01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
wäre.«
»Und was, bitteschön, sollen alle Frauen tun?«, erkundigte sich die Herzogin belustigt.
»Na, heiraten natürlich. Und glauben Sie mir, Hoheit, Heiraten war das Letzte, wonach mir der Sinn stand.«
»Ich sagte doch, Sie sollen mich Margaret nennen! Wenn Sie das noch mal vergessen, müssen wir uns duzen!« Die Herzogin lachte über Angelica, die wieder einmal tomatenrot geworden war. Es fiel ihr schwer, die eingetrichterten Benimmregeln so einfach abzuschütteln.
»Sie haben mir noch nicht gesagt, was Sie tun wollen.«
»Nun ja … gewisse … gewisse Notwendigkeiten haben mich dazu veranlasst, meine Meinung übers Heiraten zu ändern.« Sie holte tief Luft. »Ich bin also auf der Suche nach einem Ehemann.« Sie blickte zur anderen Seite des Saals hinüber, wo einige weißgekleidete junge Mädchen sittsam an der Wand saßen und darauf warteten, von einem geeigneten jungen Mann zum Tanzen aufgefordert zu werden. »Es ergeht mir nicht anders als diesen Debütantinnen«, sagte sie bekümmert.
Margaret stieß ein höchst undamenhaftes Schnauben aus. »Machen Sie sich nicht lächerlich, meine Liebe! Das Einzige, was Sie mit diesen jungen Hühnern gemeinsam haben, ist das Geschlecht. Mit Ihrer Schönheit, Ihrem Titel und Ihrem Vermögen sollte es Ihnen nicht schwerfallen, einen Mann zu finden. Ehrlich gesagt, es erstaunt mich, dass es Ihnen nicht längst schon gelungen ist.«
Angelica legte die Hände an ihre heißen Wangen. Sie zuckte die Schultern. »Zuerst konnte ich keinen finden, der mir geeignet erschien. Ich hörte ihre Gedanken, und die handelten nur von … von weiblichen Körperteilen, wenn sie mit mir redeten.«
Die Herzogin brach in herzliches Gelächter aus; ihr dicker Bauch wippte fröhlich auf und ab. »Na, daran sind Sie selbst schuld. Was müssen Sie auch ihre Gedanken lesen! Kein Wunder, dass Sie noch nicht verheiratet sind. Männer sind nun mal Männer, meine Liebe. Die schauen sich zuerst mal die Figur der Frau an, aber die guten brauchen nicht lange, bis sie die anderen Qualitäten ebenfalls zur Kenntnis nehmen.«
Angelica nickte. »Es geschah ja nicht aus Absicht. Ich hörte ihre Gedanken ganz unfreiwillig - ich wusste nicht, wie ich es verhindern kann. Ich habe das erst vor kurzem von Alexander gelernt.«
Margaret lachte erneut, doch als sie sah, dass Angelica völlig ernst blieb, verstummte sie.
»Das ist nicht Ihr Ernst!«
»Doch.«
»Ach, du meine Güte …« Die Herzogin brach ab, denn sie erkannte, dass die Frau vor ihr kein Mitgefühl akzeptieren würde. »Man hat mir gesagt, Sie hätten einen sehr starken Geist - aber wie stark, ich glaube, das ist keinem von uns richtig klar. Bitte sprechen Sie weiter, Angelica. Was möchten Sie jetzt tun? Sie wollen sich also einen Ehemann suchen?«
Angelica zögerte nicht. »Ja.«
»Kein Problem!« Margaret klatschte begeistert wie ein kleines Mädchen in die Hände. »Das kriegen wir hin - und es wird ein Spaß, glauben Sie mir!«
Angelica fiel es schwer, zu glauben, dass es so leicht werden könnte. Aber warum eigentlich nicht?, fragte sie sich plötzlich. Warum sollte es nicht möglich sein? Was Mikhail betraf, hatte Alexander bereits recht behalten. Ihr Bruder war nicht im Geringsten besorgt, ja, er war sich nicht einmal bewusst, dass sich etwas in ihrem Leben geändert hatte. Und Joanna hatte auch gemeint, sie solle einfach so weiterleben wie bisher … die Herzogin sagte jetzt dasselbe. Vielleicht, ja, vielleicht würde das alles ja gar nicht so schlimm werden, wie es ihr auf den ersten Blick erschienen war …
»Glauben Sie wirklich, dass ich einen Ehemann finden kann, trotz … all dem?«
»Aber natürlich! Sie werden ja jetzt viel Zeit mit mir verbringen. Ich treffe sehr viele Leute, und an heiratsfähigen Männern herrscht kein Mangel!«
Margarets Lächeln war ansteckend.
»Ich danke Ihnen, Margaret.«
»Ach, keine Ursache.« Sie warf ihrem Schützling einen gewieften Seitenblick zu. »Und wenn wir uns besser kennen, meine Liebe, werden Sie mir vielleicht ja auch verraten, was Sie dazu bewogen hat, Ihre Meinung übers Heiraten zu ändern …«
»Vielleicht«, antwortete Angelica ausweichend. Sie war nicht bereit, über ihre finanziellen Nöte zu sprechen, zumindest nicht, bevor sie selbst alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte.
Heiraten, heiraten, dachte sie müde und verlor ihre neugewonnene Heiterkeit.
»Ah, da bist du ja.« Die Herzogin blickte über Angelicas Schulter, was diese dazu veranlasste, sich
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