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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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‚Blitzmesser’ erstochen hast, oder den Tomahawk, welcher sogar Intschu tschuna verderblich geworden ist.“
    „Was denn?“
    „Das Gewehr. Wir werden aufeinander schießen, und meine Kugel wird dir im Herzen sitzen!“
    „Schön! Ich stimme bei. Aber hat mein Bruder Winnetou gehört, was Tangua jetzt eingestanden hat?“
    „Was?“
    „Daß ich mit ‚Blitzmesser’ gekämpft und ihn niedergestochen habe. Dies tat ich, um die gefangenen Apachen vom Marterpfahl zu retten; er aber hat es bis zu diesem Augenblick geleugnet. Man hört, wie recht ich hatte, als ich ihn einen Lügner nannte.“
    „Einen Lügner? Mich?“ donnerte mich der Kiowa an. „Das sollst du mit dem Leben bezahlen! Schnell die Gewehre her! Der Kampf mag sofort beginnen, damit ich diesen kläffenden Hund zum Schweigen bringe!“
    Er hatte sein Gewehr in der Hand. Winnetou schickte einen Apachen in das Pueblo, um meine Büchse und die Munition, welche ich bei mir gehabt hatte, zu holen. Es war alles sorgfältig aufgehoben worden, weil Winnetou sich, trotzdem er mich für seinen Feind hielt, so lebhaft für mich interessiert hatte. Dann forderte er mich auf:
    „Mein weißer Bruder mag sagen, aus welcher Entfernung und wieviel Male geschossen werden soll!“
    „Ist mir gleich“, antwortete ich. „Wer die Waffen bestimmt hat, mag auch hier entscheiden.“
    „Ja, ich entscheide“, sagte Tangua. „Zweihundert Schritte und soviel Schüsse, bis einer von uns niederstürzt und nicht wieder aufstehen kann.“
    „Gut“, sagte Winnetou. „Ich werde aufpassen. Es hat einmal dieser und einmal jener zu schießen, also abwechselnd. Ich stehe mit meinem Gewehr dabei und werde demjenigen, welcher schießt, ohne an der Reihe zu sein, eine Kugel in den Kopf geben. Wer aber hat den ersten Schuß?“
    „Ich natürlich!“ rief der Kiowa.
    Winnetou schüttelte mißbilligend den Kopf und sagte:
    „Tangua will alle Vorteile für sich haben. Old Shatterhand mag zuerst schießen.“
    „Nein“, antwortete ich; „er soll seinen Willen haben. Er einen Schuß und ich einen; dann ist's aus.“
    „Nein“, entgegnete Tangua. „Wir schießen so lange, bis einer fällt!“
    „Allerdings, denn mein erster Schuß wird dich niederstrecken.“
    „Prahler!“
    „Pshaw! Eigentlich sollte ich dich töten; aber ich will es nicht tun. Die geringste Strafe für das, was du getan hast, ist jedoch, daß ich dich lähme. Ich werde dir das rechte Knie zerschmettern. Merke es dir!“
    „Habt ihr es gehört?“ lachte er. „Dieses Bleichgesicht, welches von seinen eigenen Freunden ein Greenhorn genannt wird, will bei zweihundert Schritten vorhersagen können, daß er mich in das Knie treffen wird! Lacht ihn aus, ihr Krieger, lacht ihn aus!“
    Er blickte auffordernd rund umher, aber es lachte niemand. Da fuhr er fort:
    „Ihr fürchtet euch vor ihm! Ich aber werde euch zeigen, wie ich ihn verlache. Kommt, laßt uns die zweihundert Schritte abmessen!“
    Während dies geschah, wurde mir mein Bärentöter gebracht. Ich untersuchte ihn; er befand sich in gutem Zustand. Beide Läufe waren geladen. Um meiner Sache ganz sicher zu sein, schoß ich sie ab und lud sie von neuem, so sorgfältig, wie die gegenwärtige Veranlassung es erforderte. Dabei kam Sam zu mir und sagte:
    „Sir, ich habe hundert Fragen an Euch und finde doch keine Gelegenheit dazu. Jetzt nur die eine: Wollt Ihr diesen Kerl wirklich in das Knie treffen?“
    „Ja.“
    „Nur?“
    „Es ist das Strafe genug.“
    „Nein, gewiß nicht. Solches Ungeziefer muß ausgerottet werden, wenn ich mich nicht irre. Bedenkt doch, was er alles verschuldet hat und was alles geschehen ist, nur deshalb, daß er die Pferde der Apachen hat stehlen wollen!“
    „Daran sind die Weißen, welche ihn verführten, wenigstens ebenso schuld.“
    „Er mag sich nicht verführen lassen! Ich an Eurer Stelle würde ihm eine Kugel in den Kopf geben. Er zielt ganz gewiß nach dem Eurigen!“
    „Oder nach der Brust; ich bin überzeugt davon.“
    „Wird aber nicht treffen. Das Schießzeug dieser Kerls ist nichts wert.“
    Jetzt war die Entfernung abgemessen und wir stellten uns an den beiden Endpunkten auf. Ich war ruhig wie gewöhnlich, Tangua aber erging sich in gar nicht wiederzugebenden Schmähungen gegen mich. Darum sagte Winnetou, welcher seitwärts grad in der Mitte zwischen uns stand:
    „Der Häuptling der Kiowas mag schweigen und aufpassen! Ich zähle bis drei, dann wird geschossen; wer aber eher schießt, der bekommt meine Kugel

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