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0107 - Die Geier und der Wertiger

0107 - Die Geier und der Wertiger

Titel: 0107 - Die Geier und der Wertiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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das klar?«
    Dhabi nickte. Ihr schwarzes Haar klebte auf der schweißnassen Stirn. Mit großen, sorgenvollen Augen beobachtete sie Yehudi, der auf Zehenspitzen an die halbgeschlossene Tür heranschlich.
    Ihr Herz trommelte aufgeregt gegen die Rippen. Sie malte sich schreckliche Dinge aus.
    Vielleicht war die Italienerin ermordet worden. Vielleicht würde der Mörder auch Yehudi umbringen und dann aus dem Zimmer herauskommen, um…
    Dhabi erschrak bei diesem Gedanken so sehr, daß sie heftig zusammenzuckte und zwei Schritte zurückwich.
    Yehudi erreichte die Tür.
    Er legte seine rechte Hand auf das Holz und drückte die Tür weiter auf.
    »Signorina Varese!«
    Keine Antwort.
    »Signorina Varese!«
    Abermals keine Reaktion.
    Daraufhin faßte sich Yehudi ein Herz und trat ein. Dhabi wollte ihn zurückrufen, brachte aber keinen Laut über die Lippen, hielt gespannt den Atem an.
    Mit einem Blick erkannte der Zimmerkellner, daß in diesem Raum ein Kampf stattgefunden hatte.
    Diesen Verdacht festigte vor allem der auf dem Boden liegende Stuhl.
    Yehudi suchte Donna Varese im Schrank, unter dem Bett und im Badezimmer. Er wußte nicht, ob er froh darüber sein sollte, sie nirgendwo entdeckt zu haben.
    Mit ernster Miene kehrte er zu Dhabi zurück. Ihre Augen blickten ihn fragend an.
    Er hob die Schultern. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Es gibt Kampfspuren…«
    »Dieses Verbrechen muß sofort dem Manager gemeldet werden. Komm, Yehudi. Wir suchen ihn auf.«
    Dhabi und Yehudi betraten wenig später die Räume der Hoteldirektion im Erdgeschoß.
    Der Name des Managers war Hangir. Er war ein fettleibiger, kurzatmiger Mann, der niemals ohne Zigarre anzutreffen war. Auf seiner Glatze schimmerte fast immer ein dünner Schweißfilm.
    Als Dhabi und Yehudi eintraten, wußte er sofort, daß es Unannehmlichkeiten gab.
    »Wie seht ihr denn aus?« fragte Hangir. »Ist euch in den Gängen unseres Hotels am hellichten Tag ein Geist begegnet?«
    »Dhabi wurde von einem Mann überfallen«, berichtete Yehudi.
    »Was?« Hangir sprang auf. Er riß die Zigarre aus seinem Mund.
    »Der Kerl hat Dhabi niedergeschlagen, hat sie gefesselt und geknebelt in den Schrank geschlossen und ihren Generalschlüssel an sich genommen.«
    »Wozu brauchte er den Schlüssel?«
    »Er hat sich damit – so vermute ich jedenfalls – Einlaß in Donna Vareses Zimmer verschafft.«
    »Und der Grund dafür?«
    Yehudi hob die Schultern. Als er die Kampfspuren erwähnte, die er in Donna Vareses Zimmer entdeckt hatte, stieß Hangir entschlossen hervor: »Die will ich sehen.«
    Der Manager verließ mit den beiden Angestellten die Räume der Direktion. Yehudi hatte in Donna Vareses Zimmer nichts verändert.
    Als sich Hangir darin umgesehen hatte, standen dicke Schweißperlen auf seiner Glatze.
    »Was mag hier nur vorgefallen sein?« fragte Hangir sich selbst.
    »Was ist aus Donna Varese geworden?«
    »Vielleicht hat der Mann sie entführt«, sagte Dhabi.
    Hangir zog aufgeregt an seiner Zigarre. Er nebelte sich mit dem Rauch völlig ein.
    »Kidnapping«, stöhnte er. »Wenn die Frau wirklich entführt wurde, müssen wir die Polizei verständigen. Polizei in unserem Hotel! Das hat es seit zehn Jahren nicht mehr gegeben.«
    Der Manager versuchte, für die Lösung dieses ärgerlichen Problems eine andere Möglichkeit als »Polizei« zu finden.
    Aber er sah keine.
    In fieberhafter Eile überlegte er. Er wog alle Für und Wider ab und kam zu der Erkenntnis, daß ihm die Behörden eine Menge Vorwürfe machen würden, wenn er sich nicht sofort an sie wandte.
    Schweren Herzens entschloß er sich dazu, die Polizei zu informieren, und er hoffte, daß die Beamten sich bei der Ausübung ihres Dienstes so unauffällig und diskret wie möglich benehmen würden, damit die vielen Gäste, die zur Zeit im »Taj Mahal« wohnten, sich nicht belästigt fühlten.
    Mit verdrossener Miene kehrte der Manager in sein Büro zurück.
    Dort griff er nach dem Hörer des Telefons, wählte die Nummer der Polizei und sagte: »Hier spricht Hangir, der Direktor des ›Taj Mahal‹. Ich habe ein Verbrechen zu melden…«
    ***
    Ich schlug mit dem Kruzifix zu. Klirrend zersplitterte die Wand, die den rothaarigen Mann an der Flucht gehindert hatte.
    Mit einem Satz war ich im Todeskessel neben dem Ritualforscher.
    Ich zog meinen Dolch. Blitzend zuckte die scharfe Klinge auf das Schlinggewächs zu.
    Ein Schnitt – und der Mann war frei. Er riß sich den Rest der Schlingpflanze vom Hals und schleuderte ihn

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