012 - Die Sekte des Lichts
sie der stark befestigten Stadt im Grunde nicht viel anhaben konnten, waren sie doch lästig. Und fast hundert…in solchen Massen traten sie selten auf. »Wie schätzt du die Lage ein?«
»Sie werden die Mauer nicht überwinden«, sagte der Offizier. »Wir können sie zurückschlagen. Aber ich brauche die waffenfähigen Männer.« Er machte eine Kopfbewegung zu der tobenden Menge auf dem Domplatz hin.
Der Kaadinarl überlegte. Sein Blick schweifte über die entfesselte Menge. Das Fest siedete seinem Höhepunkt entgegen. »Haynz, dieser Fettsack!«, zischte Joosev. »Was muss er sich ausgerechnet heute prügeln…«
Joosev traute den Dysdoorern nicht viel zu. Manchmal schossen sie ein paar Häuser in Brand, meistens töteten sie drei oder vier Soldaten. Hin und wieder gelang es ihnen auch einige Bürger zu entführen, und zwei- oder dreimal während seiner langen Regierungszeit hatten sie ein Schiff im Hafen versenkt. Aber seit dieser idiotische Haynz die Horden der Dysdoorer anführte, waren sie rauflustiger geworden. Und gefährlicher als früher.
»Nimm dir zwanzig Männer mit«, sagte er zu dem Offizier. »Aber möglichst unauffällig. Das wird fürs Erste reichen. Und veranlasse, dass die Hörner und die Trommeln in Aktion treten. Ich will nicht, dass der Kampflärm die Stimmung der Leute verdirbt.«
Der Offizier nahm Haltung an. Die Faust über dem Herzen grüßte er und wollte abtreten. Der Kaadinarl hielt ihn fest. »Macht so viele Gefangene wie möglich. Und wer mir Haynz' Kopf bringt, wird reich belohnt.« Der Offizier nickte und lief die Vortreppe hinunter in die Menge hinein. Joosev beobachtete, wie er ein paar junge Männer ansprach. Die Kostümierten folgten ihm.
Trommelwirbel erhob sich, die Hörner schmetterten einen Tusch nach dem anderen und die verkleideten Bürger gaben weiterhin ihre Kunststücke zum Besten. Joosev ließ sie noch ein Weilchen gewähren. Irgendwann erhob er sich und mit ihm die gesamte Bruderschaft. Schlagartig verstummte die Menge.
Kaadinarl Joosev XVII. hob die Arme.
»Bürger Coellens!«, rief er. »Der Segen Wudans sei mit euch und der Schutz der Heiligen Drei!«
»Gepriesen seien die Heiligen Drei!«, schallte es zurück.
»Ich gehe jetzt, um die Namen der Auserwählten zu erfahren!« Der Kaadinarl stieg vom Thron und verschwand durch das Portal im Inneren des Schwarzen Doms. Die Suprapas und Räte stimmten die Hymne an, und sofort fielen die Bürger darin ein.
Lang lebe Joosev!
Gepriesen seien die Heil'gen Drei! Für euch, ihr Drei, sind wir bereit!
Faste'laer in Ewigkeit!
Zehn, zwölf Mal sang die Menge die Hymne. Immer lauter, immer fanatischer. Bald drängten sich alle auf dem Platz.
Endlich trat der Kaadinarl wieder aus dem Portal. Er bestieg seinen Thron, setzte sich aber nicht. Es wurde plötzlich sehr still.
Mit ausgestrecktem Arm deutete Joosev XVII. auf eine nur mit einem Lendenschurz bekleidete Frau. Danach auf einen Mann mit einer Frekkeuschermaske und auf einen der jungen Burschen in den bunten Schuppenanzügen. Die Leute wichen ein paar Schritte vor den Dreien zurück. Allein standen sie schließlich in der Menge. Hunderte von Augenpaaren hingen an ihnen.
»Kommt zu mir, ihr Auserwählten der Heiligen Drei!«
Die beiden Männer und die Frau setzten sich in Bewegung. Der Mann mit der Frekkeuschermaske wankte. Die halbnackte Frau strauchelte, als sie die wenigen Stufen hinauf stieg. Der Junge griff nach ihrem Arm und hielt sie fest.
Joosev wartete, bis sie vor seinem Thron standen. »Ihr werdet eingehen in das ewige Licht!« Er deutete nach oben, wo außerhalb seines Blickfeldes der grün leuchtende Kristall zwischen den Türmen des Schwarzen Doms hing. »Als unsichtbare Soldaten der Heiligen Drei werdet ihr die Stadt vor Schaden bewahren und ihre Feinde vernichten!«
»Gepriesen seien die Heiligen Drei!«, brüllte die Menge.
Die beiden Suprapas und vier der Räte verließen den Platz vor ihren Sitzen und führten die Auserwählten durch das Portal in den Schwarzen Dom hinein. Die Menge stimmte wieder die Hymne an.
Joosev schätzte einen hohen Lärmpegel in dieser heiklen Phase des Festes. Es war vorgekommen, dass Geräusche aus dem Inneren des Domes drangen, nachdem man die Auserwählten abgeliefert hatte. Unschöne Geräusche. Lärm verhinderte, dass allzu viele Coelleni solche Geräusche hörten.
Doch plötzlich wurden die Stimmen leiser oder brachen ganz ab! Der Kaadinarl sah, wie Männer und Frauen in den Himmel starrten. Ein Horn nach
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