0102 - Das letzte Duell
»Dieser Rabe ist kein normales Tier. In ihm steckt der Geist Karin Mallmanns.«
Jetzt war der Chinese perplex. »Das ist doch nicht möglich«, flüsterte er.
Will nickte. »Doch, es stimmt.«
»Und nun?«
Kommissar Mallmann hob die Schultern. »Eine Erklärung habe ich auch nicht. Auf jeden Fall bewacht dieser Rabe uns. Er hat die Augen meiner verstorbenen Frau.«
Suko schaltete schnell. »Wenn er uns überwacht, heißt das, daß er auf der anderen Seite steht.«
Mallmann nickte.
»Gütiger Himmel«, stöhnte der Chinese, »auch das noch.« Mittlerweile hatte er gemerkt, in was er da hineingeraten war.
Der Schwarze Tod hatte wirklich äußerst geschickt seine Fäden gezogen. Dinge, die scheinbar nichts miteinander zu tun hatten, wurden plötzlich durchsichtig und trafen sich an einem gemeinsamen Ziel.
Tod des Sinclair-Teams!
So lautete der Wahlspruch, den der Schwarze Tod unter allen Umständen einhalten wollte. Auch wenn er dabei ein sehr großes Risiko einging.
Zudem war Suko jetzt sicher, daß auch Bill Conolly und Jane Collins auftauchen würden. Für ihn nur eine Frage der Zeit.
»Sie wissen dann wohl auch keinen Rat?« wandte sich Sir Powell an den Chinesen.
»Nein, keinen besonderen.«
»Und was schlagen Sie sonst noch vor?«
»Was soll er schon vorschlagen?« rief Art Cornwall. »Wir können nur hier sitzen und auf unser Ende warten. Mehr nicht.«
»So lange man noch lebt, soll man niemals aufgeben«, konterte Superintendent Powell. »Merken Sie sich das, junger Mann.«
»Ach, hör auf.«
»Art, reiß dich zusammen«, sagte Sven.
»Okay, Freunde, setzen wir uns zusammen und singen ein Liedchen. Das habe ich früher als Kind immer gemacht, wenn ich Angst hatte und in den Keller geschickt wurde. Ich habe dann gesungen, und die Angst war weg.«
»Reißen Sie sich bitte hier zusammen«, sagte Sir Powell.
Suko hatte neben Will Platz genommen. Der Chinese hielt den Griff der Dämonenpeitsche umklammert. Er belauerte noch immer den Raben. Will merkte es.
»Laß ihn in Ruhe!«
»Ist es wirklich deine verstorbene Frau, die in diesem komischen Vogel steckt?«
»Ja.«
»Woher weißt du das denn?«
»Ich habe es an ihren Augen gesehen. Dieses Tier hat die gleichen Augen wie Karin.«
»Das bildest du dir nur ein, Will!«
»Nein, wirklich nicht.«
Der Chinese holte tief Luft. »Okay, nehmen wir es also hin, daß Karin in dem Raben steckt.« Er deutete in die Runde. »Mich würde nur interessieren, welch eine Bewandtnis es mit all diesen Gräbern hat. Die sehen doch nicht neu aus. Da liegen sicherlich welche unter der Erde. Frage ist nur, wer?«
»Willst du nachschauen?«
Suko schüttelte den Kopf. »So weit geht die Neugierde nun auch wieder nicht.«
Der Chinese brauchte gar nicht neugierig zu sein, er bekam in den nächsten Minuten eine Antwort auf seine Frage.
Es begann alles völlig harmlos.
Zuerst wankte ein Grabstein. Er stand, von Suko und Bill aus gesehen, rechts und ragte schief aus dem feuchten Boden. Doch jetzt schwankte er hin und her, wie von Geisterhand bewegt.
Es war eine hohe Platte. Sie erinnerte an ein Rechteck. Plötzlich kippte sie um. Mit einem dumpfen Geräusch schlug die Grabplatte auf das Erdreich. Das Geräusch hörten auch Suko und Will.
Mallmann faßte nach dem Arm des Chinesen. »Jetzt geht es los«, flüsterte er.
»Was geht los?«
»Der Friedhof. Ich meine, bald wissen wir, warum die Grabsteine hier stehen. Der ist doch nicht von ungefähr umgefallen. Da tut sich was unter der Erde, glaub mir.«
Daß sich dort etwas tat, war Suko natürlich längst klar. Und er hatte das unbestimmte Gefühl, dicht vor einer höllischen Überraschung zu stehen.
Aber nicht nur die eine Grabplatte kippte um, sondern die anderen gerieten ebenfalls ins Wanken. Als würden sie von Händen geschaukelt, so schwankten sie von einer Seite zur anderen, bevor sie endgültig zu Boden kippten.
Längst hatten Sir Powell und die beiden Wissenschaftler bemerkt, was da vor sich ging. Weit rissen sie die Augen auf und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.
»Das ist Geisterspuk!« flüsterte Sven Jansson und schlug hastig ein Kreuzzeichen.
Art Cornwall sagte nichts. Er stierte nur auf die Grabsteine.
Am besten von ihnen hatte sich noch Sir Powell in der Gewalt. Er hob nur die Augenbrauen, als er auf die fallenden Grabsteine schaute. Jeder wartete darauf, daß etwas geschah.
»Was bedeutet das?« fragte Sven Jansson.
Er bekam keine Antwort.
»So sagt doch was!« schrie er.
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