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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Raub- und Kampfeslust aus ihnen. Er hieß Tangua, ein Wort, welches wörtlich Häuptling bedeutet. Daraus war zu schließen, daß er als Häuptling jedenfalls keinen Vergleich zu scheuen brauche. Wenn ich sein Gesicht und seine Augen sah, so wollte es mir um Intschu tschuna und Winnetou, falls sie wirklich in seine Hände geraten sollten, angst und bange werden.
    Er kam als unser Freund und Verbündeter, verhielt sich aber keineswegs sehr freundlich gegen uns. Sein Auftreten war, um mich eines Vergleiches zu bedienen, dasjenige eines Tigers, der sich mit einem Leoparden zur Jagd vereint, um ihn nach derselben auch mit aufzufressen. Er hatte sich mit dem ‚Fuchs’, dem Anführer seiner Kundschafter, an der Spitze der roten Schar befunden und stieg, als er bei uns anlangte, nicht etwa ab, um uns zu begrüßen, sondern machte eine befehlende Armbewegung, auf welche wir von seinen Leuten umzingelt wurden. Dann ritt er zu unserem Wagen und hob die Plane auf, um hineinzublicken. Der Inhalt schien ihn anzuziehen, denn er stieg vom Pferd und in den Wagen, um das, was sich auf und in demselben befand, zu untersuchen.
    „Oho!“ meinte da Sam Hawkens, welcher an meiner Seite stand. „Der scheint uns und unser Eigentum als gute Beute zu betrachten, ehe er überhaupt ein Wort mit uns gesprochen hat, wenn ich mich nicht irre. Wenn er etwa glaubt, daß Sam Hawkens so dumm ist, sich den Bock als Gärtner zu bestellen, so irrt er sich. Das werde ich ihm gleich zeigen.“
    „Keine Unvorsichtigkeit, Sam!“ bat ich. „Diese zweihundert Kerle sind uns überlegen.“
    „An Zahl, ja, an Witz aber jedenfalls nicht, hihihihi!“ antwortete er.
    „Aber sie haben uns umzingelt!“
    „Well, das sehe ich auch. Oder denkt Ihr, daß ich keine Augen habe? Wir haben uns da, wie es scheint, keine guten Helfershelfer kommen lassen. Daß er uns eingeschlossen hat, läßt vermuten, daß er uns mitsamt den Apachen in die Tasche stecken oder gar auffressen will. Dieser Bissen sollte ihm aber schwer im Magen liegen; das versichere ich Euch. Kommt mit hin zum Wagen, damit Ihr hört, wie Sam Hawkens mit solchen Spitzbuben redet! Bin ein guter Bekannter von diesem Tangua, und er weiß, wenn er mich auch nicht schon gesehen hätte, ganz genau, daß ich mich hier befinde. Sein Verhalten ist also nicht nur ärgerlich für mich, sondern verdachterregend für uns alle. Seht nur die martialischen Gesichter, welche seine Kerle auf uns machen! Werde ihnen gleich zeigen, daß Sam Hawkens hier am Platz ist. Also kommt!“
    Wir hatten unsere Gewehre in den Händen und gingen zu dem Wagen, in welchem Tangua herumstöberte. Mir war nicht ganz wohl dabei. Dort angekommen, fragte Sam in warnendem Ton:
    „Hat der berühmte Häuptling der Kiowas Lust, in einigen Augenblicken in die ewigen Jagdgründe zu gehen?“
    Der Gefragte, welcher uns den Rücken zukehrte, richtete sich aus seiner gebückten Haltung auf, drehte sich zu uns herum und antwortete grob:
    „Warum stören mich die Bleichgesichter mit dieser albernen Frage? Tangua wird einst in den ewigen Jagdgründen als großer Häuptling herrschen; aber es muß noch eine lange Zeit vergehen, ehe er den Weg dorthin macht.“
    „Diese Zeit wird vielleicht in einer Minute sein.“
    „Warum?“
    „Steig herab vom Wagen, so werde ich es dir sagen; aber mach ja schnell!“
    „Ich bleibe hier!“
    „Gut, so flieg in die Luft!“
    Sam wendete sich nach diesen Worten ab und tat so, als ob er sich entfernen wolle. Da aber kam der Häuptling mit einem raschen Sprung vom Wagen herunter, faßte ihn am Arm und rief:
    „In die Luft fliegen? Warum redet Sam Hawkens solche Worte?“
    „Um dich zu warnen.“
    „Vor was?“
    „Vor dem Tod, der dich ergriffen hätte, wenn du nur noch einige Augenblicke da oben geblieben wärest.“
    „Uff! Der Tod ist auf dem Wagen?“
    „Ja.“
    „Wo? Zeige ihn mir!“
    „Später vielleicht. Haben dir deine Kundschafter nicht gesagt, weshalb wir uns hier befinden?“
    „Ich habe es von ihnen erfahren. Ihr wollt einen Weg für das Feuerroß der Bleichgesichter bauen.“
    „Richtig! So ein Weg geht über Flüsse und Abgründe und durch Felsen, welche wir auseinandersprengen. Ich denke, daß du das wissen wirst.“
    „Ich weiß es. Aber was hat das mit dem Tod zu tun, der mich bedroht haben soll?“
    „Sehr viel und weit mehr, als du ahnst. Hast du vielleicht gehört, womit wir die Felsen sprengen, welche dem Pfad unsers Feuerrosses im Wege stehen? Etwa mit dem Pulver, mit welchem

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