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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hoffnung, daß Ihr nun endlich in Euch geht und anders werdet, wenn ich mich nicht irre. Hier ist meine Hand. Wollt Ihr mir Besserung versprechen, geliebter Sir?“
    „Ja“, antwortete ich, indem ich ihm die Hand schüttelte. „Ich werde dem edeln Vorbild, welches Ihr mir gegeben habt und jetzt noch gebt, so eifrig nachstreben, daß man mich schon in kurzer Zeit für den reinen Sam Hawkens halten soll.“
    „Verehrtester, das laßt hübsch bleiben! Es wäre eine ganz vergebliche Mühe, die Ihr Euch da geben würdet. Ein Greenhorn, wie Ihr seid, und Sam Hawkens ähnlich werden! Die reinste Unmöglichkeit! Das wäre grad und genau so, als wenn ein Grasfrosch Opernsänger werden wollte, und so will – – –“
    Da fiel ihm Dick Stone, zwar lachend aber doch ein wenig unwillig in die Rede:
    „Stop! Sei endlich einmal still, alter Schwadronör! Es ist ja gar nicht mehr zum Aushalten mit dir! Du drehst ja alles um, machst alles verkehrt und ziehst den rechten Handschuh an die linke Hand! Ich an Old Shatterhands Stelle würde mir das ewige Greenhorn nicht so ruhig gefallen lassen.“
    „Was kann und soll er denn dagegen haben? Es ist doch wahr; er ist ja eins!“
    „Unsinn! Wir haben ihm unser Leben zu verdanken. Unter hundert erfahrenen Westmännern, uns und dich nicht ausgenommen, wäre wohl kein einziger, der das fertig gebracht hätte, was er gestern tat. Anstatt daß wir ihn beschützen, beschützt er uns; das merke dir! Wenn er nicht gewesen wäre, säßen wir nicht so munter hier, und du stäkst nicht so heiler Haut unter deiner alten, falschen Perücke!“
    „Was? Falsche Perücke? Das sag mir ja nicht noch einmal! Es ist eine ganz richtige Perücke. Wenn du das noch nicht weißt, so schau sie dir einmal an!“
    Er nahm sie ab und hielt sie Stone hin.
    „Fort, fort mit diesem Fell!“ lachte dieser.
    Sam stülpte sie sich wieder auf den Kopf und sagte in vorwurfsvollem Ton:
    „Schäme dich, Dick, die Zierde meines Hauptes ein Fell zu nennen! Das hätte ich von so einem guten Kameraden, wie du bist, nicht gedacht! Ihr versteht es alle nicht, den Wert Eures alten Sam zu würdigen. Ich strafe Euch also mit Verachtung und suche jetzt meine Mary auf. Muß doch sehen, ob diese sich auch so wohl befindet wie ich.“
    Er fuhr mit den Armen geringschätzig durch die Luft und ging. Wir lachten lustig hinter ihm her, denn es war wirklich unmöglich, ihm etwas übel zu nehmen.
    Am nächsten Tag kehrten die Kundschafter zurück, welche den Kiowas heimlich gefolgt waren; sie meldeten, daß diese ohne Unterbrechung fortgezogen seien und also nicht die Absicht hegten, jetzt eine Feindseligkeit auszuführen.
    Hierauf folgte eine Zeit der Ruhe und für mich doch der Tätigkeit. Sam, Dick und Will ließen sich die Gastfreundschaft der Apachen sehr gefallen; sie ruhten sich gründlich aus. Die einzige Tätigkeit, welcher Hawkens sich hingab, war die, daß er seine Marty täglich spazieren ritt, damit sie, wie er sich ausdrückte, ‚seine Finessen bewundern lerne’ und sich an seine Art und Weise zu reiten gewöhne.
    Ich aber legte mich nicht auf die Bärenhaut. Winnetou hatte es darauf abgesehen, mich in die ‚indianische Schule’ zu nehmen. Wir waren oft ganze Tage fort, machten weite Ritte, während welcher ich mich in allem, was zur Jagd und zum Krieg gehörte, üben mußte. Wir krochen in den Wäldern herum, wobei ich vortrefflich Unterricht im Anschleichen erhielt. Er führte förmliche ‚Felddienstübungen’ mit mir aus. Oft trennte er sich von mir und stellte mir die Aufgabe, ihn zu suchen. Er gab sich alle Mühe, seine Spuren zu verwischen, und ich strengte mich ebenso an, sie aufzufinden. Wie oft steckte er dann in einem dichten Gebüsch oder stand, von dem überhängenden Gesträuch versteckt, im Wasser des Pecos und sah zu, wie ich nach ihm suchte. Er machte mich auf meine Fehler aufmerksam und zeigte mir durch sein Beispiel, wie ich mich zu benehmen und was ich zu tun oder zu lassen hatte. Das war ein außerordentlich vortrefflicher Unterricht, den er mit eben solcher Lust erteilte, wie ich mit Freude und Bewunderung sein Schüler war. Dabei kam nie ein Lob über seine Lippen, doch auch nie das, was man unter einem Tadel versteht. Ein Meister in allen Fertigkeiten, welche das Indianerleben erfordert, war er auch ein Meister im Unterricht.
    Wie oft kam ich da ermüdet und wie mit zerschlagenen Gliedern heim! Aber dann gab es noch keine Ruhe für mich, denn ich wollte die Sprache der Apachen erlernen und

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