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0104 - Portaguerra

0104 - Portaguerra

Titel: 0104 - Portaguerra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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zu wachen. Jane hatte sich noch nie um eine Aufgabe gedrückt.
    Die Sache wurde mir unheimlich, und ich beschloß, nach Jane zu sehen. Einmal umrundete ich das Hotel. Sie war weit und breit nicht zu sehen. Blieb vorläufig nur die Seilbahnstation, wo ich Domenico Chalor schon von weitem in seinem Rollstuhl sah.
    Er blickte mir so finster entgegen, daß ich mich unwillkürlich fragte, was ich ihm wohl getan hatte.
    »Wann werdet ihr Touristen endlich begreifen, daß ich meine Ruhe haben will?« rief er mir unfreundlich zu. »Ich habe…«
    »Sie haben mir nur eine Frage zu beantworten!« sagte ich auch nicht sehr viel freundlicher. Ich schätzte es nicht, wenn ich durch die Sturheit der Leute in meiner Arbeit gehemmt wurde. »Eine Frage, aber auf die will ich eine Antwort! Früher werden Sie mich nicht los.« Ich lächelte knapp. »Mann, seien Sie doch nicht so! Ich will nichts von Ihnen! Ich suche meine Begleiterin.«
    »Keine Ahnung«, brummte er und wirkte für einen Moment verlegen.
    »Sie haben sehr wohl Ahnung«, entgegnete ich ungerührt. »War sie hier? Wo ist sie?« Ich trat einen Schritt näher. »Hören Sie! Es geht um Leben und Tod! Wollen Sie dafür verantwortlich sein, wenn ihr etwas zustößt? Wenn sie am Fuß der Wand liegt, zerschmettert, obwohl Sie hätten helfen können?«
    Er wich meinem Blick aus. »Sie ist vor zwanzig Minuten gegangen«, sagte er leise. »Dort hinüber. Mehr weiß ich nicht.«
    »Vielen Dank!« Ich verließ die Station wieder und musterte das Gelände, das Chalor angedeutet hatte. Von Jane keine Spur.
    Ich spüre, daß hier etwas nicht stimmte. Wäre Shaun bei mir gewesen, hätte er mir helfen können. Die Wetterlage spitzte sich bedrohlich zu. Was sich viele Leute aus dem Flachland nicht vorstellen können, aber auf diesen hohen Alpenbergen kann es sogar im Hochsommer einen Schneesturm geben. Genau danach sah es aus, wenn mich nicht alles täuschte. Schwarze Wolken schoben sich vom Gipfelkreuz auf mich zu. Wenn ich mich nicht beeilte, erreichten sie das Hotel noch vor mir. Bei dieser Vorstellung graute mir, da ich mir ausrechnen konnte, wie leicht man sich hier oben verirren und in eine Steilwand geraten konnte. Die Wolken schienen das Ende der Welt zu bringen, düstern und bis in den höchsten Himmel reichend, pechschwarz und doch nicht in sich geschlossen. Weiße Fetzen leichterer Wolken wirbelten mit unglaublicher Geschwindigkeit in den Ballungen der turmartigen Wetterfront.
    »Jane«, flüsterte ich. Gegen einem Dämon konnte ich etwas unternehmen, gegen eine Gewitterfront nichts.
    Ich begann zu laufen. Wo war Jane? War sie unseren Feinden in die Hände gefallen? Wenn ja, was hatten sie mit ihr gemacht?
    Ich war fest entschlossen, doch nicht in das Hotel zu gehen, sondern nach meiner Begleiterin zu suchen. Ungefähr hundert Meter vor dem Hotel erwischte mich die erste Sturmbö.
    Plötzlich bekam ich keine Luft mehr, weil der Sturm sie förmlich aus meinem Mund saugte. Erst als ich meine Jacke vor den Mund preßte, ging es einigermaßen. Ich konnte mich jedoch kaum auf den Beinen halten, wurde von einer riesigen Faust gepackt und um ein Haar von den Füßen gerissen. Weit vornüber geneigt lag ich auf dem heulenden und orgelnden Sturm.
    Dann trafen mich die ersten Tropfen. Sie klatschten wie Schüsse, aus einem Wasserwerfer in mein Gesicht und blendeten mich. Das Wasser lief mir in die Augen, daß ich fast nichts sah, und wischte ich es weg, bekam ich sofort die nächste Ladung voll ab.
    In meinen Ohren dröhnte es. Ich glaube, ich schrie, doch ich hörte meine eigene Stimme nicht mehr.
    Rings um mich wurde es schwarz wie in einer mondlosen Nacht.
    Ich streckte tastend eine Hand vor und zog sie mit einem schmerzlichen Aufschrei zurück, als mich ein harter Schlag traf.
    Hagel!
    Taubenei großer Hagel!
    Ich kam nur unverletzt davon, weil die Körner noch nicht allzu dicht fielen. Zwei trafen meinen Kopf, als habe jemand Steine nach mir geschleudert. Vor meinen Augen blitzten Sterne.
    Ich schützte Kopf und Gesicht mit meinen Armen und stolperte blindlings vorwärts. Wehe dem, der sich jetzt nicht in der Nähe einer schützenden Unterkunft befand.
    Plötzlich ließ der Druck des Sturmes nach. Ich taumelte in den Windschatten des Hotels, prallte keuchend gegen die Wand und schob mich daran weiter, bis ich den Haupteingang erreichte.
    Mit einem Ruck stieß ich die Tür auf und wankte in die Halle. Sofort waren zwei Mann vom Personal neben mir. Der eine stützte mich, der andere

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