0116 - Der Traum-Dämon
aussaugen.
Laureen Fuller sann darüber nach, und vergaß den Gedanken wieder. Wie ein sterbender Stern tauchte er ein in das Meer der Gleichgültigkeit, das sich immer weiter vorkämpfte. Nichts vermochte es aufzuhalten.
Laureen wußte, daß Zaandaar momentan unaufmerksam war. Er suchte nach neuen Opfern, mit denen er seine Macht stabilisieren konnte. Nur deshalb konnte sie derartige Gedanken formulieren.
Zaandaar mißbrauchte sie!
Langsam. Ganz langsam!
Ihr fiebernder Blick irrte tiefer. Dorthin, wo ihre Hände auf dem kühlen Höhlenboden ruhten. Noch vor wenigen Stunden war ihre Haut jugendlich und glatt und straff gewesen. Jetzt war sie schlaff und runzelig und fleckig. Die Haut einer alten Frau…
Ihr ganzer Körper sah so aus!
Laureen Fuller wußte sogar, warum dies so war! Zaandaar hatte es ihr ja gesagt. Er stahl ihre Lebensenergie! Die brauchte er, um seine Horrorprojektionen zu realisieren!
Jetzt war sie geschwächt und alt. So konnte sie ihm nicht mehr gefährlich werden, sich nicht mehr zur Wehr setzen. Sein Wille zersetzte jegliche Gegenwehr. Wie Säure.
Aber noch brauchte er sie.
Noch waren ihre Lebensenergien nicht gänzlich erloschen und konnten genutzt werden. Erst, wenn dies nicht mehr möglich war, würde er auf neue Sklaven zurückgreifen.
Laureen erschrak über die Gleichgültigkeit, mit der sie all dies rekapitulierte. Vorhin war Zaandaar einen winzigen Sekundenbruchteil unachtsam gewesen, hatte die Barriere, die ihre beiden Geister voneinander trennte, vernachlässigt. Das war der Augenblick gewesen, in dem sie die ganze schreckliche Wahrheit erfahren hatte.
Zaandaar hatte mit Asmodina, der Satanstochter, kommuniziert…
Lähmende Müdigkeit breitete sich in Laureen aus. Zaandaars böse Gedanken wurden wieder mächtiger.
Noch während ein Höllentraum lief, jener, in dem die sympathische Detektivin Jane Collins gefangen war, baute der Traum-Dämon schon einen neuen, noch schrecklicheren auf. Seine Suche nach Opfern schien erfolgreich verlaufen zu sein…
Mühsam klammerte sich Laureen an ihr winziges Teilbewußtsein, versuchte, nähere Einzelheiten des neuen Traums zu erfahren.
Es gelang ihr nicht. Sie war zu schwach. Gleich einer winzigen Flamme im Orkan.
Plötzlich veränderte sich alles.
Zaandaar wurde aufmerksam. Seine psychischen Klauen schmetterten ihr Bewußtsein davon. Ein unheimlicher Sog packte es, wirbelte es herum und hoch und immer höher. Grelles Licht blendete sie. Entsetzen! Sie schrie. Ein unhörbarer Schrei.
Irgendwann kamen die Schatten.
Sie umkreisten sie, drängten sie Schritt für Schritt zurück, ins Nichts! Direkt auf einen wirbelnden, schwarzen Schlund zu, in dessen Tiefe es noch düsterer brodelte.
Ich muß etwas tun… Den Menschen helfen! Jane Collins, John Sinclair
… und all die anderen. Sie sind verloren, wenn ich tatenlos zusehe … Guter Gott!
Das waren ihre letzten eigenen Gedanken. Zaandaar zwang sie wieder unter seine totale Kontrolle. Sie fand nicht einmal mehr Zeit, sich dagegen zu wehren.
Sein hämisches Lachen gellte in ihr!
***
Die Kreatur, die soeben noch wie John Sinclair ausgesehen hatte, flog heran!
Das Gesicht hatte sich irrsinnig schnell verändert: Jetzt war es eine abstoßende Horrorfratze! Aus handtellergroßen Facettenaugen quoll übelriechender Schleim. Die Nase war ein klaffender Spalt.
Einen Mund gab es nicht mehr. Dafür aber dort, wo bei einem Menschen die Kinnspitze saß, mehrere wurmartige Auswüchse.
Dieser groteske Anblick brannte sich in Jane Collins’ Gedächtnis, und das Grauen jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken.
Trotzdem fand sie noch Zeit, dem ersten Angriff zu entgehen!
Ihre Reflexe waren okay, und sie war so schnell und geschmeidig wie eine Katze.
Das half ihr.
Das – und ihr brav absolviertes Judo- und Karatetraining.
In einer ineinanderfließenden Bewegung steppte sie nach links.
Ihre Rechte, die noch immer die Astra hielt, kam gleichzeitig hoch.
Mit einem knirschenden Geräusch knallte sie ins Gesicht des Monsters. Dann war es an ihr vorbei. Eine Reaktion zeigte es nicht. Jane hatte es auch nicht erwartet.
Sie wirbelte herum.
Das Monster ebenfalls. Sie taxierten sich.
Langsam hob sie die Astra.
»Bleib stehen!« sagte Jane gefährlich leise.
Der Unheimliche dachte nicht daran. Er machte einen Schritt. In dem verunstalteten Gesicht zuckte es. Die Wucherungen am Kinn peitschten hektisch.
Dann der zweite Schritt.
»Ich schieße«, drohte Jane Collins, und sie meinte es
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