0119 - Der Weiße Magier
ich Sukos Stimme vom Heck des Schiffs.
»Ja.«
Suko und Pedro hatten das Beiboot bereits abgefiert. Wir kletterten hinein. Pedro wartete an Deck und stieg als letzter nach. Das Boot schwankte gefährlich, als der junge Fischer hineinsprang.
»Rudern, Señores, Sie müssen rudern!«
Das übernahmen Suko und er.
Die sinkende Sonne war nur noch als fingerbreiter Halbmond über dem Horizont zu sehen. Bald würde sie völlig verschwunden sein. Ihre letzten Strahlen fielen fast waagerecht über das Wasser und gaben ihm einen goldroten Schimmer.
Jetzt wurde es kriminell.
Wir gerieten in zurücklaufendes, gurgelndes Sogwasser der Brandung. Strudel bildeten sich, tückische Fallen, die das Boot um seine eigene Achse drehen wollten.
»Rudern!« brüllte Pedro. »Rudern!« Er und Suko strengten sich wirklich an, sie gaben ihr Bestes.
Immer wieder wurde das Boot von einer Welle gepackt und hoch auf den Kamm gehoben. In Schußfahrt ging es dann hinunter ins Tal. Ich klammerte mich an der Sitzbank fest, wieder leicht grün im Gesicht, und hoffte nur, daß wir es überstehen.
Rasend schnell schossen wir auf die aus dem Wasser wachsenden Felsen zu. Jeder von uns hatte Angst, daran zu zerschellen.
Doch ein Wunder geschah.
Ein Strudel riß uns an dem größten Felsen vorbei. Wir drehten uns zwar um die eigene Achse, doch nach dem Felsen gerieten wir in ruhigeres Wasser.
Das große Aufatmen begann. Wir alle waren vom Spritzwasser pudelnaß. Mich reuten die fünf Pfund wirklich nicht.
Die größeren Felsen lagen hinter uns. Doch dicht unter der schaumigen Wasseroberfläche sah ich die spitzen Kanten und Ecken weiterer Klippen.
Sie waren kein Problem für den erfahrenen Pedro. Als die Brandung uns schließlich ins flache Wasser schob, grinste er sogar.
»Alles klar, Señores.«
»Danke«, sagte ich.
»Wenn Sie zurückwollen, mieten Sie sich auf der Insel ein Boot. Es gibt davon einige. Auch bessere als meins, glaube ich.«
»Ihres war schon gut.«
Im letzten Licht der untergehenden Sonne betraten wir den Strand. Pedro warnte uns noch einmal vor der Insel, schlug ein paar Kreuzzeichen und ruderte wieder zurück. Geschickt umruderte er die Klippen, wir brauchten uns um ihn keine Sorgen zu machen.
Ich fühlte mich ein wenig wie Robinson, als ich auf dem sandigen Strand stand. Haushoch türmten sich die Felsen. Die Brandung donnerte so stark, daß wir unser eigenes Wort kaum verstehen konnten und schreien mußten.
Die ersten Schatten der Dämmerung legten sich bereits über das Eiland, als wir weiterwanderten.
Suko hatte eine kleine natürliche Bucht entdeckt, die an einen Hafen erinnerte.
Dort war unser Ziel.
Wir mußten klettern. Das Donnern der Brandung wurde leiser.
Wir blieben stehen und beratschlagten.
Plötzlich horchten wir auf.
Dumpfe Geräusche waren an unsere Ohren gedrungen.
Trommeln!
»Voodoo«, flüsterte Myxin, »sie fangen bereits an. Jetzt wird es gefährlich.«
Ich sog scharf die Luft durch die Nase. Überraschend war es nicht, wir hatten damit rechnen müssen.
»Kannst du die Nachricht verstehen?« fragte ich Myxin.
»Nein.«
»Aber etwas Gutes kann es nicht bedeuten«, murmelte Suko.
Da hatte er recht.
Wir lauschten noch eine Weile. Es war schwer, eine Richtung zu bestimmen. Wir konnten kaum feststellen, woher der Trommelklang kam. Er schwebte über der gesamten Insel.
Leider besaßen wir keinen Lageplan. Deshalb mußten wir uns auf gut Glück durch das Gelände schlagen.
Und das bei Dunkelheit.
Andererseits schützte uns die Finsternis auch davor, schnell entdeckt zu werden.
Suko suchte nach einem Weg, der zwischen den Felsen hindurch ins Innere führte.
Er fand ihn nicht.
Ich deutete mit der Hand in die Höhe. Auf den scharfen Rändern lag noch ein letzter glutroter Schein. »Es geht kein Weg daran vorbei, wir müssen klettern.«
Suko und Myxin waren schon auf einen Spalt zugegangen, durch den das Wasser gurgelte. Gepäck hatten wir nicht mitgenommen, nur unsere Waffen. Den Koffer hatte ich im Schließfach des Flughafens gelassen.
An das monotone Rauschen der Brandung hatten wir uns bereits gewöhnt, und zwar so sehr, daß wir das Geräusch überhörten.
Es waren Schritte!
Erst als mich jemand ansprach, zuckte ich herum. Meine Hand glitt automatisch zur Waffe, doch ich ließ die Beretta stecken, als ich sah, wer dort vor mir stand.
Es war ein unbewaffneter junger Mann!
***
Caligro hatte eine erste Niederlage hinnehmen müssen. Dem Mädchen war die Flucht gelungen, und
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