Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0110 - Die Geistergrotte

0110 - Die Geistergrotte

Titel: 0110 - Die Geistergrotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
Vom Netzwerk:
stand. Als seine Frau? Als seine Tochter? Nicole wußte es nicht, aber sie hielt letzteres für wahrscheinlicher.
    Der Mann im weißen Gewand, der die Aktion in der Felsenhöhle geleitet hatte, trat jetzt heran. Er redete mit dem Purpurfarbenen, deutete dabei auf Nicole und auf den am Boden liegenden Zamorra. Wahrscheinlich klärte er den anderen darüber auf, daß Nicole der heimischen Sprache nicht mächtig war und auch sonst ein reichlich seltsames Gebaren an den Tag legte.
    Die Züge des Purpurfarbenen verzerrten sich. Eine ganze Skala unterschiedlicher Gefühle drückte sich in ihnen aus. Sorge, Zorn, Haß…
    Er wandte sich fast ruckartig von Nicole ab, trat auf den Professor zu. Er packte den Wehrlosen am Hals, riß ihn hoch und schlug ihm mehrfach mit vollster Wucht ins Gesicht. Dazu schrie er wie ein wild gewordener Stier.
    »Nein!«
    Nicole sprang hinzu, fiel dem Rohling in den Arm. Der hatte die Faust bereits zum neuen Schlag erhoben, zögerte nun aber, sie niedersausen zu lassen. Er sprudelte ein paar harte Worte hervor.
    »Loslassen«, rief Nicole, obgleich sie genau wußte, daß er sie nicht verstand. Sie hoffte jedoch, daß ihr Tonfall den tiefen Abscheu zum Ausdruck brachte, den die barbarische Behandlung Zamorras in ihr erregte.
    Ihre Intervention blieb nicht ohne Erfolg. Der Purpurfarbene ließ den Professor los, so daß dieser wieder auf den Erdboden zurückfiel.
    Nicole mußte eine abermalige Umarmung über sich ergehen lassen. Dann nahm der Mann, der sie für seine Tochter hielt, ihre Hand und führte sie, leise auf sie einsprechend, zu der heruntergeklappten Brücke. Sie wehrte sich nicht dagegen, denn sie wußte, daß es der Mann gut mit ihr meinte.
    Wenig später hielt sie Einzug in die Trutzburg des Purpurfarbenen. Die zahllosen Verbeugungen und Ehrbezeigungen, die ihr von allen Seiten zuteil wurden, konnten sie jedoch nicht darüber hinwegtrösten, daß ihre Situation verzweifelt war.
    Und die des Chefs noch viel mehr.
    ***
    Von Schmerzen in allen Gliedern geplagt, erlangte Zamorra das Bewußtsein wieder. Er hatte Schwierigkeiten, die Augen zu öffnen, denn diese waren vom Schmutz regelrecht zugeklebt. Aber auch mit offenen Augen sah er nichts. Abgrundtiefe Dunkelheit umgab ihn.
    Er lag auf hartem Boden, Stein offenbar, der feucht war und ihn frösteln ließ. Modergeruch machte sich breit, kitzelte ihn in der Nase.
    Zamorra versuchte, sich aufzurichten. Und es gelang ihm, denn die Fesseln an Händen und Füßen hatte man ihm während seiner Bewußtlosigkeit abgenommen. Schwankend kam er hoch. Mit aller Energie mußte er gegen das Schwindelgefühl ankämpfen, das ihn zu übermannen drohte. Mit vorgestreckten Händen ging er nach vorne, stieß jedoch schon nach zwei Schritten gegen eine Wand. Wenig später wußte er, daß er sich in einem engen Raum befand, der einen Durchmesser von noch nicht einmal drei Metern hatte. Das Steingeviert war vollkommen leer. Es gab kein Fenster, sondern lediglich eine Tür, die so solide war, daß der stärkste Mann der Welt nicht in der Lage gewesen wäre, sie aufzubrechen.
    Resigniert ließ sich der Professor wieder auf dem Boden nieder. Mit Fluchtgedanken brauchte er sich gar nicht erst zu beschäftigen. Aus diesem Loch gab es kein Entkommen, jedenfalls nicht ohne fremde Hilfe.
    Und woher konnte Hilfe kommen? Zamorra machte sich nichts vor. Wie es aussah, besaß er, besaß der Mann, für den man ihn hielt, in dieser Welt keine Freunde. Also würde auch niemand kommen, um etwas für ihn zu tun. Wenn ihm jemand helfen konnte, dann nur er selbst. Und wie sollte er das anstellen, zerschlagen und geschwächt wie er war? Ohne ein Werkzeug oder eine Waffe, die er einsetzen konnte?
    Dann fiel ihm ein, daß er doch ein Werkzeug besaß. Sein Amulett nämlich, das auf unerklärliche Weise die Zeit- und Raumversetzung seines Ids mitgemacht hatte. Es hing auf seiner Brust, ohne sich irgendwie bemerkbar zu machen, sonderte weder Wärme, noch Kälte ab.
    Zamorra tastete danach. Und stutzte sofort. Seine Fingerspitzen, die über das Silber glitten, spürten Konturen, die ihm nicht vertraut waren. Es gab keinen Drudenfuß im Zentrum des Talismans, keine Tierkreiszeichen, die das Symbol ringförmig umgaben. Statt dessen glaubte er, eine stilisierte menschliche Gestalt ertasten zu können.
    Eine fast menschliche Gestalt…
    Leise fluchte er vor sich hin. Verdammt, das war gar nicht sein Amulett! Das war…
    Als sei der Fluch ein Signal gewesen, kühlte sich das Metall

Weitere Kostenlose Bücher