011 - Die Nacht der Affen
hin. Blitzschnell griff Dave zu und ließ dann seine vier Schlüssel in die Hand des Affen fallen.
Es war aber gar nicht so einfach, an das Schloss zu kommen, da man er nicht von innen aufsperren konnte. Er schob den Arm durch das Gitter und verdrehte die Hand, kam aber nicht ans Schlüsselloch. Keuchend zog er die Hand zurück, betrachtete aufmerksam das Gitter und steckte dann die rechte Hand in die Höhe des Schlosses durch die Stäbe und drehte den Arm nach rechts. Diesmal erreichte er das Schlüsselloch zwar, doch hielt er den Schlüssel verkehrt. Als er ihn umdrehen wollte, fiel er ihm aus den Fingern. Er landete mit lautem Knall auf dem Steinboden und sprang mehr als einen halben Meter weit weg.
Fluchend kniete Dave nieder und streckte die rechte Hand durchs Gitter, aber so sehr er sich auch bemühte, er konnte den Schlüssel nicht erreichen. Mit glühenden Augen starrte er ihn an. Dann sah er sich im Käfig um und fand unter dem Stroh ein kleines Holzplättchen, mit dessen Hilfe er den Schlüssel tatsächlich berühren konnte. Aber da hörte er Schritte. Der Schweiß rann ihm in Strömen übers Gericht. Im allerletzten Moment gelang es ihm, den Schlüssel näher heranzuziehen. Rasch steckte er ihn in die Tasche und ließ sich flach auf den Boden fallen.
Der Wärter stand auf der obersten Stufe und sah auf die Käfige herab.
»Wasser!« stöhnte Dave. »Wasser!«
Der Mann schüttelte den Kopf und verschwand.
Auf atmend machte sich Dave wieder ans Schloss heran. Seine Hand zitterte. Nach einigen Versuchen musste er eine kurze Pause einlegen, doch schließlich hatte er den Schlüssel in den Zylinder geschoben. Er drehte ihn einmal um, und da die Tür nicht nachgab, noch ein zweites Mal. Das Tor öffnete sich.
Erleichtert trat Dave auf den schmalen Korridor hinaus, drückte das Tor zu und sperrte ab. Den Schlüssel steckte er in seine rechte Hosentasche.
Die Affen bellten aufgeregt.
»Seid still!« sagte Dave. »Ich hole Hilfe. Keinen Laut!«
Sie gehorchten, drängten sich an die Gitterstäbe und sahen
Dave an.
»Ich hole euch hier heraus«, versprach er grimmig.
Er fischte das Kreuz aus seiner Rocktasche und nahm es in die linke Hand. Die Wunde der rechten Hand war aufgebrochen, der Verband blutgetränkt.
Geduckt schlich Dave auf die Stufen zu. Sie führten zu einem schmalen Gang mit vielen Türen.
Seine Schuhe klapperten auf dem Steinboden. Erschrocken hielt er inne, zog sie aus und schlich dann weiter auf die erste Tür zu. Er presste den Kopf gegen die Türfüllung, konnte aber nichts hören. Durch die zweite Tür drang Stimmengemurmel. Eine der Stimmen gehörte dem Wächter. Rasch lief Dave weiter. Er hielt den Atem so lange an, bis er glaubte seine Lungen würden platzen.
Vor einer Holztür am Ende des Ganges blieb er stehen. Er hatte keine andere Wahl, er musste sie öffnen.
Die Tür knarrte, als er sie aufzog. Vorsichtig steckte er den Kopf durch den Spalt.
Vor ihm lag ein großer Saal, vollgestopft mit alten Möbeln, Ritterrüstungen und Waffen. Die Wände waren mit riesigen Gobelins bedeckt, die Decke kunstvoll geschnitzt. Durch ein hohes Fenster fiel Licht. Das Zimmer hatte etwas Bedrückendes. Es wirkte kalt und unfreundlich, wie ein Raum in einem Museum. Nichts deutete darauf hin, dass dieser Raum bewohnt war.
Dave trat ein. Eine der zwei anderen Türen stand halb offen. Er blieb stehen und lauschte. Es war verdächtig ruhig. Als er die andere Tür erreicht hatte, hörte er Schritte näher kommen. Hastig sah er sich nach einem Versteck um, und da er nichts Geeignetes fand, stürzte er ins angrenzende Zimmer und zog rasch die Tür hinter sich zu.
Schwer atmend sah er sich um und konnte nur mit Mühe einen Entsetzensschrei unterdrücken.
Das Zimmer war klein. Ein Fenster stand offen; es war vergittert. Vor dem Fenster stand ein Bett, wie es in Irrenhäusern verwendet wird. Und in diesem Bett lag ein kleiner Junge. Er konnte nicht älter als fünf Jahre sein. Er war nackt, lag auf dem Rücken und sah Dave an. Der Körper des Jungen war normal, aber der Schädel war der eines Wolfes. Böse Augen starrten Dave an.
Das war sicherlich auch eines der armen Opfer, die Ragor zu seinen Experimenten missbraucht hatte. Wie tief konnte ein Mensch sinken? fragte sich Dave entsetzt.
Er konnte seinen Blick nicht von dem Jungen losreißen. Zögernd trat er näher. Der Junge verfolgte jede seiner Bewegungen, rührte sich aber nicht.
Dave trat ans Fenster und sah hinaus. Er befand sich im
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