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012 - Die Sekte des Lichts

012 - Die Sekte des Lichts

Titel: 012 - Die Sekte des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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der Trichter direkt vor ihren Augen sowieso. Aruula schluckte, nutzte die ihr gegönnten Atempausen, schluckte weiter und gab ihren Widerstand auf.
    Bald sah sie alles doppelt. Dumpfer warmer Nebel waberte durch ihr Hirn. Das Gekicher und Gemurmel der Menschen um sie herum drang nur noch aus weiter Ferne an ihr Ohr…
    ***
    Bad Godesberg, 26. August 2011
    Professor Marc Vittoris schüttelte das Regenwasser von seinem Mantel. Er schloss die Haustür der Villa hinter sich zu und hängte den Mantel an die Garderobe. Vittoris kam aus der Bonner Oper. Ab und zu musste er mal raus. Er hatte sich die »Zauberflöte« angeschaut. Der Molekularbiologe stand auf Mozart.
    Natürlich war er nicht allein in der Oper gewesen. Seit einem halbem Jahr kannte er eine Frau. Nichts Ernsthaftes, alles sehr sachlich, sogar professionell. Vittoris konnte keine Beziehung vom Zaun brechen - um Gottes willen! Nicht so sehr wegen seines geistlichen Status. Andere Priester und Pater leisteten sich auch eine Freundin, manche sogar Familie. Aber die Arbeit am »Dreikönigsprojekt« nahm ihn vollständig in Beschlag -Vittoris war ein Workaholic erster Güte.
    Er arbeitete praktisch rund um die Uhr. Länger als drei Stunden ließ er die Zellen nie unbeaufsichtigt.Außerdem machte der Kardinal Druck. So schnell wie möglich wollte er seine Heiligen Drei Könige der Welt präsentieren. Am liebsten noch gestern. Vittoris machte sich nichts vor: Kardinal Josef war alt und krank. Er würde das Zeitliche segnen, bevor die geklonten Kinder »Mama« sagen konnten.
    Die Frau arbeitete übrigens für einen Begleitservice. Das machte die Sache einfach für Vittoris. Geld für Sex entband ihn von jeder Verantwortung. Nina hieß sie. Eine Studentin, die sich ihr Studium mit Luxusprostitution verdiente. Was es nicht alles gab…
    Nach der Vorstellung waren sie in ein türkisches Restaurant gegangen, nur ein paar Schritte vom Opernhaus entfernt. Und danach in ein Hotelzimmer. Vittoris nahm sie nie mit nach Bad Godesberg. Die beiden Dominikaner - Bruder Johannes und Bruder Ethelberg - wohnten in der kleinen Dachwohnung des Hauses. Sie waren noch jung, sie glaubten noch an so etwas wie Reinheit und Treue dem Keuschheitsgelübde gegenüber. Vittoris war auch einmal sehr idealistisch und fromm gewesen. Jedenfalls wollte er die armen Kerle nicht in Zweifel stürzen. Sie waren eifrige Assistenten, und das sollte so bleiben.
    Vorbei an der Treppe ins Obergeschoss, wo sein kleines Apartment lag, ging er direkt ins Labor. Die Neonröhren an der Decke flammten auf. Der Sturm peitschte dicke Tropfen ans Fenster. Draußen war es fast dunkel; ein Gewitterregen tobte sich aus. Vittoris drückte auf einen Knopf neben der Tür - die Jalousien sämtlicher Fenster senkten sich herab.
    In der Mitte des großen, mit dunklem Parkett ausgelegten Saales stand ein wuchtiger runder Tisch. In seinem Zentrum lag ein blauer Kunststoffkubus: der Quantencomputer. Im Grunde die Zentrale des Labors. Vittoris hatte hart und konzentriert gearbeitet während der vergangenen elf Monate. Aber ohne dieses elektronische Gehirn wäre er lange nicht so weit gewesen.
    Fast ohne hinzusehen drückte er die Leertaste auf einer der drei Tastaturen, die um den Qu-Computer herum angeordnet waren. Der Standby-Modus wurde aufgehoben, einer der drei Monitoren flammte auf.
    Doch der Professor ging zunächst zu der langen Tischreihe rechts und links des Mittelfensters. Sie zog sich praktisch um den ganzen saalartigen Raum herum, nur an zwei Stellen durchbrochen von Bücherregalen. Auf den Tischen waren sie aufgereiht, die Einzelteile von Vittoris' Labor: Nano-Laser, Elektrophorosgraph, Rastersonden-Elektronenmikroskop, Autociaven, Kunstglasbecken mit Nährplasma, Molekülsynthesizer, und so weiter. Organe eines komplexen elektronischen Organismus, alle angeschlossen an den Qu-Computer.
    Vittoris zog sich einen Rollhocker heran und setzte sich vor eines von drei Plasmabecken. Zwanzig Zentimeter tief, dreißig breit und fünfzehn hoch, größer waren sie nicht. Sonden führten über aufgesetzte Kunststoffpfropfen ins Innere des Beckens. Viele Sonden. Manche so fein, dass man sie mit bloßem Auge kaum sehen konnte.
    Vittoris legte die Arme auf die Tischplatte, stützte das Kinn auf die gefalteten Hände und blickte in das trübe gelbliche Nährplasma hinein. Viel war nicht zu erkennen. Ein strahlenförmiges Gebilde hing in der Mitte des Beckens: ein Computerchip, aus dem Hunderte feinster Glasfiberdrähte ragten.
    Um

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