0108 - Das Eisgefängnis
der Chinese?« wollte der Schnauzbart wissen.
»Welcher Chinese?« Ich stellte mich dumm.
Schnauzbart nickte nur. Dann wechselte er die Pistole in die linke Hand und senkte die Mündung. Aufatmen konnte ich jedoch nicht, denn mit der rechten holte er einen schallgedämpften Revolver unter dem Overall hervor und hob ihn langsam an, bis sich die Mündung auf meinen Kopf eingependelt hatte.
Auf einmal bekam ich weiche Knie.
Schnauzbart legte seinen Zeigefinger um den Abzug und zog durch.
»Plopp«, machte es. Mehr nicht. Aber ich hörte die Kugel pfeifen, so dicht strich sie an meiner Stirn vorbei und hieb hinter mir in die Wand, wo sie ein Loch riß.
»Die nächste Kugel jage ich dir ins Bein!« versprach mir der Schnauzbart und senkte seine schallgedämpfte Waffe.
Er sah ganz so aus, als würde er seine Drohung wahrmachen.
»Noch einmal«, lächelte er, »wo befindet sich der Chinese?«
Ich hatte keine Lust, mir eine Kugel einzufangen, und sagte deshalb die Wahrheit. »Im Nebenzimmer!«
»Das stimmt?«
»Sie können ja nachsehen.«
»Nein, wir glauben dir.«
»Wer hat euch geschickt?« fragte ich. »Solo Morasso?«
Ich redete bewußt, denn ich wollte Zeit gewinnen. Vielleicht merkte Suko etwas und konnte mich aus der Patsche reißen.
Doch niemand gab mir auf meine Frage eine Antwort. Statt dessen gingen die beiden Kerle auseinander, so daß sie mich in die Zange nehmen konnten.
»Geh zur Tür!« befahl Schnauzbart. Ich zögerte. »Wird’s bald!« zischte der mit dem Igelhaarschnitt. Er durfte also auch etwas sagen.
Ich setzte mich in Bewegung. Langsam ging ich auf die Tür zu.
Meine Knie zitterten leicht. Wohl war mir nicht in der Haut. Wenn es den beiden tatsächlich gelang, mich gefangenzunehmen, dann hatte Dr. Tod seine erste Runde gewonnen.
Vielleicht war es auch die letzte – aber für mich. Die Killer hielten Abstand, und zwar so viel, daß ich mich mit einem Hechtsprung nicht aus der Gefahrenzone bringen konnte. Einen Schritt vor der Tür blieb ich stehen. »Öffnen!« hörte ich das Kommando. An der Stimme erkannte ich Schnauzbart. Ich streckte meinen Arm aus und legte die Hand auf die Klinke. Dabei spürte ich die Kühle des Metalls und dachte unwillkürlich an den Tod. Wo blieb denn Suko? Ich zog die Tür auf. Leer lag der Gang vor uns. Links befand sich das Zimmer des Chinesen. Dort ging es auch zu den Aufzügen. Ich hatte angenommen, daß wir diesen Weg nehmen würden, doch das war nicht der Fall. Die Kerle dirigierten mich nach rechts.
Nach etwa 20 Yard endete der Gang. Da es ziemlich dunkel war, sah ich die Tür erst, als ich ein paar Schritte davorstand.
»Da hinein!« wurde mir befohlen. Mir blieb keine andere Wahl, ich mußte die verdammte Tür öffnen. Doch dazu sollte es noch nicht kommen. Plötzlich vernahm ich hinter mir ein Geräusch. Dann eine Stimme.
»John!« Das war Suko. Endlich hatte er sein Zimmer verlassen. Jemand zischte einen Fluch, und aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie sich der Schnauzbart drehte.
»In Deckung, Suko!« brüllte ich, sah, daß Igelschnitt nicht aufpaßte, und gab ihm einen Tritt in die Kniekehlen.
Er fiel hin.
Gleichzeitig feuerte der Schnauzbart. Flämmchen tanzten vor der Mündung. Die Geschosse ratschten an den Wänden entlang, jaulten in Türfüllungen und peitschten auch in die Decke.
Was mit Suko geschah, bekam ich nicht mit, denn ich mußte mich verteidigen.
Der Schnauzbart führte zwar das Kommando, doch sein Kumpan war ein Bär von Mann. Kaum hatte er den Boden berührt, als er schon mit der Waffe nach mir schlug.
Der Lauf traf mich an der Schulter, und ich prallte mit dem Rücken gegen die Tür.
Mein Gegner verzog das Gesicht zu einer Comicfratze. Wieder schlug er mit der Waffe zu. Daß er nicht schoß, bewies mir, daß Dr. Tod mich unbedingt lebend haben wollte.
Ich blockte den Hieb ab.
Die Waffe knallte gegen meine hochgerissenen Arme. Dann griff ich ihn an. Ich stürzte mich förmlich in ihn hinein, blieb so dicht an seinem Körper, daß er mit seiner Waffe nicht mehr zuschlagen konnte.
Das Feuer verstummte.
Schnauzbart drehte sich, sah mich mit seinem Kumpan im Clinch und schoß seine linke Faust ab.
Sie traf mich seitlich am Kiefer. Mein Kopf spielte plötzlich Karussell. Ich ließ meinen Gegner los und kassierte von ihm einen Tritt, der mich zu Boden schleuderte.
Halb ließ man mich hochkommen, dann landete Schnauzbart erneut einen Treffer.
Ich stöhnte auf.
Plötzlich wallten Nebel vor meinen Augen. Ich
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