01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12
obendrein nett zu sein. Nun, sie würde mit ihm tanzen, und sei es auch nur, um sich von Alexander abzulenken.
»Aber gern.«
Mitternacht war längst vorbei, als Kiril schließlich auf sie zutrat, um sie nach Hause zu geleiten.
»Erstaunlich, nicht? Es ist fast drei Uhr morgens, und keiner will gehen!«
Kirils Blick schweifte über den noch immer recht vollen Ballsaal, aber er ging nicht auf ihren Kommentar ein. »Sind Sie bereit?«
»Ja, obwohl ich nicht ganz verstehe, wie das funktionieren soll. Mikhail ist noch da; er wird sicher nach mir suchen.«
»Die Herzogin wird Ihrem Bruder sagen, dass Sie müde waren und sie sich erlaubt hat, Sie in ihrer Kutsche heimzuschicken.«
Angelica schaute sich stirnrunzelnd nach Mikhail um, konnte ihn aber nirgends entdecken.
»Er könnte sich Sorgen machen und nachsehen wollen, ob ich gut nach Hause gekommen bin.«
»Das wird ihm die Herzogin schon ausreden.«
So einfach war das. Obwohl Angelica inzwischen ahnte, dass die Vampire zivilisierter waren, als sie geglaubt hatte, gab es Momente, in denen ihr die überlegenen Kräfte dieser Rasse weiter Angst einjagten.
Sie musste an eine Stelle aus dem Gesetzbuch der Vampire denken, die sie heute Vormittag gelesen hatte: Vergiss nie, wie stark du bist. Ein Hieb kann einem Menschen das Genick brechen. Ein Stoß kann ihm die Knochen brechen. Vergiss nie, wie zerbrechlich Menschen sind.
»Angelica?«
Angelica blickte auf und sah in Nicholas’ Augen. Den hatte sie ja ganz vergessen! Er sollte sie doch zu dieser Ausfahrt abholen, das war ihr in all der Aufregung der letzten Stunden vollkommen entfallen. Was sollte sie bloß sagen? Er war ihr sicher böse; sie musste es wieder gut machen.
»Nicholas, ich …«
»Bitte, gestatten Sie mir, mich zu entschuldigen!«
Sein Blick fiel auf Kiril, der neben ihr stand. Angelica hatte keine Ahnung, wieso er sich entschuldigen wollte, aber es war klar, dass er vor ihrem »Aufpasser« nichts sagen würde.
»Ich komme gleich nach, Kiril.«
Kiril verstand und zog sich zurück. Angelica richtete ihre Aufmerksamkeit auf den vor ihr stehenden Lord.
»Ich werde nicht fragen, wer das war, das riecht zu sehr nach Eifersucht.«
Angelica lächelte nur, und Nicholas schüttelte zerknirscht den Kopf. »Das roch aber auch schon nach Eifersucht, nicht?«
»Nicholas, Sie sind unverbesserlich.«
Er wurde ernst und ergriff ihre Hand.
»Sie haben mir nicht auf meine Briefe geantwortet. Ich gebe zu, ich war vielleicht ein wenig übereifrig …. aber ich wollte Ihnen nur zeigen, wie ernst es mir ist.«
Angelica entzog ihm sanft ihre Hand. Sie wünschte, sie wüsste, was er ihr geschrieben hatte; sie war froh, dass es Nicholas ernst war, aber derartige Freiheiten konnte sie dennoch nicht dulden, wenn sie verhindern wollte, dass die Leute redeten.
»Ich war in den letzten Tagen unpässlich und konnte mich meiner Korrespondenz noch gar nicht widmen, bitte entschuldigen Sie.«
Er hob die Brauen. »Und ich fürchtete schon, Sie hätten meinen Antrag abgelehnt.«
»Ihren Antrag …?«, stammelte Angelica. Was sollte das heißen? Hatte er ihr etwa brieflich einen Antrag gemacht, nur wenige Tage, nachdem sie sich kennen gelernt hatten? War ihre Mission damit vielleicht schon erfüllt? Und warum war sie dann nicht erleichtert? Nicholas war nett und charmant und sah unheimlich gut aus. Eine Heirat mit ihm würde all ihre finanziellen Probleme lösen, und Mikhail würde keinen Anfall bekommen …
»Angelica, ich kann Sie praktisch denken sehen. Da kommt ja schon Rauch aus Ihren Ohren!«
Er lachte sie aus, aber Angelica war diesmal nicht nach Lachen zumute. Es war zu früh. Sie hatten sich ja viel zu selten gesehen.
»O Angelica, bitte verzeihen Sie mir, dass ich Sie so geneckt habe, aber so eine Art von Antrag meinte ich gar nicht. Ich hatte lediglich angefragt, ob ich Sie zu einer Dinnerparty, morgen Abend bei den Summers, begleiten dürfte, das ist alles.«
Ihr fiel ein Stein vom Herzen.
»Das ist etwas anderes. Ja, gerne.«
»Wunderbar! Dann werde ich mich jetzt von Ihnen verabschieden. Bis morgen.« Er nahm ihre Hand und zog sie an seine Lippen.
»Bis morgen.« Angelica wandte sich der großen Flügeltür zu, die aus dem Ballsaal führte und neben der Kiril bereits auf sie wartete.
»Angelica?«, rief ihr Nicholas hinterher.
»Ja?«
»Der Antrag wird aber bald kommen!«
21. Kapitel
Alexander saß stumm in seinem Wohnzimmer, die Füße auf eine Ottomane gebettet, und
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