0117 - Schwere Fäuste, leichte Siege
nahm seine Liste und ging mit dem Einsatzleiter hinauf in die Funkleitstelle. »Vielen Dank!«
In der Funkleitstelle begann eine rege Tätigkeit. Eine Viertelstunde später brausten zehn FBI-Dienstfahrzeuge durch die Straßen Manhattans. In jedem Wagen saßen zwei G-men, die gespannt nach vorn blickten. Hinten auf dem Rücksitz lagen Handschellen.
Mit dem elften Wagen fuhr Phil selbst. Er hatte sich einen Mann aufs Korn genommen, den Randolph auf seiner Liste wie folgt charakterisiert hatte: »James Crennon, Lieferant des Kokains für alle oben angeführten Personen. Wohnort unbekannt. Verkehrt fast täglich im Washington Klub auf dem Broadway…«
Phil war nicht so naiv, anzunehmen, dass der Lieferant ein ebenso ängstlicher Mann sein würde wie Randolph. Er rechnete durchaus mit Schwierigkeiten, und er hatte gewisse Vorkehrungen getroffen…
***
»So, so«, sagte ich und bemühte mich, meine Überraschung zu verbergen. »Sie wissen, wer Archy Douglas ermordet hat?«
»Ja«, antwortete der junge Boxer. »Ich weiß es deshalb, weil mir in der nächsten Woche das Gleiche passieren wird, wenn Sie mich nicht wirkungsvoll schützen.«
Ich sah ihn an. Er machte nicht den Eindruck, als ob er scherzte.
»Erzählen Sie mir das doch mal genauer«, bat ich.
Er zuckte die Achseln, lehnte sich bequem in das Polster seines Sitzes zurück und sagte: »Das ist nicht schwer zu erklären. Nehmen Sie mal an, sie wären der Manager und Trainer eines jungen Boxers, ja?«
»Gut, ich nehme an.«
»Sie erhalten ja mehr Geld, je besser Ihr Schützling im Ring ist, das versteht sich von selbst.«
»Das hatte ich auch angenommen. Und?«
»Sie könnten aber Ihre Anteile wesentlich in die Höhe schrauben, wenn Sie etwa mit den Buchmachern gemeinsame Sache machen würden, die Wetten für den Boxkampf annehmen.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Nehmen Sie den Fall Archy«, fuhr mein Begleiter fort. »Er boxte gegen einen Kalifornien Alle Welt war sich darüber klar, dass Archy gewinnen würde.«
»Und hat er gewonnen?«
»Ja.«
»Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Dabei ist das gar nicht so schwer. Nehmen Sie an, Sie hätten den Buchmachern gesagt, Archy würde nicht gewinnen, obgleich alle damit rechneten. Wissen Sie, was das bedeutet?«
Ich pfiff durch die Zähne.
»Moment!«, rief ich aus. »Wollen Sie damit sagen, dass die Ergebnisse gewisser Boxkämpfe vorher festgelegt werden?«
»Nicht aller. Aber mancher. Und dann gibt es Gewinne von Hunderttausenden.«
»Sie meinen also, dass man dem Boxer vorher sagt, ob er gewinnen darf oder ob er zu verlieren hat? Und der Boxer muss sich dann an diese Abmachung halten? Und der Trainer steckt heimlich mit den Buchmachern unter einer Decke und kassiert enorme Gewinngelder von den Wetten, die natürlich zum größten Teil zugunsten des Mannes standen, der dann überraschenderweise verlor?«
»Ja. Genauso ist es. Ich habe nächste Woche gegen einen Kanadier anzutreten. Ich weiß, dass ich diesen Burschen besiegen kann. Aber Bill Looseman sagte mir, dass ich verlieren müsste.«
»Lassen Sie sich das gefallen?«
Der junge Boxer lachte.
»Dasselbe habe ich Looseman gefragt. Er grinste mich an und sagte wörtlich: ›Junge, sei vernünftig! Was du als Boxer wirst, das bestimme ich. Sieh dir Archy an, wie weit der es gebracht hat.‹ Das sagte Bill Looseman.«
Ich fühlte, wie mich das Jagdfieber packte.
»Wann sagte er das? Vor oder nach Archys Ermordung?«
»Heute Nachmittag. Also nach Archys Ermordung. Er wollte mich warnen. Und ich weiß, dass es nicht hohles Gerede ist. Er wird mich umbringen lassen, wenn ich nächste Woche den Kampf gegen den Kanadier gewinne, obgleich er mir deutlich genug klargemacht hat, dass ich verlieren muss.«
»Können Sie das beweisen?«
»Wie beweisen?«
»Im Augenblick habe ich nur Ihre Aussage. Looseman wird natürlich alles abstreiten. Dann steht Aussage gegen Aussage. Damit kommen wir nicht weit.«
Eine Weile herrschte Schweigen. Dann sagte mein junger Nachbar leise: »Wenn wir uns beeilen, kommen wir noch zurecht.«
»Wozu?«
»Looseman wird in ein paar Minuten den Killern das Geld auszahlen, die Archy und die Morgans umgelegt haben.«
Ich wäre vor Schreck bald vom Sitz hochgefahren. Im letzten Augenblick konnte ich mich gerade noch beherrschen. Mit heiserer Stimme fragte ich: »Die Morgans? Welche Morgans?«
»Na, das Mädel, das Archy heiraten wollte, und ihren Vater.«
»Wieso umgebracht?«
»Na, Sie sind aber
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