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0106 - Wir sprengten die Garde

0106 - Wir sprengten die Garde

Titel: 0106 - Wir sprengten die Garde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir sprengten die Garde
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herausgeholt hatte. Ich hielt sie hoch empor.
    »Schaut her, ihr Lieben, dieses Stückchen Blei, das ein Gangster heimtückisch von hinten seinem Kameraden in den Körper gejagt hat, war vernünftiger als wir.«
    Theresa stieß mich in die Seite. »Wenn du nicht aufhörst, platze ich bald. Das kann ja kein Mensch aushalten.«
    Ich machte eine ernste Miene. »Freunde«, redete ich weiter, wobei ich leichten Zungenschlag bekam, »Ich bin erschüttert.«
    »Bitte, weine nicht«, rief Phil, »du weißt, dass ich das nicht sehen kann.«
    »Ich bin ein Mann«, verkündete ich stolz, »nie sollt ihr eine Träne meine Wangen benetzen sehen.«
    »Das ist ja direkt poetisch«, flüsterte Theresa.
    »Ich bin nicht fürs Reden«, protestierte Kapitän Millard, »singen wir lieber ein Lied.«
    Wenn Sie Glauben, dass mit dem Lied der Höhepunkt erreicht war, dann täuschen Sie sich gewaltig. Dr. Marshall entpuppte sich als großartiger Parterreakrobat. Kapitän Millard bewies, dass er nicht nur eine laute Stimme hatte, sondern dass er auch fabelhaft singen konnte. Er gab einige Seemanssongs zum Besten, dass uns ganz weich ums Herz wurde. Theresa legte ihren Kopf an meine Schulter und weinte wie ein Schlosshund. Dann bewies Phil, dass er es in punkto Komik gut mit Bob Hope aufnehmen konnte. Wir lachten, bis uns beinahe schlecht wurde. Davon, dass wir Ferry Crosh bewachen wollten, sprach schon lange niemand mehr.
    Schließlich war es dreiundzwanzig Uhr. Phil erhob sich schwerfällig.
    »Ich gehe ins Bett.«
    Auch ich stand auf. »Ich komme mit.«
    Theresa folgte unserem Beispiel. Sie schwankte zwar auch ein bisschen, hielt sich aber erstaunlich. »Wenn ihr nichts dagegen habt, gehe ich auch.«
    Kapitän Millard lachte, »Säuglinge. Wir bleiben noch, Marshall.«
    Der Doc nickte, »Klar, dass wir bleiben…«
    Wir drei schaukelten bereits auf den Ausgang zu. Phil rechts bei Theresa untergehakt, ich links. Auf dem Gang begannen Phil und ich zu singen.
    »Nicht so laut«, schimpfte Theresa, »die anderen Passagiere wollen doch schlafen.«
    »Die wachen nicht auf«, lachte ich, »die haben doch ihr Pülverchen geschluckt.«
    »So ein süßes Schlafmittel«, echote Phil.
    Wir lachten laut und sangen ein zweites Lied. In ziemlichen Zickzackkurven steuerten wir Theresas Kabine an. Wir warteten, bis sie aufgeschlossen hatte und verabschiedeten uns dann. Dass das nicht lautlos vor sich ging, dürfen Sie mir glauben.
    Endlich hatte Theresa uns abgewimmelt und riegelte ihre Tür von innen ab. Ich wartete eine Minute und klopfte dann heftig an.
    »Was ist denn los?«, rief sie erschrocken.
    »Hast du auch abgeschlossen«, rief ich.
    »Sie hat abgeschlossen«, wandte ich mich an Phil, »dann können wir ja gehen.«
    Wir hakten uns unter und marschierten zu meiner Kabine.
    Ich hatte kaum die Tür geschlossen, als Phil sich an mich wandte: »Sag mal: How many wood would a woddchuck chuck, if a woodschuck would chuck wood.«
    Ich unterbrach ihn.
    »Warum bist du wohl betrunken?«, fragte ich erstaunt. »Wie viel ist vier mal vier?«
    »Gott sei Dank«, sagte er, »ich dachte schon dich hätte es richtig erwischt.«
    »Dann ist es gut. Dann muss es O’Connor auch glauben. Bin gespannt, wer von den Männern in der Bar es war.«
    »Ich auch«, erwiderte er. »Gehen wir?«
    »Warten wir lieber noch eine Zigarettenlänge. Wenn er uns beobachtet, steht er bestimmt noch draußen.«
    Phil war einverstanden, und wir steckten uns eine Zigarette an. Wir durften uns nicht durch eine Unachtsamkeit die letzte Chance verderben. Kurz vor 23.30 Uhr brachen wir dann auf.
    Wir lauschten erst minutenlang in den Gang hinaus. Alles blieb still. Nur eine Nachtbeleuchtung verbreitete sein mattes Licht. Dann huschten wir nach draußen. Ich schloss schnell meine Kabinentür ab. Vorsichtig schlichen wir die Gänge entlang. An jeder Ecke, an jeder Treppe warteten wir. Es begegnete uns niemand.
    Wir erreichten das Krankenzimmer, in dem Ferry Crosh lag. Die Schwester schrak zusammen, als wir so unvermutet eintraten. Erleichtert atmete sie auf, als sie uns erkannte.
    »Endlich«, sagte sie. »Er ist kein Vergnügen, allein mit einem Toten in einem Zimmer zu sein.«
    Wir setzten uns an den Tisch, auf dem eine kleine Nachttischlampe brannte.
    »Hat sich noch jemand nach Crosh erkundigt?«, fragte ich.
    »Nein, es war niemand hier. Es war mir auch ganz recht so.«
    »Haben Sie Angst gehabt?«
    »Angst wohl nicht«, sagte sie, »aber es war unheimlich. Ich weiß, dass jeden

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