011 - Die Nacht der Affen
doch seine Glieder gehorchten ihm nicht. Vor seinen Augen verschwamm erneut alles. Es war, als würde er durch eine Kamera sehen, die in rascher Folge das Objektiv wechselte. Einmal sah er alles ganz nah, dann entfernten sich die Gegenstände wieder. Der Boden schien sich zu bewegen, die Käfigstangen verbogen sich und dann kam die Decke herunter.
Dave wollte schreien, konnte jedoch nicht. Er schloss die Augen. Grüne Kreise zuckten vor ihm auf, dann Rechtecke, die sich langsam drehten, immer größer wurden und schließlich zerplatzten.
Er riss die Augen wieder auf. Es war dunkel. Sie hatten das Licht ausgeschaltet.
Er hatte Durst, ganz entsetzlichen Durst. Schweiß rann über seine Stirn. Die Zunge fühlte sich geschwollen an.
Dave wollte aufstehen. Der Wasserbottich war nur einen halben Meter entfernt. Doch Dave kam nicht hoch. Im Sitzen schlief er ein.
Sein Schlaf war unruhig. Immer wieder schreckte er auf, doch die Wirkung der Droge hatte noch nicht nachgelassen; er konnte sich noch immer nicht bewegen.
Dann hörte er die Schreie. Unmenschliche Schreie, die ihm durch Mark und Bein gingen. Es war ihm, als wäre es Vickys Stimme gewesen.
Die Affen scharrten unruhig im Stroh, doch keiner gab einen Laut von sich.
Als Dave erneut wach wurde, war es heller im Raum. Eine Fledermaus hing an einem der Deckenbalken. Aufmerksam drehte sie den hässlichen Schädel.
Dave fühlte sich unendlich müde, doch die Lähmung war vorüber. Er kniete nieder und arbeitete sich auf den Wasserbottich zu. Alles in ihm lechzte nach Wasser. Endlich erreichten seine Hände das Gefäß. Er hob es hoch, setzte es an, knallte es aber gleich wieder wütend auf den Boden. Es war leer. Nicht ein einziger Tropfen Wasser befand sich darin.
Verbittert warf sich Dave auf den Bauch. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Alles drehte sich um ihn. Es war, als wäre er in einem Flugzeug eingesperrt, das immer wieder durchsackte.
Dave stöhnte und wälzte sich erschöpft auf die andere Seite. Das Gesicht Vicky Fairlands tauchte vor seinem geistigen Auge auf. Er sah den geöffneten Mund, und ihre Schreie hallten in seinen Ohren wider.
Verzweifelt krallte er seine Hände in das Stroh, und ein heiserer Laut kam über seine Lippen.
Dann wechselte das Bild. Jetzt sah er Elenore, die schöne Begleiterin Ragors. Sie lächelte ihm zu, doch gleich darauf löste sich ihr Gesicht auf und entschwand in einer blutroten Wolke.
Die Affen begannen sich zu bewegen. Einige standen auf. Einer knurrte laut.
Dave hob den Kopf. Er konnte wieder normal sehen.
Der Affe aus dem Nebenkäfig starrte ihn an.
Dave packte seinen Bottich, stand torkelnd auf, taumelte an das Gitter und hob das Gefäß an.
»Kannst du mir etwas Wasser geben?« bat er.
Der Affe schüttelte den Kopf, sprang zurück, rannte auf sein eigenes Gefäß zu, hockte sich nieder und legte einen Arm darum. Er sah Dave böse an und bellte leise.
»Ich gebe es dir später zurück«, versprach Dave.
Seine Worte waren ein fast unverständliches Krächzen.
Doch der Affe wollte nicht. Er brüllte durchdringend. Es war zwecklos, stellte Dave fest. Er würde kein Wasser bekommen.
Resigniert ging er im Käfig auf und ab. Er musste in Form bleiben. Er durfte sich nicht von der Droge unterkriegen lassen, denn vielleicht würde sich doch noch eine Möglichkeit zur Flucht ergeben.
Ein Mann kam die Treppe herunter. Er trug eine riesige Kanne und ein Büschel Bananen. Dave sah, wie die Affen ihre Bottiche neben das Gitter stellten.
Der Mann warf Dave einen kurzen Blick zu und begann mit der Fütterung. Jeder Affe bekam drei Bananen und etwas Wasser. Vor Daves Käfig blieb der Mann stehen.
»Sie bekommen nichts«, sagte er. »Sie müssen fasten.«
»Ich verdurste«, krächzte Dave. »Geben Sie mir wenigstens etwas Wasser!«
Der Mann hörte nicht auf Dave. Er packte seine Kanne und stieg die Stufen hinauf.
»Wasser!« lallte Dave. »Bitte!«
Der Mann drehte sich um. Ein böses Lächeln umspielte seine Lippen. Er stülpte die Kanne um und ließ das restliche Wasser die Stufen herab rinnen.
Dave ballte in ohnmächtiger Wut die Hände und streckte die Zunge heraus.
Der Mann lachte und verschwand.
Dave presste den Kopf gegen die Gitterstäbe. Er musste Fieber haben. Sein ganzer Körper glühte. Das kalte Eisen tat ihm gut. Er schloss die Augen und atmete schwer.
Du darfst dich nicht unterkriegen lassen, sagte er sich. In der Droge war wahrscheinlich etwas gewesen, was sein Durstgefühl steigerte. Sie
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