0108 - Das Eisgefängnis
hörte die Schreie der Gäste, die sich jetzt aus ihren Zimmern trauten, während der Kerl mit dem Igelschnitt die Tür aufzog.
Dahinter lag ein alter Fahrstuhl.
Er war sogar ziemlich groß. In einer Ecke stand ein leerer Wäschekarren.
Mit den Füßen beförderte man mich in den Fahrstuhl. Schnauzbart deutete auf den Karren.
»Hinein!«
Da ich nicht so schnell konnte, wie sie es verlangten, gaben sie mir Zunder.
Als ich endlich in dem Karren lag, schmeckte ich Blut auf der Lippe. Einer warf eine Decke über mich. Ich war mehr bewußtlos als voll bei der Sache.
Diese Hundesöhne hatten es wirklich geschafft, mich fertigzumachen.
Kein Wunder, Mafiosi gingen durch eine verdammt harte und auch rücksichtslose Schule. Mitleid oder Gnade waren für die Menschen die reinsten Fremdworte.
Der Fahrstuhl ruckte an, und ich merkte, daß es in die Tiefe ging.
Ich kniete in diesem verdammten Wäschewagen und hatte beide Hände aufgestützt. Von meiner Lippe tropfte Blut. Ich wischte mit dem Handrücken darüber. Meine Finger zitterten wie die einer alten Frau. Ich war verdammt geschafft.
Ein Ruck, und der Aufzug hielt.
Die Tür quietschte, als sie geöffnet wurde. Wie durch einen Filter drang Schnauzbarts Stimme an meine Ohren. »Hol den Kerl raus, die Luft ist rein!«
Wie einen Hasen, so packte mich der Mafioso am Nacken. Er hob mich hoch und fluchte, weil ich ihm nicht genügend Unterstützung gab. »Memme!« zischte er verächtlich.
Als ich über den Rand des Wagens kletterte, verlor ich den Halt und fiel zu Boden. Wieder zerrte mich der Igel hoch. Hinter dem Fahrstuhl begann ein kahler Betongang. Er führte direkt zu einer Tiefgarage.
Dort stand der Wagen der beiden Verbrecher.
Es war einer dieser Kastenwagen, die ich schon kannte. Morasso schien einen kleinen Fuhrpark davon zu besitzen.
Zwei weitere Mafiosi erwarteten mich. Einer hatte ein Fernglas vor der Brust hängen. Er war es wahrscheinlich auch gewesen, der mich beobachtet hatte.
Die Ladetür stand offen.
»Ihr habt verdammt lange gebraucht!« schimpfte ein grobknochiger Bursche.
Er sprach zwar italienisch, aber soviel verstand auch ich von der Sprache.
Schnauzbart sagte gar nichts, sondern beförderte mich zusammen mit seinem Kumpan auf die Ladefläche.
Der Igel blieb bei mir.
Ich lag in der Ecke, während sich der Mafioso hingesetzt hatte und mich mit seinen Kanonen in Schach hielt.
Türen schlugen, dann ruckte der Wagen an. Ich hörte das Kreischen der Reifen, so hart wurde er beschleunigt.
Durch Schlitze unter dem Dach fiel etwas Licht. Es zeichnete ein Streifenmuster auf das Gesicht meines Bewachers. Wo die Fahrt hinging, brauchte ich nicht erst lange zu raten.
Direkt in die Höhle des Löwen – zu Dr. Tod!
***
Suko kam aus dem Zimmer, schaute in den Gang hinein und sah schattenhaft die drei Gestalten an dessen Ende.
Der Chinese hatte gute Augen, und in einem der Männer erkannte er mich.
Er rief mich an.
Da reagierten die anderen Kerle. Einer wirbelte herum.
Suko sah die Waffe in dessen Hand, hörte meinen Warnschrei und warf sich zur Seite. Er hatte zum Glück die Tür noch nicht geschlossen. Mit vollem Gewicht prallte er gegen das Holz, während Geschosse durch den Gang jaulten und den Putz von Decke und Wänden rissen.
Der Chinese hatte unwahrscheinliches Glück, daß er nicht getroffen wurde. Eine Kugel hackte in das Holz und riß ein Loch. Da Suko jedoch im toten Winkel lag, wurde er nicht verletzt.
Schlangengleich kroch er zurück ins Zimmer, wo noch seine Jacke lag. In einer Tasche steckte auch seine Beretta. Er hatte sie zuvor aus dem Koffer genommen.
Der Chinese nahm die Waffe an sich und bewegte sich vorsichtig, aber auch schnell auf die Tür zu. Er atmete einmal tief durch, drehte den Kopf nach rechts und warf einen Blick in den Gang.
Er war leer!
Die Killer und auch ich waren verschwunden.
Dafür wurden zahlreiche Türen aufgerissen, und neugierige Gäste, von den Schüssen aufgeschreckt, erschienen.
Sie sahen Suko in der Tür stehen und entdeckten auch seine Beretta. Eine weißhaarige Frau bekam große Augen und begann spitz und grell zu schreien, bevor sie nach hinten kippte und dabei in Ohnmacht fiel.
Suko zögerte nur eine Sekunde.
Er konnte nicht den gleichen Weg nehmen, den auch die Verfolger gegangen waren, bis der Fahrstuhl wieder hochgekommen war, ging zuviel Zeit verloren.
Der Chinese raste zu den normalen Lifts.
Einer stand gerade oben. Suko riß die Tür auf, sprang hinein und drückte auf den
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