011 - Die Mühle des Unheils
anwenden?«
Er schluckte. »Du bist jetzt sehr kräftig, nicht wahr?«
»Allerdings. Du hättest keine Chance gegen mich.«
»Ich werde trotzdem nicht mit dir gehen, Nancy.«
»Yora, die Totenpriesterin, hat mir aufgetragen, dich zu ihr zu bringen, und ich werde es tun, ob es dir nun paßt oder nicht!«
zischte Nancy Rubin. Sie kam langsam näher. Ihre Bewegungen waren so geschmeidig wie die einer Wildkatze. »Yora will deine Seele haben. Du hättest die Mühle des Unheils nicht betreten dürfen. Damit hast du dein Leben verwirkt.«
Luckett wich ängstlich zurück. Nancy war kein Mensch mehr. Sie war eine Furie. Eine Bestie. Ein Höllenwesen. Die schwarze Macht hatte sie zur eiskalten Mörderin gemacht.
Dem Makler fiel auf, daß er immer noch die Scotchflasche in der Hand hielt. Er schlug sie auf den Tisch. Sie zersplitterte. Scotch spritzte hoch. Glasscherben klirrten auf den Boden. Luckett hielt nur noch den Flaschenhals in der Hand.
Sie aber lachte nur. »Du kannst mir nichts anhaben, Seymour. Hast du mich nicht sterben sehen? Was willst du mit mir noch anstellen? Zweimal töten kann man mich nicht.«
Wahrscheinlich hatte sie recht, aber er tat den Glasscherben trotzdem nicht weg.
Er brauchte eine Waffe, um nicht den Verstand zu verlieren.
Immer näher kam sie.
Er stieß mit dem Rücken gegen die Wand. Nun mußte er sich zum Kampf stellen.
Seine Nerven vibrierten. Eine fürchterliche Angst peinigte ihn, und die Gewißheit, daß er diese Frau niemals besiegen konnte. Sie griff ihn an. Beide Hände hob sie hoch und stürzte sich auf ihn. Er zuckte zur Seite und stieß mit dem Glas zu. Sie drehte sich. Der Flaschenhals rutschte aus seinen Fingern, Nancy fegte das Glas wild fort.
Fauchend stürzte sich Nancy Rubin erneut auf ihn.
Er stieß ihre Arme zur Seite und hetzte an ihr vorbei. Sie stellte ihm ein Bein. Er schlug lang hin, kämpfte sich atemlos wieder hoch, packte einen Stuhl und hieb ihn ihr auf den Schädel. Das Holz brach. Nancy riß ihm den Stuhl aus den Händen. Er blieb nicht stehen, sondern wirbelte herum. Er kämpfte nur, wenn er keine andere Wahl hatte.
Jetzt hatte er eine.
Flucht!
Keuchend verließ er den Salon. Er stürmte aus dem Haus. Nancy war ihm dicht auf den Fersen. Da packte ihn die Panik von neuem mit eiskalten Fingern, denn vor dem Haus warteten die Schatten auf ihn!
***
Gena Wadsworth umklammerte ihren Vater und preßte ihn fest an sich. »Daddy, o Daddy«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. Sie war zutiefst betroffen, weil das Böse so leicht von ihrem Vater Besitz ergreifen konnte. Hatte ein Mensch wirklich so wenig Chancen gegen die schwarze Macht?
Ich half dem Antiquitätenhändler auf die Beine. »Tut mir leid, daß ich Sie niedergeschlagen habe, Mr. Wadsworth«, sagte ich.
»Sie mußten es tun«, sagte er. »Ich hätte Vicky Bonney sonst zu Yora, der Totenpriesterin, gebracht.«
»Sie wissen, was geschehen ist?«
»Jede Einzelheit«, sagte Wadsworth. »Ich mußte so handeln. Ich hatte keinen eigenen Willen.«
»Das ist klar. Wodurch wurde diese Veränderung bewirkt?«
»Es zog mich zum Fenster. Ich schaute zur Eiche, und da erschien mir dieses Gesicht wieder in der Krone des Todesbaums.«
»Yora«, sagte ich in Mr. Silvers Richtung. »Nicht Oda.«
»Aber sie sieht genauso aus wie unsere Oda«, erwiderte der Ex-Dämon. Vicky löste sich von ihm. »Geht es dir wieder besser?« fragte der Hüne fürsorglich.
»Ja«, sagte Vicky. Sie konnte wieder auf ihren eigenen Beinen stehen. An ihrer Kehle war ein roter Strich zu sehen. Zum Glück nicht mehr.
Ich wandte mich an Earl Wadsworth, der sich ächzend setzte.
»Yora nahm also Kontakt mit Ihnen auf. Was weiter?«
»Sie befahl mir, Vicky Bonney zu überwältigen und ins Krematorium des Grauens zu bringen!«
»Ließ sie Sie wissen, wo sich dieser Dämonenhort befindet?« hakte ich sofort ein.
Stille herrschte mit einemmal im Raum. Alle warteten gespannt auf Earl Wadsworths Antwort.
Er nickte langsam. »Ja, Mr. Ballard. Ich weiß jetzt, wo das Krematorium der Dämonen ist.«
»Wo?« bohrte ich tiefer.
»In der Mühle des Unheils«, sagte der Antiquitätenhändler, und im selben Moment schien die Welt unterzugehen…
***
Hinter sich hatte er Nancy Rubin, die gefährliche Furie, vor sich die unheimlichen Schatten. Er hatte von Anfang an befürchtet, daß er verloren war. Nun wurde es für ihn zur unverrückbaren Tatsache.
Auch seine Seele würde im Krematorium des Grauens verschmoren, dieses Schicksal
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