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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich fertig und verpackte die Meßinstrumente in die dazu mitgebrachten Decken. Wir machten uns reisefertig und brachen am Morgen des fünften Tages auf. Die beiden Häuptlinge hatten sich für ganz dieselbe Route entschlossen, auf welcher ich von Sam in diese Gegend gebracht worden war.
    Als wir derselben zwei Tage lang gefolgt waren, hatten wir eine Begegnung. Wir befanden uns in einer flachen, grasigen und hier und da durch Buschwerk unterbrochenen Gegend, die uns einen guten Ausblick gewährte, was im Westen immer von Vorteil ist. Man kann nicht wissen, auf was für Menschen man trifft, und da ist es gut, wenn man jede Annäherung im voraus bemerkt. Wir sahen vier Reiter uns entgegenkommen; sie waren Weiße. Sie erblickten uns natürlich ebenso wie wir sie und hielten an, ungewiß, ob sie ihren Weg fortsetzen oder uns ausweichen sollten. Dreißig Roten zu begegnen, das ist nicht angenehm für Weiße, die nur zu vieren sind, zumal wenn sie nicht wissen, welchem Stamm die Indianer angehören, aber sie sahen, daß Weiße bei den Indsmen waren, und das schien ihr Bedenken zu heben, denn sie ließen ihre Pferde in derselben Richtung weitergehen.
    Sie waren wie Cowboys gekleidet und mit Gewehren, Messern und Revolvern bewaffnet. Als sie uns auf zwanzig Schritte nahe gekommen waren, hielten sie ihre Pferde an, nahmen, der Übung gemäß, ihre Gewehre schußfertig in die Hand, und der eine von ihnen rief uns an:
    „Good day, Mesch'schurs! Ist es nötig, den Finger am Drücker zu haben, oder nicht?“
    „Good day, Gents“, antwortete Sam. „Tut eure Schießhölzer getrost weg! Wir haben nicht die Absicht, euch aufzufressen. Darf man erfahren, woher ihr kommt?“
    „Vom alten Mississippi herüber.“
    „Und wohin wollt ihr?“
    „Hinauf ins New-Mexiko und von dort aus nach Californien hinüber. Haben gehört, daß dort Rinderhirten gebraucht und besser bezahlt werden als da, woher wir kommen.“
    „Könnt recht haben, Sir; müßt aber noch einen weiten Weg machen, bis ihr eine solche feine Anstellung erhaltet. Wir kommen von da oben herunter und wollen nach St. Louis. Ist der Weg jetzt rein?“
    „Ja. Wenigstens haben wir nichts vom Gegenteil gehört. Brauchtet euch aber auch in einem solchen Fall nicht zu fürchten; seid ja zahlreich genug. Oder reiten die roten Gentlemen nicht weit mit?“
    „Nur die beiden Krieger hier mit ihrer Tochter und Schwester, Intschu tschuna und Winnetou, die Häuptlinge der Apachen.“
    „Was Ihr sagt, Sir! Eine rote Lady, welche nach St. Louis will? Darf man vielleicht eure Namen erfahren?“
    „Warum nicht! Sind ehrliche Namen; brauchen sie nicht zu verheimlichen. Ich werde Sam Hawkens genannt, wenn ich mich nicht irre. Da sind meine Kameraden Dick Stone und Will Parker, und hier neben mir seht ihr Old Shatterhand, einen Boy, der den grauen Bär mit dem Messer ersticht und den stärksten Menschen mit der Faust zu Boden schlägt. Nun habt ihr wohl die Bewogenheit, mir eure Namen auch zu nennen?“
    „Gern. Von Sam Hawkens haben wir gehört, von den andern Gentlemen aber noch nicht. Ich heiße Santer und bin kein so berühmter Westläufer wie Ihr, sondern ein einfacher, armer Cowboy.“
    Er nannte auch die Namen seiner drei Gefährten, welche ich mir nicht gemerkt habe, tat noch einige Fragen, welche sich auf den Weg bezogen, und dann ritten sie weiter. Als sie fort waren, fragte Winnetou Sam:
    „Warum hat mein Bruder diesen Leuten so genaue Auskunft gegeben?“
    „Sollte ich sie ihnen verweigern?“
    „Ja.“
    „Wüßte nicht, warum. Wir wurden höflich gefragt, und so mußte ich höflich antworten; so wenigstens tut Sam Hawkens stets.“
    „Der Höflichkeit der Bleichgesichter traue ich nicht. Sie waren höflich, weil wir achtmal mehr zählten als sie. Es ist mir nicht lieb, daß du ihnen gesagt hast, wer wir sind.“
    „Warum? Meinst du, daß dies uns Schaden machen kann?“
    „Ja.“
    „In welcher Weise?“
    „In mancherlei Weise. Diese Bleichgesichter haben mir nicht gefallen. Die Augen dessen, der mit dir sprach, waren keine guten Augen.“
    „Habe das nicht bemerkt. Aber selbst wenn es so wäre, uns tut es nichts. Sie sind fort; sie reiten dahin und wir dorthin; es wird ihnen nicht einfallen, umzukehren und uns zu belästigen.“
    „Dennoch will ich wissen, was sie tun. Meine Brüder mögen langsam weiterreiten; ich aber werde mit Old Shatterhand umkehren und diesen Bleichgesichtern eine Strecke folgen. Ich muß wissen, ob sie wirklich weiterreiten oder sich nur

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