011 - Die Mühle des Unheils
Antiquitätenhändler.
Ich lächelte. »Richtig mühsam wird es erst werden, wenn wir den Dämonenhort gefunden haben, denn dann geht’s rund.«
Gena erklärte uns, wie sie uns unterbringen wollte. Mr. Silver sollte ein Zimmer allein bekommen, und für mich war noch Platz in Vicky Bonneys Zimmer, was mir selbstverständlich nicht unangenehm war.
Aber so schnell sollten wir kein Bett zu sehen kriegen, denn die Gegenseite leierte ihre erste Aktion gegen uns an, ohne daß es uns auffiel. Vielleicht hätte Mr. Silver davon Wind gekriegt, wenn ihm noch seine außergewöhnlichen Fähigkeiten zur Verfügung gestanden hätten, doch so war er genauso ahnungslos wie wir alle.
Wir dachten uns nichts dabei, als sich Earl Wadsworth erhob.
Ein Ruf hatte ihn erreicht. Er hörte ihn nicht, fühlte ihn nur. Es zog ihn zum Fenster, während wir durcheinanderredeten. Wir beobachteten den Antiquitätenhändler nicht, hätten es aber tun sollen, denn es bahnte sich Schlimmes an.
Wadsworth trat ans Fenster. Gebannt blickte er den Todesbaum an, der dem Haus nähergerückt zu sein schien. Wie eine drohend erhobene schwarze Faust sah die mächtige Krone aus.
Und in ihr erschien wieder dieses Mädchengesicht.
Yora, die Totenpriesterin, nahm neuerlich Kontakt mit dem Antiquitätenhändler auf. Ihr Blick brannte sich in seine Augen. Er vermochte sich der hypnotischen Kraft der grünen Augen nicht zu entziehen. Yora ergriff eiskalt von seinem Geist Besitz, unterstellte ihn ihrem grausamen Willen und erteilte ihm einen Befehl.
Er konnte nur eines tun: ihn ausführen!
***
Seymour Luckett zitterte wie Espenlaub. Plötzlich zuckte er wie unter einem Stromstoß zusammen. Sie waren da! Die Verfolger! Sie mußten sich in seiner Nähe befinden! Er spürte sie! Wie hatte er denken können, hier vor ihnen sicher zu sein? Natürlich wagten sie sich auch nach Alton. Warum nicht? Wer sollte sie daran hindern?
Und wer sollte sie davon abhalten, ihn, Luckett, aus seinem Haus zu holen? Sie würden ihn von hier fortschleppen, und vielleicht würden es die Nachbarn nicht einmal wissen. Sie würden ihn in die Mühle des Unheils schaffen und ihn auf den Altar des Schreckens legen, wie sie es mit Nancy Rubin gemacht hatten.
Und das Mädchen im Blutornat würde ihm mit dem Seelendolch…
O Gott.
Er trank wieder, doch der Scotch erzielte nicht die gewünschte Wirkung. Lucketts Angst war einfach zu groß. Er würde auch mit Hilfe des Alkohols nicht mit ihr fertig werden. Aufgewühlt sprang er aus dem Sessel. Er war zwar noch erschöpft, aber er konnte nicht länger stillsitzen. Die Schatten schlichen wahrscheinlich um sein Haus. Wie lange würde es dauern, bis sie sich Einlaß verschafften.
Oder befanden sie sich bereits unter seinem Dach?
Auch das war möglich. Nichts und niemand konnte denen Einhalt gebieten.
Luckett eilte zum Fenster. Er strengte seine Augen an.
Da! Eine Gestalt! Eine Frau!
Die Kopfhaut des Maklers zog sich mit einemmal schmerzhaft zusammen. Er hatte Nancy Rubin erkannt. Himmel, wie war das möglich? Wie konnte er sie sehen, wo er sie doch auf dem Altar des Schreckens sterben gesehen hatte? Mehr noch – er hatte miterlebt, wie ihre Seele im Krematorium des Grauens verbrannte. Das Höllenfeuer hatte sie gefressen. Es war unmöglich, daß Nancy Rubin ohne Seele…
Moment.
Ihre Seele war verbrannt. Der Körper war auf dem Altar liegengeblieben. Eine leere Hülle. Was hatten die Dämonen da hinein getan?
Seymour Luckett fuhr sich über die Augen. Erst jetzt fiel ihm auf, daß vor Nancy Rubin jemand lag. Eine reglose Gestalt. Die junge Frau bückte sich, ergriff die Beine des Menschen und zog ihn hinter den Zierstrauch. Für einen Augenblick konnte der Makler das Gesicht sehen.
Sergeant Harry Mason war das. Nancy hatte ihn zweifellos umgebracht, und jetzt wandte sie ihr fahles Gesicht direkt ihm zu!
***
Luckett prallte erschüttert zurück. Nancy stand jetzt auf der anderen Seite. Sie war gegen ihn, und sie war bestimmt gekommen, um ihn zur Mühle zu holen. Vermutlich hatte sie ein paar Schatten in der Hinterhand. Was sollte er tun? Die Haustür war zwar abgeschlossen, aber war das eine Garantie dafür, daß Nancy draußenblieb? War es für Nancy Rubin nicht ein leichtes, die Tür aufzubrechen, jetzt, wo sie zu den andern gehörte?
Der Makler flehte alle Heiligen an, sie sollten ihm beistehen.
Nancy Rubin – eine eiskalte Mörderin!
Vielleicht würde sie sich nicht die Arbeit antun, ihn zur Mühle des Unheils zu bringen.
Weitere Kostenlose Bücher