012 - Die Sekte des Lichts
Stundenmeilen, 540 Fuß Höhe…
Eine der Rheinbrücken kam in Sicht -und Matt traute seinen Augen nicht. Zwar war die Brücke selbst zerstört - der Mittelteil war in den Fluten versunken -, doch ihre Zufahrt verschwand jenseits des Rheins nicht unter verfilzten! Wald, sondern zog sich bewuchsfrei dahin, um erst in etwa zwei, drei Kilometern Entfernung im Grün zu versinken. Im nächsten Moment erkannte Matthew auch den Grund dafür: Die Trasse ruhte auf Betonsäulen und ragte über die meisten Baumwipfel hinaus.
380 mph, 300 Fuß…
Schon huschte die Brücke unter dem Jet weg. Matt blieben nur Sekunden für eine Entscheidung - und er entschied sich, drückte den Knüppel nach links und flog in einer weiten Schleife die Trasse an. Als er auf sie eingeschwenkt war, konnte er linker Hand in einiger Entfernung den Dom sehen. Herrgott gib, dass der Sprit reicht…!
Die Trasse war gut zwanzig Meter breit.
Beinah schnurgerade erhob sie sich über den Wald und mündete in die Brücke.
Matt ließ den Jet weiter absacken.
Die Trasse sah glatt aus, und für Momente fühlte sich Commander Drax an eine Landebahn erinnert. Aber nicht lange. Je tiefer der Jet sank und je näher die asphaltierte Piste rückte, desto deutlicher sah er Löcher in ihr klaffen, Steinbrocken aus der Oberfläche herausragen. Verdammt! Der Zahn der Zeit hatte hier ganz schön zugebissen!
150 Stundenmeilen noch und 170 Fuß Höhe… Matt schickte ein Stoßgebet zum Himmel, bevor er die Bremsklappen und gleich darauf das Fahrwerk ausfuhr.
Ein Ruck ging durch die Maschine. Die Fluglage wurde instabil. Matts Körper wurde in die Gurte gepresst. Aruula schrie erschrocken auf. Er hätte sie vorwarnen sollen.
92 mph, 80 Fuß… Die Trasse schien dem Jet entgegen zu stürzen. Und je deutlicher Matt die Oberfläche erkennen konnte, desto gründlicher sank ihm die Hoffnung: Schlagloch reihte sich an Schlagloch - ein Kopfsteinpflaster war nichts dagegen.
Es war ein Fehler…Ich hätte im Rhein landen sollen…
Zu spät. Mit über 60 Stundenmeilen rauschte der Jet knappe 40 Fuß hoch über die Bahn. Kurz vor dem Aufsetzen zog Matt die Nase des Jets leicht hoch. 32 mph, die ideale Landegeschwindigkeit. 20 Fuß…10 Fuß…Kontakt!
Die Maschine setzte auf. Die Reifen berührten die Trasse.
Es war ein Höllenritt! Wie ein Ball sprang der Jet hoch, setzte wieder auf, wurde erneut hochgeschleudert, setzte noch einmal auf. Hätten sie nicht aus metallfadenverstärktem Plastiflex bestanden, die Reifen wären längst zerfetzt worden. Aber auch so würden sie die Tortur nicht lange überstehen.
Matt löste den Bremsfallschirm aus. Schlagartig wurde die Geschwindigkeit weiter gedrosselt. Die Gurte knirschten unter der Belastung.
Die Reifen rumpelten durch Löcher und über Steinbrocken. Der Jet tanzte. Matt und Aruula wurden durchgeschüttelt, dass ihre Zähne aufeinander schlugen.
Dann ein Schlag - die Maschine kippte nach links, Metall scheuerte über Stein, als der Jet die Leitplanken platt walzte. Funken sprühten, und plötzlich rotierte die Welt um das Cockpit. Matt kam sich vor wie in einer Zentrifuge. Metall schrie, graues Gestein und ferne Konturen von Gebäuden verschwammen zu einem Stakkato von Bildern.
Dann ein Schlag - das Karussell hielt an. Und plötzlich war alles still.
Matt schnappte nach Luft. Erst als sich Aruulas Finger von seinen Schultern lösten, registrierte er, dass sie sich die ganze Zeit über an ihm festgekrallt hatte. Er hörte, wie sie sich den Helm vom Kopf zerrte, dann erklangen würgende Geräusche. Aruula übergab sich…
***
Unglaublich viele Trümmer häuften sich um die T-Feste. Aber nicht nur deswegen hielten sie die Coelleni für unzugänglich. Die Lupas waren es, die sie von der vorgeschobenen Basis ihrer Widersacher fern hielten. Wulfs Artgenossen lebten hier. Sie akzeptierten Rulfan und duldeten auch dessen Gefährten.
Die Gruppe kletterte über die Trümmerhalde vor der Festung.
»Was nun, Rulfan?«, keuchte Juppis. Der Abstieg aus der Ruine hatte ihn erschöpft. Er war nicht mehr der Jüngste. »Der Göttervogel wird die Dysdoorer in die Flucht geschlagen haben. Weißt doch, wie schreckhaft die sind.« Hinter dem Spott verbarg sich nichts als Furcht.
»Ihre Neugier ist größer als ihre Angst«, widersprach Honnes. »Ich wette, sie vergessen die Coelleni und steuern ihre Flöße an das gegenüberliegende Ufer, um sich den Stahlvogel anzusehen.«
An der Spitze seiner Männer drang Rulfan in den dichten Wald
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