0106 - Wir sprengten die Garde
Ausbruch. Ich hatte ihm auch deutlich genug klargemacht, dass ich ohne Anruf schießen würde.
Dann waren wir in meiner Kabine. Ken Stanley saß noch brav auf seinem Stuhl. Ich steckte meine Smith & Wesson weg.
»Die Herren kennen sich doch, oder soll ich sie miteinander bekannt machen?«
Ken Stanley schüttelte den Kopf, das Tuch vor seinem Mund flog weg. Er nahm blitzschnell die Hände nach vorn und richtete eine Maschinenpistole auf uns.
»Wir kennen uns bereits. Sparen Sie sich die Worte und nehmen Sie die Hände hoch.«
Wir waren zu verblüfft, um irgendwie zu reagieren. Es wäre auch sinnlos gewesen. Mit einer Maschinenpistole kann man zwar schlecht zielen, sie hat eine so große Streuung, dass man auf eine solche geringe Entfernung einfach treffen muss.
Phil und ich nahmen also brav die Hände in die Höhe. Aus meinem Nebenzimmer kam noch ein Mann. Er hielt ebenfalls eine Kugelspritze in den Händen.
»Schreck am Morgen bringt Kummer und Sorgen«, sagte er ziemlich geistreich.
»Sind Sie O’Connor?«, fragte ich.
»Nur seine Nasenspitze«, spitzelte der Mann. »Ich bin Ben Hay.«
Damit kannten wir also die ganze Garde bis auf O’Connor und Ferry Crosh. Leider sah es aber so aus, als ob uns dieses Wissen nicht mehr viel nützen würde.
Ken Stanley stand auf. Die Fesseln fielen einfach von ihm ab. Man hatte ihn losgebunden und die Stricke wieder so geschickt umgelegt, dass uns nichts aufgefallen war. Eine saubere Fälle. Stanley stellte sich hinter uns. Gus Ferron war etwas auf die Seite getreten und grinste mich schadenfroh an.
»Wir werden jetzt ein kleines Experiment machen«, verkündete Ben Hay. »Ich habe hier eine nette Spritze.«
Ken Stanley schien zu merken, dass sich bei mir etwas vorbereitete.
»Einen guten Rat, G-man: bewege dich nicht. Ich bekomme so leicht das Zittern in meinem rechten Zeigefinger.«
»Und ich in meinen Fäusten«, presste ich zwischen den Zähnen hervor.
»Zum Glück ist so eine Kugel schneller«, sagte Ben Hay. »Du wirst uns doch nicht unseren Spaß verderben wollen?«
Und ob ich wollte. Fieberhaft suchte ich nach einem Ausweg. Ich kam aber nicht dazu, lange zu überlegen, denn plötzlich bekam ich von hinten einen Schlag über den Schädel und verlor das Bewusstsein.
***
Als ich wieder zu mir kam, stellte ich überrascht fest, dass ich auf einem Stuhl saß. Es war derselbe, auf dem ich Ken Stanley angebunden hatte. Auch mich hatte man gefesselt.
Mir gegenüber auf einem anderen Stuhl saß Phil. Er war ebenfalls angebunden.
»Er ist wieder da«, stellte Ken Stanley fest. »Wir können anfangen.«
Ben Hay trat vor mich hin. »Pass auf, G-man, du bekommst jetzt von mir eine Spritze verpasst. Wird ein herrliches Vergnügen sein. Und dann gebe ich dir dein Schießeisen, und wahrscheinlich wirst du deinen Freund damit erschießen…«
Schweiß stand mir auf der Stirn. Es gibt gewisse heimtückische Drogen, die einen Menschen willenlos machen. Ich wusste um solche Dinge.
Ben Hay holte ein schwarzes Etui aus seiner Tasche, nahm eine Spritze heraus und hielt sie gegen das Licht.
Dann öffnete er eine Ampulle und füllte die Spitze mit einer glasklaren Flüssigkeit.
Er gab Ken Stanley einen Wink. »Streif ihm den Ärmel hoch.«
Stanley gab Gus Ferron seine Maschinenpistole und machte meinen linken Unterarm frei.
»Wenn ich ihm die Spritze gegeben habe, geh ich mit Gus fort. Du, Ken, bleibst hier und wartest, bis er den anderen erschossen hat. Dann türmst du. Binde aber auch den zweiten los, sobald er ihn hier umgelegt hat. Wenn wir alle hier warten, bis es knallt, könnte es auffallen.«
Ben Hay setzte die Spritze an, stach die Kanüle in meinen Unterarm und drückte langsam den Kolben nach unten.
Ich fühlte, wie die Flüssigkeit in meinen Körper eindrang.
Dann zog Ben Hay, die Spritze wieder zurück und verpackte sie sorgfältig. Prüfend sah er mich an und wandte sich an Stanley: »Warte zwei Minuten und binde ihn dann los. Wir gehen jetzt. Sobald das hier erledigt ist, kommst du nach.«
Er schloss die Tür auf, lauschte auf den Gang hinaus und gab Gus Ferron einen Wink.
Dann waren wir mit Ken Stanley allein.
Ich fühlte, wie das Gift in mir zu wirken begann.Von meinem linken Unterarm ausgehend breitete sich eine bleierne Schwere in meinem Körper aus.
Ken Stanley stand zwei Schritte vor mir und beobachtete mich interessiert. Langsam kam er auf mich zu, zerschnitt meine Fessel und steckte die Stricke ein. Ich versuchte aufzuspringen, eine
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