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0104 - Portaguerra

0104 - Portaguerra

Titel: 0104 - Portaguerra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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weiß ich. Sie hätten sich sonst schon längst bei uns gemeldet.«
    »Ja, aber ich habe oft Dinge erlebt, die…«
    Jane brach ab, als irgendwo im Hotel Glas und Porzellan klirrte.
    Eine Frau schrie gellend auf.
    »Pierre!« Das war Madame Lerois. »Pierre, sie sind wieder da! Unsere Jungen sind da!«
    Jane stürzte an das Fenster der Bar.
    Mit einem Aufschrei prallte sie zurück…
    ***
    Wir hatten das gefährlichste Stück des Aufstiegs hinter uns, waren bei dem schmalen Felsband angekommen und verschnauften. Ich zwang mich dazu, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
    »Zittern die Knie?« erkundigte sich Shaun Loughelin. Er konnte schon wieder grinsen.
    Ich nickte und redete mir selbst zu, daß wir es nicht mehr weit hatten. »Als Oberinspektor von Scotland Yard ist man eben kein gelernter Bergsteiger«, sagte ich kopfschüttelnd. »In London hat man so wenig Gelegenheit zum Üben.«
    »Du bist in Ordnung, John!« rief Shaun und dämpfte im nächsten Moment erschrocken seine Stimme. »Da drüben! Sieh nur! Da sind sie wieder!«
    Die Sonne war schon längst hinter dem Col du Lauterset untergegangen. Auf unserer Seite des Berges herrschte seit einer guten Stunde Dämmerung. Nun senkte sich die Dunkelheit mit zunehmender Geschwindigkeit über das Land.
    In diesem Zwielicht konnte man schlechter als bei Mondlicht sehen. Alles verschmolz zu einer grauen, einheitlichen Fläche. Wenn ich nach unten blickte, sah ich die ›Nase‹ kaum noch. Shaun deutete weiter nach rechts in die Wand hinein.
    Ich mußte einige Sekunden starren, ehe ich eine Bewegung wahrnahm. Ein großer, dunkler Fleck bewegte sich aufwärts.
    »Was ist das?« Unwillkürlich flüsterte ich auch.
    »Siehst du das nicht, John?« Shaun rückte noch näher zu mir, daß ich seinen Atem hörte. »Drei Männer in Bergausrüstung! Sie kletterten an einer Stelle, an der sich kein Mensch halten kann, geschweige denn klettern!«
    Jetzt unterschied auch ich die Umrisse dreier Männer, aber ihre Kleidung konnte ich noch immer nicht erkennen. Shaun hatte Augen wie ein Adler.
    »Das müssen die Lerois-Brüder sein!« Shaun schlug ein Kreuz.
    »Schnell, John, weiter! Ich möchte Ihnen nicht begegnen!«
    Ein anderer hätte vielleicht über den vermeintlichen Aberglauben gelächelt, ich jedoch nicht. Ich befolgte Shauns Rat und schob mich rasch auf dem Felsband weiter. Für einen Kampf auf Leben und Tod war unsere Position denkbar ungünstig. Falls wir es mit lebenden Toten zu tun hatten, die sogar besser als Shaun kletterten, konnten sie mit uns machen, was sie wollten. Auf dem Sims hatte ich nicht einmal so viel Bewegungsfreiheit, daß ich meine Beretta ziehen und damit richtig zielen konnte.
    Während der nächsten fünf Minuten behielt ich die unheimlichen Kletterer im Auge und ertastete meinen Weg mit Füßen und Händen. Daß ich trotzdem keinen einzigen Fehltritt tat, grenzte an ein Wunder.
    Endlich hatten wir es geschafft und hasteten auf dem normalen Weg an den Warnschildern vorbei.
    »Siehst du sie noch?« rief ich Shaun Loughelin zu, doch der rothaarige Riese schüttelte den Kopf. Die drei Unbekannten hatten vorhin eine Richtung eingeschlagen, die sie zum Hotel führen mußte, wenn sie nicht vorher auswichen. Und im Hotel wußte ich Jane, die sicher nicht damit rechnete, daß einer der Lerois-Brüder bei ihr auftauchte.
    Shaun überholte mich, als ich auf dem unebenen Weg stolperte und nur mit Mühe einen Sturz verhinderte. Ich ruderte mit den Armen in der Luft und fing mich, aber von jetzt an war ich vorsichtiger. Shaun gewann einen großen Vorsprung.
    »Warte auf mich!« rief ich hinter ihm her, doch er achtete nicht darauf.
    Die Lichter des Hotels tauchten hinter einem sanften Hügel auf.
    Wie warme, gelbe Augen schimmerten sie uns entgegen. Das Hotel erschien mir in diesem Moment wie eine sichere Zufluchtsstätte in einer feindlichen Umwelt, doch das kam wahrscheinlich nur daher, daß mir die Hochalpen fremd waren.
    »Shaun!« schrie ich auf, als sich gegen eines der hellen Fenster eine Gestalt abzeichnete.
    Er lief schneller, ein sicheres Zeichen, daß auch er den Mann entdeckt hatte. Anstatt auf mich zu warten, schnitt er dem Unbekannten den Weg ab.
    Ich lief auch schneller. Meine Schuhe rutschten über die glatten Steine, die Wind und Schnee blankpoliert hatten, und versanken in lockerem Geröll. Doch mittlerweile hatte ich mich an das alles gewöhnt. Ich blieb Shaun auf den Fersen.
    Noch etwa eine halbe Meile bis zum Hotel!
    »Halt!« brüllte Shaun mit

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