0101 - Drei Lastwagen voll Rauschgift
Augenblick hielt ich den Smith and Wesson in der Hand, packte mit der anderen Cols Morgan am Kragen und preßte ihm den Lauf gegen den Rücken.
Die Tür zu der kleinen Bude flog auf. Ich unterdrückte einen unwillkürlichen Schrei.
Im Rahmen stand Nelly, das blonde Haar zerrauft und Blut von einer Schramme an der Stirn.
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Aber Nelly stand nicht allein dort. Über ihrer Schulter sah ich das glatte, kalte Gesicht eines Mannes mit Augen, denen jeglicher Ausdruck zu fehlen schien. Der Mann hatte einen Arm um Nellys Taille geschlungen. Mit der anderen Hand hielt er eine Pistole gegen den Kopf des Mädchens gerichtet.
»Soll ich abdrücken, G-man?« fragte er.
Das Wort »G-man« rief einen Wirbel hervor. Paolo Bood hielt plötzlich ein Schießeisen in der Hand. Der dicke Jeffers huschte mit einer Gewandtheit, die niemand in seinem feisten Leib vermutet hätte, in die Deckung eines Spindes, und auch in seiner fleischigen Pfote erschien eine Kanone, freilich, eine von der zierlicheren Sorte.
»Warum ziehst du das Mädchen in unsere Sache?« fragte ich, aber ich fühlte, daß mir die Zunge am Gaumen klebte.
»Um dich herauszuboxen«, antwortete der Bursche mit dem glatten Gesicht. Besser, du wirfst jetzt deine Pistole weg.
»Ich denke, die Partie steht immer noch pari«, sagte fch heiser.
»Ich lege Morgan um, wenn du dem Mädchen ein Haar krümmst.« Ich stieß Cols Morgan mit dem Lauf der Pistole an.
»Los, Cols« schrie ich. »Sage deinem Gorilla, er soll das Mädchen ungeschoren lassen, sonst geht’s dir schlecht.«
»Ich bin nicht Cols Gorilla«, sagte das Glattgesicht kalt. »Und Cols ist nicht mein Chef. Ich bin hier der Chef, und es interessiert mich überhaupt nicht, ob du ihn umlegst oder nicht. Wäre ein halber Gefallen, wenn du es tätest. Einer weniger, mit dem ich teilen müßte. Überleg es dir. Ich zähle bis drei.«
Ich fühlte, wie mir der Schweiß aus den Poren brach’
»Eins«, sagte der Gangster.
Nelly hielt den Blick auf mich gerichtet. In ihren Augen war keine Angst zu lesen.
»Zwei!« Die Stimme des Verbrechers hörte ich, als käme sie aus weiter Feme, aber ganz nahe, als sähe ich ihn durch ein Mikroskop, stand der Finger am Drücker der Pistole vor meinen Augen, und genauso überdeutlich sah ich die Mündung des Laufes an Nellys Schläfe. Ein paar blonde Strähnen ihres Haares verdeckten etwas von dem blauschimmernden Stahl.
»Dr…«
Ein Poltern! Ich hatte den Smith and Wesson fallenlassen.
Cols Morgan beeilte sich, aus meiner Nähe zu kommen.
Plötzlich erschien Ted Roon im Raum. Genauer gesagt, er stürzte sich auf mich. Sein Gesicht war immer noch verschwollen von der Prügel, die er in »Luckys Inn« von mir bezogen hatte.
Seine Riesenfäuste hämmerten auf mich ein. Ich hätte mich wehren können, aber das Bewußtsein, Nelly in den Händen dieser skrupellosen Gangster sehen zu müssen, lähmte mich.
»Little Teddy« hämmerte mich nieder. Bei seinen Kräften war es nicht schwierig, sobald er mich richtig traf. Ein Schlag gegen das Kinn machte mich groggy. Irgendwelche Treffer schleuderten mich gegen die Wand, an der ich herunterrutschte wie eine willenlose Gliederpuppe.
Ted hätte sicher nicht eher Ruhe gegeben, bis er mir das letzte Quentchen Bewußtsein aus dem Körper geschlagen hätte, aber die scharfe Stimme des glattgesichtigen Mannes befahl:
»Laß ihn in Ruhe.«
»Little Teddy« brachte noch einen Tritt unter, zog sich aber, grollend wie ein Bär, zurück.
Ich war noch klarem Kopf, wenn auch ein wenig gelähmt in den Gliedern. Ich sah den Mann, der Nelly hergebracht hatte, langsam auf mich zukommen. Er blieb in einer Entfernung von zwei Schritten vor mir stehen und hob langsam die Hand mit der Pistole.
»So, G-man«, sagte er leise. »Heute werde ich dich besser treffen als damals auf dem Hudson-Drive.«
Manchmal fallen einem Mann in solchen Situationen die lächerlichsten Gedanken ein. Ich erinnerte mich später, daß ich daran dachte, wieviel Dollars Phil wohl für das Trompetensolo am Grab zahlen müsse, das er mir versprochen hatte.
Ich erwartete, daß der Schuß dröhnen würde, der mich auslöschen mußte. Statt dessen sagte jemand ein scharfes: »Stopp!« Es kam aus dem Mund von Paolo Bood. Seine Schußwaffe war auf den Glattgesichtigen gerichtet, nicht auf mich.
»Was geht hier vor?« zischte er. »Verdammt, ich habe ein Recht, das zu erfahren.«
»Er ist ein G-man«, sagte Morgan. »Ein Kerl, der uns schon lange auf den Fersen sitzt. Höchste
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