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011 - Die Amazonen von Berlin

011 - Die Amazonen von Berlin

Titel: 011 - Die Amazonen von Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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fast das Bewusstsein. Warmes Blut lief über ihr Gesicht. Die Umgebung verschwamm.
    McKenzies verzweifelter Aufschrei brachte sie zurück in die Gegenwart. Benommen sah sie, dass der Astrophysiker einige Meter entfernt zu Boden gegangen war. Die Gestalten hatten einen Kreis um ihn gebildet und schlugen mit Steinbrocken und Keulen auf ihn ein. Das Geräusch splitternder Knochen ließ Jennifer würgen. Sie versuchte sich aufzusetzen, aber ihr Körper verweigerte ihr den Dienst. Alles drehte sich.
    McKenzies Schreie rissen ab. Wie durch einen Nebel sah Jennifer die Zerlumpten. Sie wandten sich von ihrem reglosen Opfer ab und kamen langsam auf sie zu.
    Der Erste von ihnen, ein sabbernder Jugendlicher, dessen haarloser Kopf von Ekzemen bedeckt war, kniete sich vor Jennifer und berührte ihre Wange mit seinen Fingern. Er kicherte irr.
    Plötzlich wurde er wie von einer unsichtbaren Macht zurück gerissen. Sein Körper fiel zu Boden. In seiner Brust steckten zwei Pfeile!
    Die Gestalten kreischten. Mit schwindendem Bewusstsein sah Jennifer Frauen, die amazonenhaft auf Riesenkatzen ritten. Zwei der Frauen lenkten ihre Reittiere zu Jennifer und stellten sich schützend vor sie Pfeile, Speere und Schwerter schlugen eine Schneise in die Gruppe der Verunstalteten. Ein paar der Gestalten versuchten zu fliehen, wurden aber schon nach wenigen Metern niedergestreckt. Die anderen fanden den Tod im Kampf.
    Jennifer schloss die Augen. Das Letzte, was sie spürte, bevor die Dunkelheit sie umhüllte, war eine tiefe Dankbarkeit für die Frauen, die sie gerettet hatten. Auch wenn sie McKenzie nicht mehr hatten helfen können…
    ***
    »Als ich wieder zu mir kam«, fuhr Jennifer fort, »war ich wie leer. Es gab keinerlei Erinnerung mehr. Die Frawen mussten mir alles wie einem Kind neu beibringen. Ich lernte wieder zu gehen und zu sprechen. Und eines Tages führte mich die Mutter zur Statue von Qadra und erklärte mir meine Bestimmung. Wegen der Flügel auf meiner Uniform hielten sie mich für eine göttliche Gesandte. So wurde ich ihre Königin.«
    Matt nickte und lehnte sich zurück. Nachdem ihr Gedächtnis zurückgekehrt war, hatte Jennifer die Kriegerinnen aus dem Raum geschickt. Es war den Frauen anzusehen, dass sie mit dem Befehl nicht einverstanden waren, aber sie wagten es nicht, dagegen zu protestieren.
    Jennifer war verständlicherweise verwirrt über die neue Welt, in der sie sich nach ihrer Amnesie plötzlich wiederfand. Die Eindrücke stürmten so unvermittelt auf sie ein, als wäre sie gerade erst hier eingetroffen. Matt nahm sich die Zeit, ihr seine Erkenntnisse und Vermutungen zu erläutern. Während er redete, warf er immer wieder nervöse Blicke zum Eingang. Er fürchtete, dass die Mutter Verdacht schöpfte, wenn der Akt länger als erwartet dauerte.
    Matt und Jenny hatten sich wieder vollständig angezogen.
    Beiden war die Situation, in die sie geraten waren, so peinlich, dass sie eine stumme Absprache getroffen hatten, nicht darüber zu reden.
    Jennifer legte eine Hand auf den Arm ihres Kameraden. »Ich habe mich wie ein Scheusal benommen. Es tut mir Leid.«
    »Vergiss es. Du warst nicht du selbst. Ich bin froh, dass wenigstens du noch lebst.«
    »Heißt das, du hast die anderen gefunden?«, fragte Jennifer, der seine Wortwahl nicht entgangen war.
    »Chester und Smythe sind tot«, entgegnete Matt knapp. »Und nach dem, was du erzählt hast, ist auch McKenzie drauf gegangen. Was mit Hank geschehen ist, weiß ich noch nicht. Er hat sich von Rom aus nordwärts gehalten. Aber es ist wohl illusorisch, ihn in dieser Welt finden zu wollen. Es sei denn, er schlägt sich ebenfalls nach Berlin durch.«
    Jennifer schwieg einen Moment und verdaute die Nachricht.
    »Das bedeutet«, sagte sie dann, »von denen, die hier gelandet sind, leben vielleicht nur noch du und ich.«
    Sie stand auf, ging zu einem flachen Tisch und trank einen Schluck Wasser aus einer Tonschale. Matt konnte sehen, dass etwas sie beschäftigte. Sie drehte sich um und sah ihn ernst an. »Der Jet, mit dem ich und McKenzie gelandet sind, steht immer noch auf dem Rollfeld. Ich weiß nicht, wie viel Treibstoff noch in den Tanks ist, aber es reicht in jedem Fall für eine Flucht aus Beelinn… ich meine, Berlin. Du kannst ihn haben, wenn du möchtest.«
    »Wenn ich möchte?«, fragte Matt verdutzt.
    »Willst du etwa hier bleiben?«
    Jennifer nickte. »Wie du schon sagtest: Jemand sollte hier sein, wenn Hank es nach Berlin schafft. Aber das ist nicht der einzige Grund.«

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