0118 - Der Drachengott von Bali
fünfzehn Kilometer von Gitnang entfernt hausen mußten.
Die fünfzehn Kilometer an sich bedeuteten wenig. Man konnte für die Strecke einen halben Tag brauchen oder auch zwei. Das kam allein auf die Umstände an.
»Haben Sie noch Geschenke, Herr?« fragte Siri in Zamorras Gedankengang hinein.
Professor Zamorra verneinte kategorisch. Zu deutlich trat zutage, daß Bazoa ihn ausplündern wollte.
Man mußte wohl einen Kompromiß schließen.
»Ich habe Geschenke für Träger«, meinte Zamorra. »Herrliche Geschenke. Jeder Träger kann ein Messer bekommen, wie Bazoa eines hat.«
Siri schwieg betroffen.
»Das geht nicht, Herr. Bazoa ist der Dorfälteste. Er ist der Häuptling. Keiner darf mehr besitzen als er. Nicht einmal das gleiche. Bazoa wäre sehr erzürnt, wenn ich ihm diesen Vorschlag übersetzen würde.«
Professor Zamorra kannte die soziale Ordnung bei sogenannten Primitivvölkern in etwa. Siri war nicht zu widersprechen, weil er recht hatte.
Zamorra überlegte.
»Ist Bazoa dann Herrscher über alle? Kann er ihnen Befehle erteilen?«
»Ja.«
»Wenn ich ihm nun ein Geschenk unter der Voraussetzung mache, daß er uns dann Träger dafür gibt? Wäre das möglich?«
»Man könnte es versuchen.«
Zamorra hatte sich daran erinnert, daß Nicole aus unerfindlichen Gründen auch eine Perlenkette in ihre Reisetasche gesteckt hatte. Sie war sündhaft teuer gewesen, doch eine Perlenkette konnte man wieder kaufen.
Der Parapsychologe erhob sich von seinem Stuhl.
»Entschuldige mich beim Häuptling, Siri. Ich komme gleich wieder.«
Zamorra verließ den Lichtkreis der Feuer. Er fand Nicoles Kette auch im Dunkeln. Samt dem Etui kam er zurück, setzte sich wieder auf seinen Stuhl und lenkte Bazoas Aufmerksamkeit auf sich, während Nicole ein entrüstetes Schnauben vernehmen ließ.
Bazoa freute sich. Er strahlte über sein ganzes rundes, runzeliges Gesicht.
Er nahm die Perlenkette heraus und ließ sie achtlos neben sich zu Boden fallen.
Doch der Verschlußmechanismus des Etuis faszinierte ihn. Immer wieder ließ er ihn auf und zu schnappen. Dabei lächelte er selig.
Nicole, die auf der anderen Seite saß, grabschte sich die Kette und warf Zamorra einen vernichtenden Blick zu.
Ihr Schmuck hatte selbst für den Chef tabu zu sein.
Aber Zamorra fühlte sich nicht schuldig. Nur deprimiert. Er hatte sich vom Einbruch in Nicoles Reisetasche mehr versprochen.
Weil Bazoa das Etui in immer rasenderer Folge auf und zu klappte, war der zierliche Mechanismus schon nach dem ungefähr zwanzigsten Mal kaputt. Bazoa probierte es noch ein paarmal, aber als die Halteanker immer noch nicht hörbar ineinanderschnappten, warf er das Etui ins Feuer und sagte ein paar unwillig klingende Worte.
»Das Geschenk ist nichts wert«, übersetzte Siri. »Häuptling Bazoa gibt Ihnen keine Träger. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, ein paar Träger aus Denpasar…«
Zamorra hatte gute Lust, seinem Dolmetscher die Faust mitten auf die Nase zu setzen.
Das war irgendwann um die Zeit, als weit außerhalb des Dorfes Trommelschläge laut wurden.
Sie erinnerten Professor Zamorra an seine Kindheit und an die Tarzan-Romane, die er damals mit einem wahren Heißhunger verschlungen hatte.
In diesen Romanen hatten sich die Eingeborenen mit Trommelsignalen über weite Strecken hinweg verständigt.
Bazoa lauschte den Schlägen mit stoischer Ruhe. Ihm war nicht anzusehen, ob er den Code verstand.
»Das Fest ist zu Ende«, ließ er übersetzen und stand auf. Er ging voraus auf die größte Hütte des Dorfes zu.
»Sie können hier schlafen«, sagte Siri und wies auf den niedrigen Durchschlupf. »Bazoa fühlt sich sehr geehrt, Sie beherbergen zu dürfen.«
»Zu gütig«, erwiderte Zamorra sarkastisch. »Steckt der Schlüssel im Wagen?«
Siri zögerte.
»Ich glaube, ja.«
»Und wo ist unser Fahrer?«
»Er schläft schon. Er liegt draußen bei den Steinsäulen. Er kann doch morgen zurückfahren?«
»Natürlich. Er soll uns in einer Woche wieder abholen. Aber das habe ich ihm bereits selbst gesagt. Mit Trägern ist wirklich nichts zu machen?«
Siri zuckte die Achseln.
»Sie hätten ein anderes Geschenk aussuchen sollen. Vielleicht versuchen wir es morgen noch einmal. Was ist jetzt mit dem Wagen?«
»Ich hole ihn hierher vor die Hütte«, sagte Zamorra. »Sonst fehlt morgen womöglich nicht nur die ganze Ausrüstung sondern der ganze Jeep.«
Siri grinste.
Das sah er ein.
Ab und zu stahl er auch ein wenig.
***
Der Drachendämon war von
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