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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verachten. Du weißt doch noch, was du zu mir gesagt hast?“
    „Wann?“
    „Vorhin, als ich noch angebunden war.“
    „Da habe ich Verschiedenes gesagt.“
    „Allerdings. Du wirst aber wohl wissen, welches von deinen Worten ich meine.“
    „Nein.“
    „So muß ich dich erinnern. Du wolltest mir Rechenschaft geben.“
    „Habe ich das gesagt?“ fragte er, indem er die Brauen in die Höhe zog.
    „Ja. Du hast ferner gesagt, daß du gern mit mir kämpfen würdest, denn du wüßtest genau, daß ich von dir zermalmt werden würde.“
    Es mochte ihm bei dem Ton, in welchem ich jetzt mit ihm sprach, unheimlich werden, denn er meinte bedächtig:
    „Ich erinnere mich dieser Worte nicht. Old Shatterhand muß mich falsch verstanden haben.“
    „Nein. Winnetou war dabei; er wird es mir bezeugen.“
    „Ja“, bestätigte Winnetou bereitwillig. „Tangua hat Old Shatterhand Rechenschaft geben wollen und sich gerühmt, daß er sehr gern mit ihm kämpfen und ihn zermalmen werde.“
    „Du siehst also ein, daß du diese Worte gesprochen hast. Wirst du sie halten?“
    „Verlangst du es?“
    „Ja. Du hast mich einen Frosch genannt, der keinen Mut besitzt; du hast mich verleumdet und dir alle Mühe gegeben, uns in das Verderben zu bringen. Wer so verwegen ist, dies zu tun, der muß es auch wagen, sich gegen mich zu verteidigen.“
    „Pshaw! Ich kämpfe nur mit Häuptlingen!“
    „Ich bin ein Häuptling!“
    „Beweise es!“
    „Schön! Ich werde es dir dadurch beweisen, daß ich dich mit einem Strick dort an dem ersten Baum aufhänge, wenn du dich weigerst, mir Rechenschaft zugeben.“
    Einem Indianer mit dem Hängen drohen, ist eine Beleidigung, welcher schwerlich eine andere gleichkommt. Er riß auch sofort sein Messer aus dem Gürtel und schrie:
    „Hund, soll ich dich erstechen?“
    „Ja, aber nicht so, wie du es jetzt willst, sondern im ehrlichen Kampf, Mann gegen Mann und Messer gegen Messer.“
    „Das fällt mir nicht ein; ich habe mit Old Shatterhand nichts zu schaffen!“
    „Aber vorhin, als ich festgebunden war und mich nicht wehren konnte, da machtest du dir mit mir zu schaffen, Feigling!“
    Er wollte auf mich eindringen; da stellte sich Winnetou zwischen ihn und mich und sagte:
    „Mein Bruder Old Shatterhand hat recht. Tangua hat ihn verleumdet und hat ihm Rechenschaft geben wollen. Wenn er dieses Wort nicht erfüllt, so ist er ein Feigling und verdient, von seinem Stamm ausgestoßen zu werden. Diese Sache muß sofort entschieden werden, denn niemand soll den Kriegern der Apachen nachsagen, daß sie Feiglinge als Gäste bei sich haben. Was gedenkt der Häuptling der Kiowas zu tun?“
    Dieser warf, ehe er antwortete, einen Blick rund umher. Es waren fast viermal mehr Apachen als Kiowas vorhanden, und diese letzteren befanden sich mitten im Gebiet der ersteren; es zu einem Zerwürfnis zwischen beiden kommen zu lassen, das war unmöglich, jetzt, wo er ein solches Lösegeld hatte zahlen müssen und doch noch, streng genommen, halber Gefangener war.
    „Ich werde es mir überlegen“, antwortete er ausweichend.
    „Für einen tapferen Krieger gibt es da nichts zu überlegen. Entweder du gehst auf den Kampf ein oder wirst als Feigling betrachtet.“
    Da raffte er sich zusammen und schrie:
    „Tangua ein Feigling? Wer das sagt, dem stoße ich das Messer in die Brust!“
    „Ich sage es, ich“, antwortete Winnetou stolz und ruhig, „wenn du das Wort nicht hältst, welches du Old Shatterhand gegeben hast.“
    „Ich halte es!“
    „Du bist also bereit, mit ihm zu kämpfen?“
    „Ja.“
    „Und sofort?“
    „Sofort! Es verlangt mich sehr, möglichst bald sein Blut zu sehen.“
    „Wohlan, so mag bestimmt werden, mit welchen Waffen dieser Kampf vorgenommen werden soll.“
    „Wer hat dies zu bestimmen?“
    „Old Shatterhand.“
    „Warum?“
    „Weil du ihn beleidigt hast.“
    „Nein, sondern ich.“
    „Du?“
    „Ja, ich, denn er hat mich auch beleidigt, und ich bin ein Häuptling, während er ein gewöhnlicher Weißer ist. Ich bin also viel mehr als er.“
    „Old Shatterhand ist mehr als ein roter Häuptling.“
    „Das behauptet er auch, hat es aber nicht zu beweisen vermocht. Eine Drohung ist kein Beweis.“
    Da entschied ich die Frage:
    „Tangua mag wählen; mir ist es ganz gleich, mit welcher Waffe ich ihn besiege.“
    „Du wirst mich nicht besiegen“, brüllte er mich wütend an. „Denkst du, ich wähle den Faustkampf, wo du jeden niederschlägst, oder das Messer, mit welchem du

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