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0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab

Titel: 0105 - Rückkehr aus dem Geistergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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glatt.
    »Jedenfalls aber in zwei Ausführungen«, blieb Zamorra gelassen. »Es wird Ihnen nicht entgangen sein, daß der Unheimliche einmal ein Richtschwert trug, einmal ein Beil oder eine Holzfälleraxt.«
    »In der Tat, ich habe nur angenommen, Sie hätten sich vertan«, nickte der Abbé verwirrt. »Wie erklären Sie sich diese Beobachtung?«
    »Nun, einmal handelt es sich um einen Menschen aus Fleisch und Blut, der allerdings über erstaunliche parapsychologische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt…«
    »… eine sehr befriedigende Erklärung«, lächelte der Priester.
    »… in der Ausführung, in der Michele Utraux ein Beil trägt, würde ich auf eben diesen Verbrecher tippen«, führte Zamorra seinen Gedanken fort. »Der sich nicht die Mühe gemacht hat, in jedem Punkt sich an sein Vorbild zu halten.«
    »Das, wie wir wissen, stets mit einem Richtschwert arbeitete«, pflichtete Lapin dem Professor bei. »Kunststück. Solche Beidhänder liegen nicht herum wie Fallobst.«
    »Eben«
    »Aber was hat es zu bedeuten…«, stotterte Lapin.
    Er hatte wohl den Widerspruch bemerkt.
    »… daß trotzdem manchmal ein Kapuzenmann auftritt, der den echten Beidhänder mit sich führt?« lächelte Zamorra.
    »Das wird der authentische Scharfrichter von Mazamet sein, von einem Verbrecher zu neuem Leben erweckt.«
    »Ein Trugbild also«, atmete der Geistliche auf. »Das akzeptiere ich.«
    »Kein Phantom, sondern durchaus in der Lage, zu agieren und anderen die Köpfe abzuschlagen, als sei er noch im Amt«, behauptete Zamorra.
    In der Gaststube erhob sich ein Tumult.
    »Das würde bedeuten, daß…«, begann Lapin kreidebleich.
    »Sicher werden wñr bald die ersten Opfer zu beklagen haben«, nickte Zamorra ernst. »Und wir wissen nie, wer dahinter steckt: der Mann, der alles inszeniert oder der Scharfrichter selbst, so wie wir ihn aus der Chronik kennen. Verstehen Sie den Sinn dieses Doppelspieles?«
    »Durchaus«, stöhnte der Abbé. »Niemand kann den Mann jemals anklagen. Aber so etwas gibt es doch nicht. Kann es nicht geben!«
    »Warum nicht? Sie selbst sprechen oft und lange über Dinge, die man weder sehen noch anfassen noch riechen noch schmecken kann. Wollen Sie plötzlich behaupten, es existiere nicht außerhalb unserer gewöhnlichen menschlichen Sinne? Die noch dazu sehr leicht zu täuschen sind?«
    Lapin schüttelte stumm den Kopf Er wußte nicht mehr, wie er sich verteidigen sollte. Er wußte nur eins: dies war die Stunde der Bewährung. Er mußte diesem Spuk auf den Grund gehen und ihn auslöschen. So, wie man den Teufel vertrieb, der in den Leib eines Gläubigers gefahren war, um dessen Seele zu verderben.
    »Wer hätte ein Interesse an einem solch makabren Doppelspiel?« forschte Zamorra kühl.
    Ihn brauchte niemand zu überzeugen. Er wußte, daß nichts unmöglich war auf dieser angeblich so von der Wissenschaft beherrschten und erleuchteten Welt. Große Leuchten selbst hatten immer wieder eingeräumt, wie schnell der menschliche Geist an seine Grenzen stieß und daß dahinter ungesichertes Neuland begann, bevölkert von den unglaublichsten Wesen, Kräften und Mächten.
    »Ich kenne niemanden, der so etwas tun würde - und vor allem niemanden, der dazu in der Lage wäre«, meinte Lapin unsicher.
    Er schlug das Kreuzzeichen.
    Viele taten es ihm nach.
    Das Grauen hielt Einzug in Mazamet. Angst und Unsicherheit verdüsterte die Gemüter. Die Leute wagten sich kaum mehr aus der Geborgenheit der Schänke hinaus in die Nacht mit ihren unheimlichen Möglichkeiten und schrecklichen Gefahren.
    So fragte Zamorra denn vergeblich, ob jemand ihm Hilfe gewähren würde bei der Suche nach seiner Sekretärin.
    Selbst Lapin hätte seine Zusage am liebsten zurückgezogen. Er mußte sich gewaltig zusammennehmen.
    »Sie können jetzt erst recht mit mir rechnen«, sagte er eine Spur zu laut. Seine füllige Gestalt schien zu wachsen, so richtete er sich auf und dabei schaute er Zamorra treuherzig an.
    Aber in seinen Augen nistete die Angst.
    Zamorra betrachtete ihn ruhig und sagte schließlich: »Gut, versuchen wir es. Gehen wir!«
    Er selbst schritt voraus.
    Schon das Knarren der Tür ließ die Leute zusammenfahren.
    Louis Barret witterte das Geschäft seines Lebens.
    »Ich werde eure Ställe und Häuser besprechen und eure Felder. Ich lasse euch nicht im Stich. Die beiden sehen wir wohl nie wieder, aber euch kann geholfen werden«, flüsterte er.
    Sein Schatten fiel riesengroß auf die Wand.
    Barret sah wirklich bedeutend

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