Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
012 - Die Sekte des Lichts

012 - Die Sekte des Lichts

Titel: 012 - Die Sekte des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
eine Treppe hinab. Die Soldaten vor ihr zerrten an ihren Armstricken. Aruula strauchelte, verlor das Gleichgewicht und stürzte. Diesmal lachten die Männer nicht. Sie kümmerten sich nicht um Aruulas hilflose Lage, zogen sie einfach bäuchlings die Stufen hinunter. Als wäre sie schon tot.
    Sie schrie vor Wut und Schmerz. Die Soldaten rissen sie hoch. Ihre Mienen blieben gleichgültig. Kaum einen Blick gönnten sie ihrer Gefangenen noch. Aruula wankte durch unterirdische Gewölbe und Gänge. Die Fremdartigkeit und Düsternis des Labyrinths sprang Aruula an wie ein Albtraum. An den kahlen Wänden brannten Fackeln. Kein Mensch war zu sehen, doch von fern hörte Aruula Gelächter, Gemurmel und Gestöhn. Die Schritte ihrer Häscher hallten aus dem Halbdunkel zurück. Wider Willen griff Angst nach der Barbarin.
    Bald nahmen die Fackeln an den Wänden zu. Es wurde heller. Die Stimmen rückten näher. Das unterirdische Gemäuer weitete sich.
    Gänge zweigten rechts und links ab. Kammern und saalartige Räume, teilweise erleuchtet, wurden erkennbar. Dann eine Halle. An ihren Wänden zahllose Fackeln.
    Aruula sah mehrere kleine Gruppen von Holzpritschen. Nackte Männer lagen darauf. Einige stöhnten, einige schrien, einige lagen seltsam verkrümmt und stumm. Andere Männer - in langen hellen Gewändern oder in Lederschuppenharnischen - bemühten sich um sie, legten ihnen Verbände an, bestrichen ihre Körper mit Salben, machten sich mit Messern an ihren Gliedern zu schaffen.
    Verletzte Soldaten, dachte Aruula. Sie werden von Medizinmännern versorgt. Kleine Gruppen saßen in türlosen Räumen beisammen, plauderten, würfelten, spielten Karten. Aruula machte sich klar, dass man sie durch das Militärlager der Stadt führte. Würde man sie hier unten in einen Kerker werfen? Oder in eine Folterkammer?
    Das Licht nahm zu. Tageslicht! Die Halle weitete sich, wurde höher. Zwei große Tore führten in die Stadt hinaus. Sie standen offen.
    Wachen flankierten sie. Lachen, Trommeln, Kreischen und langgezogene Töne eines Blasinstruments drangen von draußen herein.
    Aruulas Häscher sprachen mit den Wachen.
    Dysdoorer, verstand sie, Stahlvogel und Räuberbande. Die Wachen winkten sie durch. Lüsterne Blicke hefteten sich auf Aruulas fast nackten Körper. Sie reckte sich und schritt stolz einher. Niemals würde sie sich unterwerfen.
    Zwischen ihren Jägern trat sie ins Freie. Schwarz und unheimlich erhob sich die Kathedrale in den Himmel. Aruula hörte Gesang und Gelächter. Viele Menschen tummelten sich in der engsten Umgebung des Gebäudes.
    Die Soldaten zerrten sie eine Treppe hinauf dem finsteren Gemäuer entgegen. Lücken klafften darin, teilweise weit hinauf in die zerklüftete Fassade des linken Turmes. An manchen Stellen waren sie mit helleren Steinen ausgefüllt, an anderen stützten Kanthölzer die filigrane Fassade ab.
    Aruula legte den Kopf in den Nacken. Über ihr ragten die Doppeltürme in den Morgendunst. Unheimlich und kalt erschien ihr dieses absurde Gebäude, ein Monument arroganter und gewalttätiger Tyrannei. Und zwischen den Türmen das grüne Licht.
    Schlagartig begann wieder die fremde Macht in Aruulas Kopf zu raunen. Von Hass und Gier, von Glück und Angst, von Tod und Leben. Wieder spürte Aruula den kalten Helm über ihrem Hirn. Sie schüttelte sich und versuchte sich gegen die Bilder, Gefühle und Stimmen zu verschließen.
    »Ho, ho, hübsch Mädcher, wie wärs mit uns zwei…?« Ein halbnackter Mann wankte auf sie zu. Sein Oberkörper war mit roter und blauer Farbe beschmiert. Er trug Fellhosen und auf den Kopf hatte er sich ein Gehörn gebunden. Er legte den rechten Arm um Aruula. Ein säuerlicher Gestank ging von ihm aus. In der linken Faust hielt er einen Steinkrug, aus dem weißlicher Schaum quoll. »Bütz mich, hübsch Mädcher…!«
    Die bunt gekleideten Gestalten in der Nähe lachten und deuteten auf den Koboldmann. Alle hielten Krüge in den Händen.
    Die Soldaten fanden das nicht lustig. Einer rammte dem Mann die Faust ins Gesicht. Die Wucht des Schlages schleuderte ihn rücklings zu Boden. »Is doch Faste'laer…«, jammerte der Mann. »…is doch Faste'laer…«
    »Hundsfott!«, blaffte der Soldat. »Siehst du nicht, dass sie eine Gefangene ist?«
    Durch tanzende und singende Menschen hindurch führten sie Aruula am schwarzen Gemäuer entlang. Einige Leute kauerten im Schatten der Kathedrale, andere lagen mit geschlossenen Augen am Boden, wieder andere standen nur schwankend da und glotzten sie

Weitere Kostenlose Bücher