01 - So nah am Paradies
betonten seine graugrünen Augen. Eindringliche Augen. Chucks Augen waren braun gewesen, doch ihr Ausdruck war der Gleiche gewesen: Ich bekomme, was ich will, denn mir ist es verdammt egal, mit welchen Mitteln ich mein Ziel erreiche.
War sie im Begriff, ihr Leben derselben Art von Mann zu öffnen? Ich bin älter geworden, beruhigte sie sich. Und weiser. Außerdem war sie in diesem Fall nicht verliebt.
„Geben Sie mir Ihren Mantel." Sie wartete, bis Dorian ihn ausgezogen hatte. Zum ersten Mal seit Jahren ertappte sie sich dabei, auf den Körper eines Mannes zu achten. Er war groß und eindrucksvoll, und ganz unmerklich hatte ihr Körper auf ihn reagiert. Kaum wurde sich Alana dessen bewusst, gebot sie sich selbst Einhalt. Sie nahm den Mantel und hängte ihn auf. „Wie wollen Sie Ihren Kaffee?"
„Schwarz."
Alana wusste, Nervosität ließ sich am besten durch Beschäftigtsein in den Griff bekommen. Sie wählte für Dorian einen großen Becher, für sich selbst einen viel kleineren. „Wie lang waren Sie hierher unterwegs?"
„Ich bin die Nacht durchgefahren."
Sie warf ihm einen Blick zu, als er an der Frühstücksbar Platz nahm. „Sie müssen erschöpft sein." Doch er wirkte nicht so, er schien im Gegenteil überaus wachsam zu sein.
„Ich habe meinen toten Punkt überwunden." Er stellte fest, dass sie an ihren schlanken Fingern keinen Ring trug. Als er wieder aufsah, zeigte sich ein zynischer Zug in seinem Blick. „Sie kennen das sicher."
Sie zog eine Braue hoch und nahm ihm gegenüber Platz. Als Mutter kannte sie natürlich durchwachte Nächte. „Sicher." Da ein höfliches Gespräch offensichtlich nicht seinem Interesse entsprach, konnte sie auch gleich zur Sache kommen. „Ich habe Ihr Buch über Millicent Driscoll gelesen, Mr.
Crosby. Es war direkt, aber äußerst wahrheits-getreu." Sie nahm einen Schluck Kaffee. „Haben Sie sie persönlich gekannt?"
„Nein, ich musste mir nach ihrem Selbstmord durch Recherchen ein Bild über sie machen, um das Buch schreiben zu können."
„Sie war eine aufregende Schauspielerin, eine aufregende Frau. Doch sie hatte kein leichtes Leben gehabt. Ich kannte sie über meine Schwester."
„Caroline O'Hara, eine ebenfalls aufregende Schauspielerin."
Alana lächelte weich. „Ja, das ist sie. Sie haben sie kennengelernt, als Sie über Millicent recherchiert haben?"
„Flüchtig. Offensichtlich hat sich jeder der O'Hara-Drillinge seinen Namen gemacht - auf die eine oder andere Art."
Ruhig begegnete sie seinem Blick. „Sie sagen es, auf die eine oder andere Art."
„Wie fühlt man sich, Schwestern zu haben, die so viel Aufsehen erregen?"
„Ich bin stolz auf sie." Die Antwort kam ganz spontan, ohne die leiseste Andeutung eines Untertons.
„Sie selbst haben keine Absichten, wieder ins Showgeschäft einzusteigen?"
Sie hätte gelacht, wenn sie nicht den Zynismus aus seiner Stimme herausgehört hätte. „Nein. Haben Sie Maddy schon am Broadway gesehen?"
„Ein paar Mal." Er trank einen Schluck. Der Kaffee konnte die letzten nervenaufreibenden Kilometer der Fahrt vergessen lassen. „Sie sehen ihr gar nicht ähnlich."
Der unausweichliche Vergleich ... sie war daran gewöhnt. „Nein. Mein Vater hat immer geglaubt, wir wären die Sensation gewesen, wenn wir uns zum Verwechseln ähnlich gesehen hätten. Noch Kaffee, Mr. Crosby?"
„Nein, danke. Es heißt, Chuck Rockwell sei zufällig in den Club gekommen, in dem Sie und Ihre Familie aufgetreten sind, und habe Ihre Schwestern kaum angesehen. Nur Sie."
„So wird die Geschichte erzählt?" Alana schob ihren Becher zur Seite und erhob sich.
„Ja. Die Menschen neigen zum Romantischen."
„Aber Sie nicht." Sie machte sich am Herd zu schaffen.
„Was machen Sie?"
„Essen vorbereiten. Sie mögen hoffentlich Chili con Carne?"
Alana Rockwell kochte also auch. Vielmehr, sie kochte heute Abend, vielleicht um ihn zu beeindrucken. „Ich schreibe keine Romanze, Mrs.
Rockwell. Falls der Verleger Ihnen das
Grundsätzliche noch nicht klargemacht haben sollte, werde ich es tun. Erstens, ich schreibe das Buch. Dafür werde ich bezahlt. Und Sie sind für Ihre Mithilfe bezahlt worden."
Alana schien ganz mit ihrer Arbeit beschäftigt.
„Gibt es weitere Grundsätzlichkeiten ?"
Sie gab sich so beherrscht, wie man es ihr nachsagte. Beherrscht, viele meinten sogar, gefühllos. „Das Buch handelt von Chuck Rockwell, und Sie sind ein Teil seines Lebens. Alles, was ich über Sie herausfinde, sei es noch so persönlich,
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