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0106 - Der Götze von Passa

Titel: 0106 - Der Götze von Passa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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uns nur für ihren Götzen so besonders schön gemacht haben?” Von der Kammer aus wurden sie nicht mehr getragen. Sie mußten ihren Weg, der nach Ansicht der Evergreens ihr letzter war, selber gehen. Die drei Evergreens, die sie aus der Gefangenenhalle gebracht hatten, blieben hinter ihnen, um jeden Fluchtversuch zu vereiteln. Ron und seine beiden Begleiter bewegten sich zögernd, wie man es von ihnen erwartet haben würde. Der Gang war schmal und hoch, wie die Evergreens zu bauen pflegten, und völlig finster, sobald das gelbe Fackellicht aus der runden Kammer im Hintergrund verschwunden war. Die Evergreens halfen jedoch nach, sobald ihnen die Vorwärtsbewegung zu langsam wurde. Mit ihren kräftigen Armen schoben sie die Gefangenen vor sich her, bis diese von selbst ein rascheres Tempo anschlugen.
    Sie waren nicht grob. Ron bedauerte das. Was sie in ihrer erbärmlichen Lage brauchten, war eine anständige Portion Wut im Bauch. Es hatte keinen Zweck, darüber nachzudenken, daß die Evergreens doch eigentlich nette Kerle seien, mit denen man sicher gut auskommen könnte, wenn es die Springer nicht gäbe - und daß sie eigentlich selbst, die Evergreens nämlich, an dem ganzen Durcheinander gar nicht schuld wären, sondern die Springer. Aber das half nichts. Sie hatten keine Springer vor sich, sondern Evergreens. Sie mußten den Evergreens entkommen, nicht den Springern. Und wenn sie nur eine einzige Sekunde lang Mitleid mit den Schlangenwesen empfanden, dann konnte das ihren Tod bedeuten. Der Gang schien endlos lang. Die Dunkelheit machte es nicht besonders leicht, Entfernungen zu schätzen. Ron war der Ansicht, daß sie mindestens schön einen Kilometer zurückgelegt hätten, als sie das merkwürdige Geräusch zum erstenmal hörten.
    Es schien aus der Tiefe der Erde zu kommen. Es klang zuerst wie ein fremder Glockenton, dem die richtige Tiefe fehlte. Es war unheimlich und erfüllte die Herzen der Gefangenen mit primitiver Furcht. Sie blieben stehen, aber die Evergreens trieben sie weiter.
    Das seltsame Geräusch wurde deutlicher. Vor ihnen tauchte roter Lichtschein auf. Er schien aus einem kleinen Loch irgendwo weit vorne in der Finsternis zu kommen, und während sie darauf zugingen, wurde das Geräusch deutlicher. Sie erkannten schließlich, daß es die gleiche Art von Trommeln waren, die das Summen und Klingen verursachten, wie die, die sie schon im Wald gehört hatten. Lofty fing an zu jammern. Ron hatte darauf gewartet. Denn Lofty war der einzige unter ihnen, der die Trommelsprache verstand. „Freude ist unter ihnen, sagen sie”, schrie Lofty, als hätte er entsetzliche Angst, und vielleicht hatte er sie auch, „über diesen großen Tag, an dem sie ihrem Götzen die wertvollsten aller Opfer bringen. Das sind wir, kein Zweifel!” Ron nickte unwillkürlich. Er kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, was das rote Leuchten verursachte. Er sah die Helligkeit sich zuckend ändern und kam zu der Überzeugung, daß es Fackeln sein müßten, besonders präpariert, so daß sie gefärbtes Licht von sich gaben. Ron rekapitulierte blitzschnell, was er gesehen hatte, seitdem sie aus der Halle hinausgetragen worden waren. Wenn es dort vorne während der Zeremonie, die sicherlich bevorstand, eine Möglichkeit zur Flucht gab, dann blieben ihnen nur zwei Wege, auf denen sie ihr Glück versuchen konnten: Die beiden Gänge, die von der runden Kammer wegführten. Sie hatten keine Ahnung, wohin die Gänge liefen.
    Aber von dem einen, durch den sie gekommen waren, wußten sie, daß dort Hunderte von Evergreens bereitstanden, um sie wieder zu fassen. Natürlich war es möglich, daß es dort, woher das rote Licht kam, noch einen weiteren Ausweg gab. Aber Ron liebte es, sich so früh wie möglich über seine Aussichten im klaren zu sein, und Dinge, von denen er noch nichts wußte, konnte er nicht einkalkulieren. Das rote Licht kam näher. Ron spürte ein merkwürdiges Gefühl. „Haltet die Augen offen!” ermahnte er die beiden Freunde noch einmal. „Und wenn euch selber nichts einfällt, dann achtet auf mich. Klar?” „Klar”, antworteten Larry und Lofty fast gleichzeitig. Es war für lange Zeit das letzte ruhige Wort, das sie miteinander sprachen. Ein paar Schritte weiter endete der Gang. Ron hatte schon zuvor sehen können, daß er in eine Halle mündete, die ebenso kreisrund, aber viel größer war als die Kammer, in der sie für den Opfergang zurechtgemacht worden waren. In einem Punkt unterschied sie sich

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