0106 - Der Götze von Passa
„Achtung!” schrie Ron mit einer Stimme, die laut genug war, um den Lärm zu übertönen. „Dort hinein, Leute!” Er verließ sich darauf, daß Lofty und Larry ihm folgten. Er hatte keine Zeit, sich ums sie zu kümmern. Mit einem mächtigen Satz schnellte er sich von der Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, und verschwand in der Säule graublauen Rauches.
WIR SÜNDIGEN ... VERGIB UNS, HERRLICHER ... DER HERR DER FINSTERNIS HAT UNS ÜBERMANNT... WIR VERDIENEN DEINEN ZORN... ABER VERGIB UNS, AYAA-OOOY ... UNSER LEBEN LANG WOLLEN WIR SÜHNEN... WENN DU UNS WIEDER GNÄDIG BIST, OH HERRLICHER ...!
Der Qualm nahm ihm den Atem. Instinktiv schloß er die Augen und ließ sich vornüberfallen. Die Arme hatte er ausgestreckt, um den Boden unter sich zu fühlen. Aber da war kein Boden mehr.
Tödlicher Schreck durchzuckte ihn. Er stürzte! Lähmende Furcht packte ihn, aber sie hatte kaum begonnen, sich auszubreiten, da wurde sein Sturz gebremst. Er fiel auf etwas Weiches. Er hatte den Eindruck, es wäre voller Haare. Auf jeden Fall quietschte und schmatzte es erschreckt und gab blitzschnell den Weg frei. Er verlor noch einmal das Gleichgewicht und stürzte ein kleines Stück tiefer. Als er diesmal aufschlug, hatte er festen Boden unter sich.
Instinktiv rollte er sich zur Seite. Über sich hörte er zwei dicht aufeinanderfolgende, laut klatschende Geräusche. Das Quietschen und Schmatzen wiederholte sich, diesmal mit noch entsetzterem, panikerfülltem Unterton. Irgend etwas schlug dicht neben ihm auf den Boden, und dann gleich darauf noch etwas. Es stöhnte und fluchte. Sekunden später hörte er aus der Höhe ein lautes Rauschen. Das Geräusch war drohend. Er wich weiter zur Seite aus, obwohl er die Augen immer noch geschlossen hielt und nicht sah, was um ihn herum war. Dröhnend und krachend schlug ein paar Meter hinter ihm etwas zu Boden, und der Schrei einer menschlichen Stimme erhob sich, schrill und voll Entsetzen: „Lauft! Es ist ein fürchterliches ... ooh...!” Eilige Schritte kamen heran. Etwas stieß Ron mit der Gewalt einer fliegenden Kanonenkugel beiseite. Ron prallte gegen eine Wand und öffnete die Augen, während das Patschen der Schritte sich im Hintergrund verlor. Zu seiner Überraschung war es ziemlich hell um ihn herum.
Er erkannte dicht vor sich einen Schatten, der Larry Randalls Umrisse hatte. Der, der den Schrei ausgestoßen hatte und davongelaufen war, war Lofty. Nach rechts, von Ron aus gesehen, führte ein langer Gang unter dem Boden der Halle dahin, und Lofty war schon längst außer Sichtweite. Vorne, da, wo Ron hergekommen war, stieg immer noch der blaue Qualm aus dem Boden. Er verschwand in einem Loch der Gangdecke. Das Loch war viereckig, und man konnte leicht erraten, daß es in einem schwarzen Viereck auf. den Boden der Halle mündete. Ein bißchen Rauch verlor sich jedoch in dem Gang und trübte den Blick dorthin, wo Lofty sein schreckliches Erlebnis gehabt haben mußte. Ron versuchte zu erkennen, was dort war. Larry stand ihm im Wege. Er schob ihn beiseite und spürte dabei, daß er zitterte. Er hatte jetzt freies Blickfeld in den rückwärtigen Teil des Ganges, und inmitten des Rauches, der aus dem Boden aufstieg, sah er einen Schatten sich bewegen. Er rang nach Atem, rasendes Herzklopfen befiel ihn. Ein paar Sekunden lang hatte er nur den einen Wunsch, sich umzudrehen und so rasch wie möglich hinter Lofty herzurennen.
Was dort vorne im Rauch herumtorkelte, anscheinend durch den Sturz von oben herab benommen, war ein drei Meter hohes Monster, massig und schwerfällig, mit vier Armen, die sich gegen die Wände des Ganges stützten, um den schweren Körper im Gleichgewicht zu halten. Der Körper schien mit einem Pelz bedeckt, und wenn man von den zwei überflüssigen Armen absah, hatte man zuerst den Eindruck, einen riesengroßen, aufrechtgehenden Bären zu sehen. Bis sich der mächtige Schädel aus dem Dunst schälte und in den rauchfreien Teil des Ganges hereinglotzte. Was war das für ein Schädel! Haarlos, glatthäutig und glänzend. Ein riesiges, dünnlippiges Maul zog sich um den halben Umfang, und kugelige Augen, so groß wie zwei ausgewachsene Hände, quollen unter einem knochigen Stirnaufbau so weit hervor, als wollten sie jeden Augenblick herausfallen. Der Kopf erinnerte an den Schädel eines Frosches.
Der Anblick faszinierte und lahmte zugleich. Ron hatte bisher, ohne lange darüber nachzudenken, nichts anderes geglaubt, als daß die Springer einen ihrer
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