011 - Die Amazonen von Berlin
oberen Ende des Schachts mit dem Speer getan hatte.
»Hilf mir, Dula.«
Die Angesprochene löste ihren Blick von der leuchtenden Röhre und wischte sich mit der Hand über die Augen, um die Flecken zu vertreiben. Dann stemmte auch sie sich gegen das Schwert.
Zischend öffneten sich die Türen.
Barah und Dula traten unwillkürlich einen Schritt zurück, als sie den hell erleuchteten weißen Gang sahen.
»Wir sind in die Welt der Götter eingedrungen«, flüsterte Dula ehrfürchtig.
Barah schluckte.
»Alles in Ordnung?«, klang die Stimme einer Frawe von oben.
»Ja«, entgegnete Barah nach kurzem Zögern.
»Ihr könnt runter kommen.«
Dula sah sie zweifelnd an. »Was, wenn die Götter uns für unser Eindringen bestrafen?« Barah hob die Schultern und erwiderte den Blick. »Dann werden sie es tun. Wir können es nicht ändern. Aber vielleicht gefällt es den Göttern, dass wir dem Frevler bis in seine Heimat gefolgt sind. Schließlich haben sie bisher nicht versucht, uns aufzuhalten.«
Sie nahm ihren Mut zusammen und setzte einen Fuß in den Gang.
Kein göttlicher Blitzstrahl traf sie. Erleichtert ging sie weiter. Sie hörte, dass die anderen nach und nach in dem kleinen Raum ankamen. Nur zwei Kriegerinnen würden oben als Wache zurück bleiben.
Barah drehte sich zu ihren Mitstreiterinnen um. Sie wirkten ängstlich, aber auch entschlossen, den Frevler zu fassen. Sein Verbrechen war zu groß, um es ungesühnt zu lassen.
»Kommt«, sagte Barah.
Und die Frawen folgten im Laufschritt.
***
Matt musste sich zusammenreißen, um nicht jeden einzelnen Raum zu durchsuchen. Das Rätsel dieses leeren Schutzbunkers brannte ihm unter den Nägeln. Nur Aruulas offensichtliches Unbehagen hielt ihn davon ab, sich näher damit zu beschäftigen.
Der Eindruck, den er in der Messe gewonnen hatte, täuschte nicht. Die Anlage war gewaltig.
Matt schätzte, dass sie die Grundfläche des ehemaligen Reichstags längst verlassen hatten und sich irgendwo unter der Stadt befanden. Er hoffte nur, dass sich der Ausstieg an einer markanten Stelle befand, die er wieder erkannte. Sonst würde es möglicherweise noch eine lange Odyssee bis zum Stützpunkt.
Der Gang, den sie gewählt hatten, führte sie an einem Schlafsaal vorbei. Durch die offene Tür sah Matt Reihen von Etagenbetten, auf denen Decken und Kissen fein säuberlich gestapelt lagen. Alles sah aus, als warte der Raum nur auf seine Bewohner.
Matt bog um eine Ecke - und blieb so abrupt stehen, dass Aruula gegen ihn prallte.
Die rechte Seite des Gangs war verglast. Dahinter befand sich ein großer Raum voller Computer. Auf das Glas hatte jemand die Worte
»Wir sind verdammt!« geschrieben. Die Schrift war bräunlich und Matt hegte den Verdacht, dass es sich um getrocknetes Blut handelte.
»Etwas sehr Schlimmes ist hier passiert«, sagte Aruula leise.
Matt nickte und öffnete die Tür des Kontrollraums. Die meisten der Computer schienen noch zu funktionieren, aber die Bildröhren der laufenden Monitore hatten längst ihren Geist aufgegeben. Vor einem Tisch lag ein umgestürzter Stuhl. Daneben befand sich ein großes Kontrollpult mit verschiedenfarbig leuchtenden Knöpfen, Hebeln und Digitalanzeigen.
Matt blieb davor stehen. Das Pult war mit Abkürzungen beschriftet, die für ihn keinen Sinn ergaben. Nur einige Hinweise konnte er lesen. Anscheinend wurden von dieser Kontrolleinheit die Überwachungskameras auf der Oberfläche gesteuert.
Matts Blick blieb an einem schmalen Metallhebel hängen. Entry Lock stand darüber. Der Hebel war in der Position On.
Dem Amerikaner lief es kalt den Rücken herunter, als er die Zusammenhänge verstand.
Es war kein Wunder, dass der Bunker so unbenutzt wirkte, als habe ihn nie jemand bewohnt. Wer auch immer sich hier unten befunden hatte, er hatte die Eingänge verriegelt, bevor jemand in den Schutzbunker fliehen konnte. Der Aufzug hatte wohl auch nur funktioniert, weil er zu einem internen System gehörte und keinen Kontakt zur Oberfläche hatte.
In seinen Gedanken sah Matt die verzweifelten Menschen, die sich vor dem Reichstag versammelten, während der Schatten des Kometen über ihnen die Sonne verdunkelte.
Das Entsetzen, das sie befallen haben musste, als sie erkannten, dass sie der Katastrophe schutzlos ausgeliefert waren, war kaum vorstellbar.
Warum hatte jemand so etwas getan?
»Du hast Recht«, sagte er zu Aruula. »Hier ist etwas wirklich Schlimmes geschehen.«
Sie verließen den Kontrollraum und gingen weiter den Gang
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