagieren konnte, zuckte seine andere Hand vor und stach ihr etwas Spitzes in den Arm.
    »Sorge dich nicht«, sagte er. »Du wirst keinen Schmerz fühlen.«
    Ihre Hand wurde vollkommen taub, bis sie Galreds Griff nicht mehr fühlte, weder die Form seiner Finger noch den Druck, den er ausübte, gar nichts. Galred führte ihre Hand über das hölzerne Ei und sagte: »Ergreife den Keim. Du kannst deine Glieder noch bewegen.«
    Als sie es tat, nahm er den Dolch von dem Tisch. Das Summen der schwankenden Schalen schwoll an, und Alaels Entsetzen breitete sich aus wie ein Schatten, der mehr und mehr von der Welt verdunkelte. »Mutter-Geist!«, deklamierte Galred. »Tritt vor! Unterwirf dich dem Geist der Welt, dem Herrscher des Zwielichts. Ich befehle dies bei der vergossenen Essenz von dieser hier, deinem letzten Wahren Wirt!«
    Das Messer glänzte, als Galred es hoch über seinen Kopf hob, und die leeren weißen Augenlinsen waren starr auf sein Ziel gerichtet, während Alaels Finger dass Ding umklammerten, das er den Keim genannt hatte. - Im selben Moment kippte am Rand des glühenden, verschlungenen Musters eine Schale um und ihr heller Lichtspeer erlosch. Der Schleier zuckte an diesem Punkt sofort höher, und ein Misston schlich sich in das magische Summen ein. Galred ließ den Dolch sinken und blickte ärgerlich auf die Stelle. »Korren.« In seiner Stimme schwang eisige Wut mit. »Geh dorthin und richte die Schale wieder auf.« Alael fühlte, wie die Seile um ihre Handgelenke und ihren Hals erschlafften und sah, wie der große, kahlköpfige Mann zu der Schale eilte. Er hockte sich hin, zog einen Handschuh über und griff vorsichtig durch den Schleier nach der Schale …
    Rotes Licht flammte auf, und Dow Korren wurde zurückgeschleudert. Sein Arm brannte. Er landete an einem der Wandteppiche, der augenblicklich Feuer fing, während Korren zu Boden sank und benommen versuchte, das Feuer auf seinem brennenden Arm auszuklopfen.
    Galred verwünschte ihn, tauchte durch den Schleier und eilte zu der umgestürzten Schale. Doch bevor er sie erreichte, kippten noch andere um. Der Akolyth bellte vor Wut, als das Muster des Schleiers immer höher und heller leuchtete.
    »Wer bist du?«, brüllte er und sah sich mit starrem Blick um, musterte die verlassenen Türen und die leeren Emporen. »Zeige dich, du feiger Hund, und stell dich mir!«
    Das Feuer des Wandteppichs hatte mittlerweile auch die Gobelins neben ihm entzündet, und der graue Qualm verdichtete sich rasch. Alael sah, wie ihre Umgebung vor Hitze flimmerte, doch innerhalb des Kreises, in dem sie stand, blieb die Luft kühl und sauber. Ein grauenvoller Schrei gellte durch den Saal, und Alael konnte nur ein Ohr bedecken, weil sie ihre gefühllos Hand nicht von dem Keim zu heben vermochte.
    Galred schien den Verstand verloren zu haben und schleuderte

Weitere Kostenlose Bücher