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0118 - Der Drachengott von Bali

0118 - Der Drachengott von Bali

Titel: 0118 - Der Drachengott von Bali Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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die sie zusammenhielten, quietschten, aber sie hielten.
    Nicole atmete auf.
    Sie erreichten ein kleines Dorf.
    Barfüßige Frauen eilten einem Markt zu, Körbe mit Ferkeln, Pyramiden mit Tonschalen oder Früchte auf den Köpfen. Ein alter Mann mit einem wagenradgroßen Hut aus Reisstroh zum Schutz gegen die Sonne trieb Enten auf eine Wiese. Ein Bauer mit nacktem Oberkörper schleppte einen Holzpflug quer über die Fahrbahn, schleppte schwer an seiner Last und grüßte dennoch freundlich. Ein Mädchen legte einen gebackenen Reiskuchen in eine der zahlreichen Opferschalen am Rande der Straße.
    Ein süßer Duft von tropischen Blüten und reifen Früchten hing zwischen den Palmen, die sich zur Küste hinneigten, als lauschten sie dem Rauschen der fernen Meeresbrandung.
    Und wie ein dunkler Schattenriß wachte die Silhouette des Gunung Agung, des Sitzes der Hindu-Götter, über smaragdgrüne Reistäler.
    Bis zum Abend wollten sie dort sein.
    Am späten Nachmittag wurde das Gelände unwegsamer. Sie passierten immer weniger Dörfer und erreichten eine andere Vegetationszone. Es waren keine Reisfeldterrassen mehr zu sehen, sondern kleinere Äcker, auf denen Yaccuknollen angebaut wurden. Die Landschaft veränderte ihren Charakter, erschien feindseliger.
    Wolken hingen bleich und naß über hochaufragenden, uralten Bäumen. Unbekannte Vögel zeterten. Mehr als einmal krochen Schlangen von der Straße, wenn der Jeep sich ächzend näherte. Nicole zog sich eine Jacke über. Es war kälter geworden.
    Es wurde während der ganzen Fahrt kaum gesprochen. Die harte Federung des Wagens sorgte dafür, daß sie durchgeschüttelt wurden.
    »Wie lange noch?« fragte Zamorra laut nach vorne, wo Siri auf dem Beifahrersitz saß.
    Der zuckte nur mit den Achseln.
    Zamorra hatte gemeint, wie lange sie überhaupt noch fahren konnten. Die Straße war schon längst keine Straße mehr, sondern ein ausgewaschenes Flußbett, das sich die Flanke eines Berges hochwand. Die ersten Nadelhölzer säumten die Ufer.
    Später brach dann die Sonne noch einmal durch und gab die Illusion von Wärme.
    Zamorra schätzte, daß sie schon höher als 2000 Meter über dem Meeresspiegel waren. Der Gunung Agung war kleiner geworden.
    Der Fahrer bog aus dem Flußbett ab in eine Waldschneise hinein. Herunterhängende Zweige streiften ihre Gesichter. Nicole rückte näher an Professor Zamorra heran.
    »Und das soll Bali sein?« meinte sie.
    Zamorra legte einen Arm um ihre Schulter.
    »Auch«, antwortete er.
    »Ich könnte mir vorstellen, daß die Noabiben nicht gut auf die Leute von der Küste zu sprechen sind. Das hier ist kein Paradies mehr.«
    Zamorra antwortete nicht. Nicoles Befürchtung war logisch. Bis vor dreißig Jahren hatten die Noabiben sich noch dann und wann aufgelehnt, waren in die tiefer gelegenen Täler gezogen und dort auf Kopfjagd gegangen.
    Angeblich hatten sie damit aufgehört.
    Zamorra vertraute auf die Kiste mit Geschenken, die er für den Bergstamm, den sie besuchen wollten, mitgenommen hatte. Keine billigen Glasperlen, sondern Gebrauchsgegenstände, die ihnen das Leben wirklich erleichtern sollten. Äxte, Messer, Medikamente.
    Hoffentlich reichte das aus.
    Der freundliche Bibliothekar aus Denpasar hatte ihm entschieden davon abgeraten, den Bergstamm zu besuchen.
    »Sie sind unberechenbar«, hatte er gesagt.
    ***
    Gitnang hieß das Nest, vor dem schließlich auch noch der letzte Weg endete. Eine Ansammlung von mit Palmblättern bedeckten Zweighütten. Die Ortschaft machte keinen einladenden Eindruck. Auch waren nirgendwo mehr die für Bali so typischen Altärchen und Ahnenschreine zu sehen. Dafür stand gleich am Eingang des Dorfes eine ganze Allee von Steinpfosten in die Erde gerammt, deren Anblick bei Professor Zamorra ein Gefühl der Beklemmung hervorrief, weil er deren Bedeutung kannte.
    Die Urbevölkerung der Insel hatte noch in dem Glauben gelebt, daß man dem Boden, der sie nährte, zurückgeben mußte, was er ihnen gab. Über die Zusammenhänge des Naturlebens herrschte völlige Unkenntnis. Ihr komplexes Denken vermochte nicht zwischen Ursache und Wirkung zu trennen. So fand sich bei Völkern dieser Stufe der Kultur- und Geistesentwicklung die Anwendung des sogenannten Analogiezaubers.
    Sie glaubten beispielsweise, daß es zur Tötung eines Feindes genüge, dessen Abbild auf den Boden, in den Sand zu zeichnen und einen Speer darauf zu werfen.
    Oder man glaubte, durch das Vergießen von Blut - es ist Sinnbild des Lebendigen und Fließenden -

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