0104 - Portaguerra
rammte die Tür ins Schloß und legte einen schweren Riegel vor.
Der Sturm hätte das normale Schloß mit Leichtigkeit aufgesprengt.
Ich schüttelte meinen Helfer ab. »Wo ist Miß Collins?« rief ich.
Ringsum ratlose Gesichter.
Der Amateurfotograf zuckte die Achseln. »Wir dachten, sie wäre bei Ihnen, Monsieur Sinclair«, sagte er.
Da wußte ich, daß Jane in dieser Hölle da draußen steckte…
***
So also ist der Tod!
Das war Janes letzter Gedanke, als die Untoten sie über den Rand des Plateaus stießen.
Sie fiel, stürzte ohne jeden Halt in die Tiefe.
Jeden Moment rechnete sie mit dem tödlichen Aufprall, der ihren Körper zerschmettern würde.
Ein fürchterlicher Ruck!
Jane Collins sah nicht, daß sie keineswegs gegen einen Felsen schlug, sondern daß mumifizierte Knochenhände aus einer Höhle in der senkrechten Wand hervorschnellten und sie mit unfaßbarer Sicherheit abfingen.
Portaguerras Griff bremste Janes freien Fall nur wenig federnd ab. Sie war nicht tief gestürzt, sonst hätte dieses Manöver des Magiers sie getötet. So aber verlor sie nur das Bewußtsein.
Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf glattem, kaltem Untergrund. Ihr Blick war in den Himmel gerichtet, auf dem eine schwarze Wolkenwand näherkam.
Jane versuchte, sich zu bewegen. Nur allmählich kam die Erinnerung an das Geschehene zurück. Plötzlich fiel ihr ein, daß sie abgestürzt war.
Mit einem gellenden Schrei setzte sie sich auf und fiel gleich wieder zurück. Alles tat ihr weh. In diesen Sekunden glaubte sie nichts anderes, als daß sie durch ein glückliches Schicksal auf diesem Vorsprung aufgeschlagen und leicht verletzt liegen geblieben war. Doch jeder Knochen im Leib schmerzte. Noch wußte sie nicht, daß es lediglich die Nachwirkungen davon waren, daß der Magier sie aufgefangen hatte.
Sie wurde gleich darauf eines Besseren belehrt. Der mumifizierte Schädel beugte sich über sie, und zum ersten Mal sah sie den Magier aus der Nähe. Der Schreck fuhr ihr durch Mark und Bein, doch sie bemühte sich, es ihn nicht merken zu lassen. In ihrem Gehirn rasteten ein paar Schaltungen ein. Sie ahnte die halbe Wahrheit.
»Willkommen, Jane Collins!« Portaguerra lachte knatternd. Mit einem knisternden Geräusch glitten seine eingetrockneten Lippen von den gelben Zähnen zurück. »Vor einem halben Jahrtausend hätte ich es noch zu schätzen gewußt, eine so schöne Frau in meine Obhut gebracht zu haben. Heute freue ich mich lediglich darüber, daß ich meinem Feind John Sinclair einen so schweren Schlag zugefügt habe. Du bist mein Köder, Jane Collins! Meine treuen Sklaven haben sich genau an meine Befehle gehalten und dich zu mir gebracht.«
»Wo… wo bin ich?« Jane mußte sich räuspern. Ihre Kehle war ausgedörrt.
»Auf jenem Felsvorsprung, den die Menschen ›Nase‹ nennen.«
Wieder dieses häßliche, abstoßende Lachen. »John Sinclair kennt ihn, und er hat bewiesen, daß er imstande ist, bis hierher zu klettern. Und das ist wichtig! Ich will, daß er dich rettet, Jane Collins! Gemeinsam werdet ihr dann in den Tod fahren!«
Er warf noch einmal den Kopf in den Nacken, lachte grausam auf und entschwand auf einem Felsenband, das so schmal war, daß Jane es niemals im Leben betreten hätte.
Sie grübelte über die Worte des Magiers nach. Es stimmte, sie lag auf dem Vorsprung, den ich ihr beschrieben hatte. Aber was hatte er damit gemeint, ich sollte sie befreien, und gemeinsam würden wir in den Tod…
Jane stand auf und trat einen Schritt auf die Kante zu. Sie hörte hinter sich ein verdächtiges Knirschen und sprang hastig zurück.
Ihre Augen weiteten sich in namenlosem Grauen, als sie den haarfeinen Riß entdeckte, der sich dicht an der Wand quer über die »Nase« zog.
Blitzartig durchschaute sie den Plan des Magiers. Sie kannte den Weg aus der Wand nicht. Daher konnte sie nicht fliehen. Irgendwann würde ich kommen, um sie zu retten. Portaguerra aber hatte den Felsvorsprung durch diesen haarfeinen Riß von der Wand getrennt. Noch hielt das Gebilde, aber unter dem Gewicht von zwei Personen mußte es abbrechen und alle darauf befindlichen Menschen mit in die Tiefe reißen.
Ein satanischer Plan. Portaguerra hatte jedoch einen Fehler begangen. In der Überheblichkeit vieler Schwarzblütler und ihrer Handlanger hatte er sich mit seiner vermeintlichen Klugheit gebrüstet und nicht mit Janes Scharfsinn gerechnet.
Jane Collins schöpfte Hoffnung. Sie brauchte mich nur rechtzeitig zu warnen, wenn ich tatsächlich
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