0110 - Wer andern eine Grube gräbt
Jaguar.
Ein paar Häuser weiter standen die beiden Halbwüchsigen vor dem alten Klapperkasten von Ford. Sie hatten die Augen weit aufgerissen und waren offenbar über das Schauspiel, das sich ihnen kostenlos bot, so erschrocken, daß sie zunächst überhaupt nicht wußten, was sie tun sollten.
Goodman riß den Kopf hoch und brüllte ihnen zu:
»Verdammt, ihr Schlappschwänze, helft mir doch!«
»Mach die Tür auf!« sagte ich ruhig und drückte sein Handgelenk ein bißchen weiter nach oben.
Er jaulte, gehorchte aber sofort, »’rein und nach drüben rutschen! Aber Tempo!«
Er beeilte sich, meiner Anweisung nachzukommen. Ich stieg sofort nach, zog die Tür mit einem kräftigen Schwung zu und startete.
Die beiden Halbwüchsigen kamen auf den Wagen zugelaufen. Goodman witterte schon wieder eine Chance. Er fiel mich noch einmal an.
Ich ließ das Steuerrad los, wandte mich ihm zu, so gut es ging, und dann knallte ich ihm drei oder vier Brocken auf die Rippen, die alles enthielten, was man sitzend in einem Auto hergeben kann.
Er schlug an die Seitenwand an und stöhnte. Vorerst war ihm die Lust vergangen.
Ich fuhr an. Die beiden Ganoven sprangen rasch zur Seite, als ich auf sie zubrauste. Ich grinste nur. Wenn sie Mut gehabt hätten, wären sie stehengeblieben. Kein Polizeibeamter wird je einen Menschen absichtlich überfahren. Aber dazu fehlten ihnen die Nerven.
Dafür kamen sie mit ihrem klapprigen Ford hinter mir her.
Ich schüttelte den Kopf. Die Dummheit mancher Leute ist unbeschreiblich. Sie fuhren dicht aufgeschlossen, und als ich einmal einen schnellen Blick zurückwarf, sah ich, daß der Beifahrer mit einer Pistole hinter der Windschutzscheibe herumfuchtelte. Jetzt wurde es brenzlig..,
***
Phil nahm sich abermals ein Taxi und ließ sich zurück zum Districtsgebäude fahren. Die Uhr war inzwischen auf Mittag gerückt, und er verspürte den gesunden Appetit, den man bekommt, wenn man sein Tagewerk redlich verrichtet und dabei auch noch viel in der frischen Luft ist.
Als er am Ziel angekommen war, fragte er am Eingangsschalter nach mir.
»Jerry ist noch nicht zurückgekommen«, sagte der Kollege, nachdem er im Ausgangsbuch nachgesehen hatte. »Jedenfalls hat er seine Rückkehr nicht eingetragen.«
»Dann ist er auch noch nicht da. Wenn er kommt, sag ihm, daß ich in seinem Office sitze.«
»Okay.«
Phil fuhr mit dem Lift hinauf. Bevor ich mit dem Brief nicht kam, konnte man in der Sache kaum erfolgreich Weiterarbeiten, denn augenblicklich stützten sich alle unsere Hoffnungen auf diesen Brief. Phil wußte ja noch nicht, daß ich einen Gangster aufgetrieben hatte, der vielleicht mit dem Mörder in Verbindung stand. Und da er dies nicht wußte, mußte er noch den Brief, den Crendix erhielt, für die einzige handfeste Spur halten.
In unserem Office setzte er sich in einen Drehstuhl, warf den Hut an den Garderobehaken, was er so trainiert hat, daß er es von jedem Winkel des Zimmers aus fertigbringt, und sah seufzend auf die Uhr.
Es ging ihm, wie es jedem Kriminalisten geht, wenn er nur eines tun kann, nämlich warten: er langweilte sich. Zuerst überlegte er, daß er vielleicht schon hinauf in die Kantine fahren sollte, um zu essen, aber dann beschloß er doch, noch ein paar Minuten zu warten. Vielleicht kam ich gleich.
Als der Hunger größer als seine Geduld war, gab er es auf. Gerade als er die Tür auf machte, stieß er auf John Harold Masters, den Bierverleger.
»Hallo!« sagte Phil überrascht »Wollten Sie zu mir?«
»Zu Ihnen oder Ihrem Kollegen! Sie bearbeiten doch diese Geschichte mit dem alten Garrison, nicht wahr?«
»Ja. Warum?«
»Ich habe einen Brief gekriegt«, schnaufte Masters. »So einen wie Garrison.«
Phil stieß einen kurzen Pfiff aus. Dann drehte er sich um und sagte: »Kommen Sie ’rein, Mister Masters! Darauf haben wir gerade gewartet.« Sein Hunger war vergangen.
Sie setzten sich an einen Schreibtisch, und Masters holte aus der linken Tasche seines Kittels einen Umschlag hervor. Er trug Schmutzspuren.
»Von mir«, sagte Masters entschuldigend. »Wenn man den ganzen Tag Bierfässer und Kästen zu schleppen hat, bleiben die Hände nicht so schön sauber wie bei Ihnen…«
Phil lachte.
»Sie sollten manchmal sehen, wie G-men aussehen, wenn sie vom Außendienst zurückkommen.«
Phil zog die Schreibtischlade auf und nahm eine Pinzette heraus. Mit dem Nagel des Zeigefingers hielt er eine Ecke des Umschlags auf dem Tisch fest, während er mit der Pinzette den
Weitere Kostenlose Bücher