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011 - Die Amazonen von Berlin

011 - Die Amazonen von Berlin

Titel: 011 - Die Amazonen von Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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jedoch verbittert und so unselbstständig wie ein verzogenes Kind.
    Er zeigte auf die Kriegerinnen. »Meinst du, wir könnten etwas mehr Privatsphäre bekommen?«
    Absichtlich hatte er die Frage auf Englisch gestellt, aber seine Hoffnung, allein dadurch Jennifers Gedächtnis zurückzubringen, zerschlug sich.
    Sie sah ihn nur irritiert an. »Du solltest dich meiner Sprache bedienen, wenn du verstanden werden willst, Lofre.«
    Matt wiederholte resigniert seine Bitte in der Sprache der Wandernden Völker.
    Jennifer lachte humorlos. »Hältst du deine Königin für dumm? Vergiss nicht, dass ich deinen Kampf gegen den Sebezaan gesehen habe. Nur eine Idiotin würde sich darauf einlassen, allein mit dir in einem Raum zu bleiben. Dafür bist du viel zu gefährlich.« Sie setzte sich auf das Felllager und winkte Matt ungeduldig zu sich. »Und jetzt komm endlich zu mir. Wisse, dass ich daran keinen Gefallen finden werde. Ich teile mein Lager nur mit dir, weil es zum Wohle des Stammes ist.«
    »Du weißt wirklich, wie man einem Mann Komplimente macht«, entgegnete Matt trocken. Eine der Kriegerinnen am Eingang kicherte und wurde von einer anderen mit einem Ellbogenstoß zurecht gewiesen.
    Matt legte seine Sachen ab und setzte sich neben Jennifer. Er versuchte den Gedanken an das weibliche Publikum zu verdrängen, nahm seine ehemalige Kollegin in die Arme und zog sie sanft auf die Felle. Er wollte nicht mit ihr schlafen, aber in dieser Situation sah er keinen anderen Ausweg.
    Die Zeile eines Songs von The Clash zog fast unbewusst an seinem inneren Ohr vorbei.
    »Should I stay or should l go ? If I stay there will be trouble, if I go it will be double…«
    Der Mann wusste gar nicht, wie Recht er hatte, dachte Matt.
    Argwöhnisch beobachteten ihn die Kriegerinnen, während seine Hände über Jennifers Leib glitten. Er hätte nicht gedacht, dass er in einer solchen Situation überhaupt zur Liebe fähig war, doch der nackte Körper erregte ihn fast wider Willen.
    »Jenny«, flüsterte er ihr auf Englisch ins Ohr.
    »Ich bins: Matt. Commander Matthew Drax. Erinnerst du dich? Du bist Jennifer Jensen aus Quebec, Kanada. Dein Cousin Robert und seine Frau haben ihr erstes Kind nach dir benannt. Du warst in einem Jet, als der Komet ›Christopher- Floyd‹ auf der Erde einschlug. Dabei ist etwas passiert, das dir dein Gedächtnis geraubt hat. Komm schon, Jenny, das musst du doch noch wissen…!«
    Immer weiter redete er auf sie ein, während er auf ihr zu liegen kam und sanft in sie eindrang. Doch Jennifer schien seine Worte noch nicht einmal zu verstehen. Sie reagierte nicht auf seine Stimme, sondern nur auf seinen Körper.
    »Mensch, Canucklehead«, drängte Matt und benutzte dabei den Spitznamen, den sie wegen ihrer kanadischen Herkunft auf dem Stützpunkt bekommen hatte, »lass mich jetzt nicht im Stich!« Dabei kam er weiterhin seiner »Pflicht« nach.
    Als Jenny die Augen aufriss und aufstöhnte, dachte er zunächst, es wäre der Orgasmus, der sie überkam. Doch plötzlich war da etwas in ihrem Blick, das tiefer ging. Etwas, das von Grund ihrer Seele kam.
    »Matt…«, flüsterte sie, als die Erinnerungen auf sie einstürmten.
    ***
    Fünf Monate zuvor
    »O mein Gott«, stöhnte Professor David McKenzie, »was ist denn hier passiert?« Lieutenant Jennifer Jensen kniff die Lippen zusammen. Die gleiche Frage stellte sie sich auch. Der Jet flog die mittlerweile dritte Schleife über Berlin, aber das Bild veränderte sich nicht.
    Die Stadt lag in Trümmern. Jennifer starrte auf ein Meer von geschwärzten Ruinen, zwischen denen sich das blaue Band der Spree hindurch wand. Ein furchtbarer Brand musste in Berlin getobt haben.
    Aber wann?, fragte sich die Pilotin fassungslos.
    Selbst aus der Luft konnte sie die wild wuchernde Vegetation sehen, von der die Trümmer bedeckt waren. Der Anblick erinnerte sie an Luftaufnahmen versunkener Städte im Regenwald - aber diese Kulturen waren vor Hunderten von Jahren untergegangen. Die Jetstaffel, der Jennifer angehörte, war jedoch vor weniger als einer Stunde in Köpenick gestartet.
    »Professor?«, fragte sie über den Bordfunk.
    »Haben Sie eine Erklärung für das, was wir sehen?«
    Der Astrophysiker lachte bitter. »Ich habe noch nicht einmal eine Erklärung dafür, warum wir noch leben. Wenn Sie mich fragen, müssten wir so tot sein wie diese Stadt dort unten.«
    Oder wie Matt und die anderen, dachte Jenny mit einem Schaudern. Während sie selbst um die Kontrolle ihres Jets gerungen hatte, war

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