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012 - Die Sekte des Lichts

012 - Die Sekte des Lichts

Titel: 012 - Die Sekte des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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bringen, doch im Schilf lief sie einem Trupp von vier Soldaten in die Arme.
    Der Kerl auf ihrem Rücken sprang auf.
    »Hoch mit dir!«, brüllte er. Die Stricke an ihren Handgelenken strafften sich. Von zwei Seiten zerrten die Männer sie hoch. Eine Schlinge legte sich um ihren Hals. »Und nun vorwärts!«
    Sie trugen dunkelbraune Harnische und Hosen aus geschupptem Leder. Störrisches blondes Haar quoll unter ihren Lederhelmen hervor. Sie waren jung, nicht älter als Aruula selbst. Geil stierten zwei von ihnen auf ihre nackten Brüste. Ihr Fellumhang hatte sich auf der Flucht im Dornengestrüpp verfangen. Nichts als der Lendenschurz war ihr geblieben, um ihre Blöße zu bedecken.
    Die Soldaten rechts und links von ihr rissen an den Seilen. Mit ausgestreckten Armen taumelte Aruula hinter ihnen her. Das kurze Seil zwischen ihren Fesseln zwang sie zu kleinen Schritten. Es war mit einem längeren Seil verbunden, das einer der Kerle hinter ihr festhielt. »Beweg dich!« Der Strick um ihren Hals straffte sich. Aruulas Kopf bog sich weit zurück in den Nacken. Sie schnappte nach Luft.
    Wie ein erbeutetes Tier wurde sie durchs Schilf geführt. Aruulas aufgepeitschten Gefühle erstickten jeden klaren Gedanken in ihr schon im Keim: Angst, Zorn und Scham zerwühlten ihre Brust und ihr Hirn, trieben ihr die Tränen in die Augen und einen metallenen Geschmack auf die Zunge.
    Die Männer wateten durch niedriges Brackwasser. Gnadenlos zerrten sie Aruula hinter sich her in den Sumpf. Unerwartet straffte sich das Seil zwischen ihren Füßen, sie stolperte und schlug lang ins schlammige Wasser. Keuchend und prustend versuchte sie den Kopf über Wasser zu halten, doch die beiden Kerle vor ihr zerrten an den Armseilen - wieder und wieder tauchte Aruula unter. Bäuchlings wurde sie durch den Tümpel gezogen. Modrig riechendes Wasser drang in ihren Mund. Sie schluckte und prustete.
    Die Männer lachten und schlugen sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Sie zwangen sie, auf allen Vieren durchs Wasser zu kriechen. Am Ufer des Sumpfes drückten sie ihr noch einmal den Kopf in den Schlamm, dass ihr die Sinne zu schwinden drohten. An den Haaren wurde sie endlich aus dem Wasser gerissen. Die Seile um ihre Handgelenke zogen an; die Soldaten zerrten sie ins Gestrüpp des Uferwaldes.
    »Weiter gehts!« Die Männer rissen ihren ermatteten Körper hoch. Ein Stoß in den Rücken trieb sie in den Wald hinein. Es ging durch morastige Schilffelder und lichten Uferwald flussaufwärts.
    Nach kurzer Zeit erreichten sie die Brücke, die Aruula schon vom Jet aus gesehen hatte. Eine Brücke aus drei Bögen. Der mittlere war länger und höher als die beiden äußeren. Efeu, Misteln und Weinranken bedeckten das gesamte Bauwerk. Wie ein kunstvoll geschnittener gigantischer Busch sah es aus. Dahinter, auf der anderen Flussseite, erhob sich der schwarze Doppelturm in den Morgendunst. Zwischen ihm und der Brücke stand ein Gebäude, dessen stufenartig ansteigendes Dach wellenförmig gebogen war. Und ein riesiger flacher Bau.
    Eine etwa fünfzehn Ellen hohe Steinmauer grenzte die Stadt vom Großen Fluss ab. Sie wirkte breit und fest auf diese Entfernung. Hinter der Mauer schien ein unbebauter Streifen zu verlaufen, hinter dem die Fassaden unzähliger Häuser in die Höhe wuchsen; ein Wirrwarr von Dächern, Giebeln und Türmchen sammelte sich um den Doppelturm, durchbrochen von den Laubkronen hoher Bäume.
    Je näher die Soldaten der Brücke kamen, desto schweigsamer wurden sie. Aruula registrierte es, obwohl sie alle Kraftreserven aufbieten musste, um gegen Schmerzen, Erschöpfung und Verzweiflung anzukämpfen. Auch sie empfand die Bedrückung, die von dem gigantischen Gemäuer des Schwarzen Doms ausging. Es war, als hätte man ihr einen Bronzehelm über den Kopf gestülpt.
    Kurz vor der Brücke fiel Aruulas Blick auf das Licht. Es schimmerte grünlich und schien zu pulsieren, als wäre es lebendig. Ein ovaler, eiförmiger Leuchtkörper hing an Tauen zwischen den spitzen Türmen der Kathedrale. Von ihm ging das Licht aus.
    Unwillkürlich stockte Aruulas Schritt.
    Sie kannte dieses Ding, hatte es irgendwann schon einmal gesehen! Die Erinnerung daran war weit entfernt und bruchstückhaft; es musste in früher Kindheit gewesen sein…
    Während sie sich noch zu erinnern versuchte, schien plötzlich der imaginäre Helm über ihrem Gehirn zu vibrieren. Kälte kroch ihr vom Kopf aus durch den Körper. Etwas raunte dumpf in ihrem Geist. Etwas Mächtiges. Ohne bewusst zu

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