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0110 - Die Geistergrotte

0110 - Die Geistergrotte

Titel: 0110 - Die Geistergrotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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von allen Seiten zu umgeben.
    Nicole sah, wie auf der anderen Seite des Grabens mehrere dunkle Gestalten auftauchten. Laute Zurufe flogen hin und her, Triumph hüben, Begeisterung drüben. Nicoles Begleiter hatten ihren Kumpanen auf der anderen Seite wohl einiges von geleisteten Heldentaten berichtet.
    Aber all dies war Nicole mehr oder weniger gleichgültig. Sie interessierte sich eigentlich nur für eins: für Zamorras Wohlbefinden.
    Wo war das Pferd, auf dem man ihn festgebunden hatte wie einen Sack Mehl?
    Alle Harnischträger und auch der Mann im weißen Gewand waren mittlerweile von den Rücken ihrer Reittiere gestiegen. Alle machten ihr Platz, als sie sich zwischen ihren Reihen hindurchquetschte. Wieder einmal fand sie bestätigt, daß das Mädchen, für das man sie hielt, in dieser Welt einiges zu gelten schien.
    Da war der Chef. Zwei der Männer kümmerten sich gerade um ihn. Und wie sie das taten! Einer durchtrennte mit seinem Schwert den Strick, der ihn auf dem Rücken des Pferdes gehalten hatte. Die Folge war, daß Zamorra an der Flanke des Tieres entlangrutschte und schwer auf dem harten Boden aufschlug. Keiner der Kerle hatte Anstalten gemacht, den Sturz zu verhindern. Sie amüsierten sich sogar darüber und lachten lauthals.
    Das war zu viel für Nicole. Mit einem Wutschrei stürzte sie sich auf einen der beiden und hämmerte ihm ihre Fäuste ins Gesicht. Es war ihr eine echte Freude, zu erkennen, daß ihre Schläge die Nase des Kerls zum Bluten brachte.
    Der Mann und sein Kumpan nahmen ihre Aktion fast stoisch hin. Sie bedachten sie nicht einmal mit einem wütenden Blick, sondern traten einfach ein paar Schritte zurück.
    Nicole beugte sich über den Professor. Sie erschrak zutiefst, als sie sein Gesicht sah. Es war kaum noch als solches erkenntlich. Staub, Schweiß und Blut hatten es zu einer menschenunähnlichen Grimasse werden lassen.
    Lebte er überhaupt noch?
    Sie legte ihr Ohr auf seine Brust, nahm mit großer Erleichterung Atemzüge war. Die Brust hob und senkte sich regelmäßig. Gott sei Dank, er war nicht tot, nur bewußtlos.
    Nicole richtete sich wieder auf, schrie die Harnischträger, die ihre Bemühungen um den Professor mit verständnislosen Blicken verfolgt hatten, laut an. Es nutzte nichts. Die Männer starrten nur.
    In gewisser Weise verstand Nicole die Haltung der rauhen Burschen sogar. Alles sprach dafür, daß sie eine Gefangene des Professors gewesen war. Und die Männer konnten natürlich nicht ahnen, daß es zu einem Körpertausch gekommen war und in Wirklichkeit zwischen ihr und Zamorra keine Feindgefühle herrschten.
    Ein lautes, quietschendes Geräusch, das ihr durch Mark und Bein ging, drang an Nicoles Ohr. Sie erkannte, daß die Männer auf der anderen Seite des Grabens angefangen hatten, eine Holzbrücke herunterzukurbeln. Sie arbeiteten sehr schnell, und es dauerte nicht einmal eine Minute, bis der Graben begehbar war.
    Und er wurde auch sofort begangen. Einige Gestalten lösten sich vom gegenüberliegenden Grabenrand und betraten die Brücke. Ein hochgewachsener Mann machte den Anfang. Dieser Mann stürmte regelrecht über den mehrere Meter breiten Steg, stürmte auf Nicole zu.
    »Livana!«
    Und ehe es sich Nicole versah, hatte sie der hochgewachsene Mann in seine Arme gerissen und so heftig an sich gedrückt, daß sie glaubte, sämtliche Rippen würden ihr brechen.
    »Livana!«
    Ein Bombardement von Küssen brach über Nicole herein, dem sie schutzlos ausgesetzt war. Sie kam kaum dazu, Luft zu holen, so sehr setzte ihr der Mann mit seinen Liebesbeweisen zu.
    Endlich gab er sie frei und blickte sie mit seinen azurblauen Augen an. Sein Blick bewölkte sich. Erst jetzt merkte er wohl, daß Nicole seine überschäumende Begeisterung keineswegs teilte.
    »Livana…« Ein Schwall von Worten, die wie Fliegengesumm in Nicoles Ohren waren, folgte.
    Sie fand endlich Gelegenheit, sich den Mann näher anzusehen. Seine hohe Gestalt steckte in einem robenartigen Gewand aus Purpur, das mit purem Gold durchwirkt war. Das längliche Gesicht wurde von buschigen Augenbrauen und einer kräftigen Nase geprägt. Schmale Lippen und leicht vorstehende Backenknochen rundeten das Bild von gestaltgewordener Energie und Tatkraft ab. Es war keine Frage für Nicole, daß dieser Mann eine beherrschende Rolle in der Trutzburg dort drüben spielte, vielleicht sogar die Nummer Eins war. Ebenfalls stand für sie fest, daß die junge Frau, deren Körper sie übernommen hatte, in enger Beziehung zu dem Mann

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