01 - Wie Feuer im Blut
Sinne.«
»Ah.«
»Sie
ist aufbrausend.«
»So wie
du.«
»Streitsüchtig,
stur ... «
»...
und sehr hübsch.«
»Hübsch!
Ha!«
»Wie
ein roher Diamant, der darauf wartet, geschliffen und poliert zu werden, meinte
Marianne.«
»Dann
scheint Mari ebenfalls senil zu werden. Diese fauchende, spuckende kleine
Katze dort oben hat nichts, was man auch nur im entferntesten als hübsch
bezeichnen könnte. Lieber würde ich mich mit einem bengalischen Tiger
auseinandersetzen als mit mir.«
»Oho!«
rief Richard. »Das klingt ja faszinierend! Also genau die Art von Frau, die
einen Mann auf Trab halten könnte, würde ich meinen.«
Damien
legte den Briefbeschwerer auf den Schreibtisch zurück und grinste.
Bonnie lief im
Zimmer auf und ab, wütend über sich selbst, weil sie vor Seiner allmächtigen
Lordschaft gestanden und nicht ein Wort zu ihrer Verteidigung vorgebracht
hatte. Zwischendurch trat sie ans Fenster und starrte in den Park von
Braithwaite.
Die
Jäger waren schon vor einigen Stunden zurückgekommen und hatten ihr Frühstück
im Freien genossen. Bonnie hatte beobachtet, wie Philippe in der Menge umher
stolziert war und mit dem Fuchsschwanz seinen Freunden vor der Nase
herumgefuchtelt hatte. Alle hatten gelacht und waren dann mit ihm gemeinsam
ins Haus gegangen, um sich für den großen Ball vorzubereiten, der heute abend
in Braithwaite stattfinden sollte.
Den
ganzen Tag über beobachtete Bonnie durch die offene Tür, wie die Diener mit
Wäschebündeln, Wasser, Getränken oder Speisen von einem Zimmer zum anderen
eilten. Auch die Dienerschaft der Gäste, die sie mitgebracht hatten, flitzten
durch den Korridor und trugen dem Gesinde von Braithwaite auf, was ihre Herrin
oder ihr Herr für seine oder ihre Toilette wünschte. Als Bonnie diese
Tollhausatmosphäre nicht mehr ertragen konnte, stahl sie sich über die Hintertreppe
aus dem Gebäude. Sie lief rasch, bis sie die Ställe erreicht hatte.
Hier
wurde sie von einer nicht minder emsigen Geschäftigkeit empfangen. Lakaien
wachsten und polierten Kaleschen und Kutschen; Reitburschen striegelten Pferde;
junge Stallburschen rannten in dem langen, mit einem Boden aus roten Ziegeln
versehenen Gebäude mit dampfendem Mischfutter, Wassereimern, Bergen von Decken,
Pferdekämmen und Striegeln hin und her. Ein paar Burschen lagen auf den Knien
und schrubbten den Boden mit steifborstigen Bürsten, bis die Backsteine
glänzten.
Bonnie
trat auch aus dem Stall den Rückzug an und betrachtete die Silhouette der am
Rande des Parks befindlichen Ortschaft Braithwaite - die steilen Dächer
der schiefergedeckten Häuser; die hohen Schornsteine, aus denen grauer Rauch
quoll, die Torwege und überdachten Passagen. In der Ferne konnte sie einen
großen grasbewachsenen Innenhof mit Leinen und Wäschestücken ausmachen, die
sich sacht im Winde blähten wie Segel. Sie wurde sich mit Schrecken bewußt,
dass sie das alles mit einem gewissen Stolz betrachtete. So etwas durfte nicht
sein. Sie hatte schon als Kind die Erfahrung machen müssen, dass im Leben
nichts von Dauer war. Die Menschen kamen und gingen. Materielle Güter hatten
nur so lange Bestand, bis sie zerbrachen, verbrannten oder abgenützt waren.
Was nicht mehr taugte, wurde weggeworfen, ohne dass an sich viel Gedanken
machte, was das einmal gekostet hatte. Und Braithwaite war nur eine
Zwischenstation für sie. Sie durfte das keinen Moment vergessen. Und sie würde
sich unter keinen Umständen Warwicks Diktaten unterwerfen, um sich damit eine
kurzlebige Sicherheit zu erkaufen.
»Hier
treffen wir uns also wieder«, sagte eine Stimme hinter ihr.
Bonnie
blickte über die Schulter und erkannte in dem Sprecher den Mann, der sie am
Abend zuvor am Fuß der Treppe abgefangen hatte.
»Ich
möchte mich für mein gestriges Betragen entschuldigen«, sagte Miles. »Ich muss
Ihnen ja wie ein Raubtier erschienen sein, als ich Sie im Dunklen so einfach
am Arm gepackt habe. Kein Wunder, dass Sie Angst vor mir hatten.« Er streckte
ihr seine Hand entgegen. Es kostete sie einige Überwindung, die Hand zu
ergreifen. Sie fühlte sich diesmal sanft an.
»Wie
ich hörte, waren Sie sehr krank. Ich darf doch annehmen, dass Sie inzwischen
so weit genesen sind, dass Sie sich im Freien bewegen können?«
Sie
nickte.
»Wunderbar.
Ich wollte gerade einen Spaziergang machen. Würden Sie mich begleiten?«
Bonnie
wollte sich nicht ohne weiteres dazu überreden lassen, während Miles ihre
Befürchtungen mit einem liebenswürdigen Lächeln und
Weitere Kostenlose Bücher