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0116 - Der Traum-Dämon

0116 - Der Traum-Dämon

Titel: 0116 - Der Traum-Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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von dem noch schwachen Tageslicht bis zum Boden heruntersickern konnte. In den Ecken kauerten noch die Schatten der Nacht. Hier und da flatterten Nebelschleier. Und die Schritte und Stimmen der Männer hallten unnatürlich laut.
    Mortimer bemerkte dies als einziger.
    Und er wunderte sich. Komisch, diese Gasse hier. Die hatte er noch nie bemerkt. Und dabei war er in diesem Viertel aufgewachsen und zu Hause.
    »He, merkt ihr es denn nicht?« stieß er seine Freunde an.
    Das Gegröle und Gekicher brach mit einem schrillen Mißton ab.
    »Was ist denn?«
    »Ja, was hast du denn jetzt schon wieder?« mischte sich auch Ellery ein.
    Mortimer ging nicht auf den sarkastischen Ton ein. »Diese Gasse…«, sagte er gedehnt.
    »Durrrch diese hohle Gasse muß er kommen«, zitierte Tom todernst aus der Wilhelm-Tell-Sage.
    »Hört mir doch zu, bitte! Kapiert ihr denn nicht? Diese Gasse gibt es nicht wirklich! Seht euch doch um!«
    »Jetzt dreht er durch!« grunzte Tom und wieherte schon wieder los.
    »Du hast zuviel gesoffen, Mort, das ist alles«, erklärte Ellery und klopfte ihm mitfühlend auf die Schulter. »Wir haben alle ein bißchen zuviel erwischt. Da sieht man manchmal Dinge, die es gar nicht gibt.«
    »Genau! Hübsche Weiber, zum Beispiel, hahaaaahaaa… Oder grüne Nilpferde. – Eine Straße, die es nicht gibt, habe ich allerdings noch nie gesehen. Nicht mal im Halbdelirium! Hahaha!«
    »Mensch, das ist kein Witz!« Mortimers Stimme wurde ärgerlich und drängend.
    Gehetzt flog sein Blick zu den umliegenden Häusern. Die Fensteröffnungen wirkten seltsam verzerrt… und außerdem gar nicht wie richtige Fenster. Eher wie Totenaugen!
    Mortimers Kopfhaut begann zu kribbeln.
    »Wir werden sterben!« krächzte er.
    »Nun hör schon auf!«
    »Wenn du nichts verträgst, dann solltest du auch nicht soviel saufen!« Tom blinzelte und drohte Mortimer mit der Faust.
    Das wollte er nicht auf sich sitzenlassen. Er öffnete den Mund, hatte die scharfe Entgegnung schon auf der Zunge, als er es sah!
    Seitlich, hinter Tom und Ellery…!
    »Großer Himmel«, entfuhr es ihm. Mehlbleich wurde er.
    Seine Freunde glotzten ihn nur verständnislos an.
    »Da… Hinter euch! Seht euch nur um! Dann glaubt ihr mir endlich … Hinter euch!« Mortimers Stimme zersprang förmlich. Groß wie Pingpongbälle waren seine Augen.
    Starr waren sie auf die Erscheinung gerichtet.
    Dieses fürchterliche Ding!
    Es war Realität, daran gab es keinen Zweifel. Er bildete es sich nicht ein! Ellery sah es jetzt ja auch! Und Tom ebenfalls. Beide standen stocksteif und glotzten zu dem Wesen hin.
    Es war ein Haus!
    Ein lebendes Haus!
    Die Fassade hatte sich verändert, war geschmeidig und beweglich wie Kaugummi geworden, hatte Klauenhände ausgebildet, die an unnatürlich dünnen Armen verwirrend auf und nieder tanzten – und heranpendelten!
    Die Fensteröffnungen verzogen und verzerrten sich noch mehr!
    Das ganze Bauwerk schien sich in unerhörter Erregung zu befinden!
    Immer mehr Klauenhände bildeten sich!
    Immer mehr tasteten heran!
    Dicht über dem Boden schwebten sie und hoch in der Luft. Von links und von rechts kamen sie… Und beinahe übergangslos waren sie allgegenwärtig! Wie auf ein geheimes Kommando hin setzten sie sich ruckartig in Bewegung. Irrsinnig schnell verwoben sie sich ineinander und bildeten ein unentwirrbares Netz um sie herum.
    Ein Netz, in dem sie gefangen waren!
    Mortimer begann zu schreien. »Nein, nicht! Ich will nicht sterben! Ich hab’s gewußt! Ich habe euch gewarnt! Ihr Dummköpfe! Hättet ihr nur auf mich gehört…!«
    Das Netz zog sich zusammen.
    Er konnte seine Freunde nicht mehr sehen. Konnte nur noch hören, wie sie schrien!
    Mortimer riß sich herum. Aber einen Ausweg aus diesem Netzwerk des Grauens gab es nicht mehr!
    Mortimer drehte durch. Würgendes Entsetzen und tiefste Verzweiflung erfüllten ihn. Er wollte nicht sterben!
    Aber das Netz zog sich zusammen. Die Klauen umfingen ihn.
    Hunderte waren es. Klebrig und feucht war ihr Griff. Sacht, behutsam zuerst, dann immer nachdrücklicher und fester.
    Verzweifelt schlug Mortimer um sich. Er riß die Hände weg, schleuderte sie von sich, trat nach ihnen, kratzte, tobte, biß.
    Es nützte alles nichts.
    Immer mehr Klauen packten ihn. Immer mehr dieser dünnen, elastischen, pulsierenden Arme wickelten sich um ihn, schnürten ihm die Luft ab…
    ***
    Dann fühlte er sich hochgerissen. Etwas unsagbar Böses fraß sich in Mortimer Whealys Schädel hinein, schien ihn von innen her

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