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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wissen, daß diese Roten des Südens ihre Toten so zu behandeln und zu konservieren verstehen, daß sie sich lange halten. Habe selbst Mumien von Indianerkindern gesehen, welche selbst nach einer Zeit von über hundert Jahren so frisch aussahen, als ob sie gestern noch gelebt hätten. Wenn wir alle gefangen werden, wird man uns das Vergnügen machen, zuzusehen, wie sie Mr. Rattler bei lebendigem Leibe in eine solche Mumie verwandeln.“
    „Ich bleibe nicht hier“, rief der Genannte aus. „Ich gehe fort! Mich bekommen sie nicht!“
    Er wollte aufspringen; Sam Hawkens zog ihn wieder nieder und warnte:
    „Keinen Schritt von hier fort, wenn Euch Euer Leben lieb ist! Ich sage Euch, daß die Apachen vielleicht schon die ganze Gegend hier besetzt haben. Ihr würdet ihnen direkt in die Hände laufen.“
    „Glaubt Ihr das wirklich, Sam?“ fragte ich ihn.
    „Ja. Es ist keine leere Drohung, sondern ich habe alle Ursache, dies anzunehmen. Habe mich auch in anderer Beziehung nicht getäuscht. Die Apachen sind wirklich schon auch gegen die Kiowas ausgerückt, ein ganzes Heer, zu dem die beiden Häuptlinge stoßen wollen, sobald sie hier mit uns fertig sind. Nur darum ist es möglich geworden, daß sie so rasch zu uns zurückkehren konnten. Sie brauchten, um Krieger gegen uns zu holen, nicht bis in ihre Dörfer zu reiten, sondern sie trafen die gegen die Kiowas ausgezogenen Scharen unterwegs, übergaben Klekih-petras Leiche dem Medizinmann und einigen anderen Leuten zum Heimschaffen und suchten sich fünfzig gute Reiter aus, um uns aufzusuchen.“
    „Wo befinden sich die Trupps, welche gegen die Kiowas bestimmt sind?“
    „Weiß es nicht. Ist kein Wort darüber gesprochen worden. Kann uns auch ganz gleichgültig sein.“
    Da sollte der kleine Sam unrecht haben. Es war gar nicht gleichgültig für uns, wo sich diese zahlreichen Scharen befanden. Das erfuhren wir schon nach einigen Tagen. Sam erzählte weiter:
    „Als ich genug gehört hatte, hätte ich mich gleich zu euch aufmachen können; aber es ist des Nachts schwer, die Fährte zu verbergen; sie hätten sie früh sehen können, und sodann wollte ich sie auch noch gern am Morgen beobachten. Darum blieb ich die ganze Nacht im Wald versteckt und machte mich erst wieder auf die Beine, als sie aufgebrochen waren. Bin ihnen gefolgt bis ungefähr sechs Meilen von hier und habe dann einen Umweg gemacht, um unbemerkt zu euch zu kommen. Well, da habt ihr alles, was ich euch sagen kann.“
    „Ihr habt Euch also nicht von ihnen sehen lassen?“
    „Nein.“
    „Und auch dafür gesorgt, daß sie Eure Spur nicht entdecken?“
    „Ja.“
    „Aber Ihr sagtet doch, daß Ihr Euch ihnen zeigen wolltet und – – –“
    „Weiß schon, weiß! Hätte es auch getan; war aber nicht nötig, denn weil – – – halt, habt ihr es gehört?“
    Er war in seiner Rede durch den dreimaligen Schrei eines Adlers unterbrochen worden.
    „Das sind die Späher der Kiowas“, sagte er. „Sie sitzen da oben auf den Bäumen. Habe ihnen gesagt, mir dieses Zeichen zu geben, wenn sie die Apachen draußen auf der Savanne erblicken. Kommt, Sir; wollen einmal probieren, was Ihr in dieser Beziehung für Augen habt!“
    Diese Aufforderung war an mich gerichtet. Er stand auf, um zu gehen, und ich nahm mein Gewehr, um ihm zu folgen.
    „Halt!“ sagte er. „Laßt das Gewehr hier! Der Westmann soll sich zwar nicht von seiner Büchse trennen; aber hier erleidet diese Regel eine Ausnahme, weil wir so tun müssen, als ob wir an gar keine Gefahr dächten. Wir wollen uns den Anschein geben, als ob wir Holz zu einem Feuer sammelten. Daraus werden die Apachen schließen, daß wir hier am Abend lagern werden, was ein Vorteil für uns ist.“
    Wir schlenderten miteinander, scheinbar ganz harmlos, zwischen den Baum- und Sträucherreihen auf dem offenen Rasenstreifen hin und auf die Savanne hinaus. Dort sammelten wir vom Rand des Gebüsches dürre Äste und sahen uns dabei verstohlen nach Apachen um. Wenn sich welche in der Nähe befanden, so mußten sie hinter den Sträuchern stecken, welche auf der Savanne, mehr oder weniger entfernt von uns, zerstreut standen.
    „Seht Ihr einen?“ fragte ich Sam nach einer Weile.
    „Nein“, antwortete er.
    „Ich auch nicht.“
    Wir strengten unsere Augen möglichst an, konnten aber nichts entdecken. Und doch erfuhr ich später von Winnetou selbst, daß er höchstens fünfzig Schritte von uns entfernt hinter einem Busch gelegen und uns beobachtet hatte. Es ist nicht genug,

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