0122 - Hallo, ich bin wieder da!
sollte. Aber plötzlich kam mir ein Gedanke.
»Hören Sie mal, Joe«, sagte ich. »Das hört sich ja genauso an, als ob Sie damit rechneten, daß ich ein paar Tage lang hierbleiben müßte?«
Er zuckte die Achseln:
»Es tut mir ja leid, Sir, ich wollte den Brief mit den Fingerabdrücken, die nach Washington geschickt werden sollen, selber zum Briefkasten bringen. Dann hätte ich nämlich unterwegs schnell noch ein paar Marken mehr draufgeklebt und die ganze Sache per Luftpost gehen lassen. Aber der Alte, dieser mißtrauische Kerl, bestand darauf, den Brief selbst zur Post zu bringen. Natürlich nur mit normalem Porto. Mit der Antwort wird es mindestens vier Tage dauern.«
Ich atmete aus.
»Sir, vielleicht ist es ganz gut, wenn Sie noch ein paar Tage Ruhe haben«, tröstete Joe. »Heute nacht können Sie sich auch vom in der Wache mit dem Elektro-Rasierer rasieren. Ich lasse ihn heute abend hier. Die Kollegen wissen schon Bescheid.«
Es war rührend, an was er alles dachte.
Ich klopfte ihm auf die Schulter:
»Okay, Joe. Sie sind ein prächtiger Bursche. Diese Tage werden wir wohl auch noch ’rumkriegen.«
»Bestimmt, Sir. Ich würde an Ihrer Stelle tagsüber schlafen. Nur zum Essen kurz aufstehen. Und nachts können Sie trainieren, sich mit den Kollegen unterhalten, was Sie wollen.«
Ich lachte. Jetzt war ich felsenfest davon überzeugt, daß ich der bevorzugteste Häftling der Kriminalgeschichte war.
Und so war es denn auch. Drei Nächte lang übte ich meine Fertigkeiten in Jiu-Jitsu, Boxen und Ringen.
In der dritten Nacht kam einer der Cops vom Nachtdienst mit einer Schachtel Patronen, die er auf eigene Rechnung gekauft hatte. Neugierig gingen alle Leute, die es eben einrichten konnten, mit in den Schießkeller.
Well, Schießen habe ich beim FBI gelernt. Sie verdrehten die Augen, als ich ihnen aus beiden Händen zwei Scheiben beharkte, daß es sich fast wie ein Schuß anhörte.
Und dann war es soweit.
Ich hatte mir das Gesicht hundertmal in meinen Trüumen vorgestellt. Aber der Kerl war zu feige.
Am späten Nachmittag des dritten Tages kam Joe freudestrahlend in meine Zelle.
»Was ist los, Joe?« fragte ich.
»Sir. Wir haben gerade, ich meine, der Wachhabende hat, nämlich -«
Er war so aufgeregt; daß er keinen Satz zu Ende sprechen konnte.
»Vielleicht beruhigen Sie sich erst einmal, Joe. So kapiere ich nie, was los ist.«
»Jawohl, Sir. Ich wollte Ihnen melden, daß Hoover vorhin bei uns angerufen hat. Ja! Der FBI-Chef aus Washington! Ob wir verrückt wären? Die von uns eingesandten Fingerabdrücke stammten eindeutig von dem seit Wochen vermißten G-man Jerry Cotton. Wie wir dazu kämen, einen G-man einzusperren? Der Alte läßt Sie um Entschuldigung bitten. Er mußte angeblich zu einer Sitzung.«
Ich stand auf.
»So«, sagte ich. »Der Lieutenant mußte zu einer Sitzung? Okay, Joe. Sagen Sie dem Lieutenant, daß ich diese Zelle nicht eher verlassen werde, bis er sich hier bei mir entschuldigt hat. Ich habe drei Tage hier zugebracht, ich halte es auch noch einen Tag aus. Und wenn Hoover noch einmal anrufen und fragen sollte, wo ich bleibe, sagen Sie ihm, daß ich noch in meiner Zelle sitze und auf eine mehr als nötige Entschuldigung warte.«
Joe stand auf. Er strahlte über das ganze sonnengebräunte Gesicht. Händereibend versicherte er: »Sir, das ist die schönste Nachricht, die ich je dem Lieutenant zu überbringen hatte. Ich fliege, Sir!«
Er ließ die Zellentür offenstehen und galoppierte den Flur entlang.
Ich steckte mir eine Zigarette an und legte mich auf die Pritsche. Es ging hier nicht um mein beleidigtes Ehrgefühl. Hier ging es darum, daß einem größenwahnsinnig gewordenen Reviervorsteher die einfachsten Regeln des Anstandes beigebracht wurden.
Er ließ nicht lange auf sich warten. Nach wenigen Minuten schon stand er draußen und klopfte an die offenstehende Zellentür.
»Wer ist da?« rief ich, obgleich ich ihn ja genau von der Pritsche aus sehen konnte. .
»Lieutenant Baker, Sir.«
»Okay, Mann«, sagte ich. »Kommen Sie ’rein!« Ich fühlte mich schon wie zu Hause.
Er kam. Selten sah ich so ein klägliches Gesicht.
Ich ließ ihn seine Entschuldigungsrede herunterrasseln. Dann zeigte ich auf den Tisch. Noch immer lag dort eine Scheibe Brot mit einem Klecks Marmelade in der Mitte.
»Wie würden Sie das da essen?« fragte ich ihn.
Er runzelte die Stirn.
»Eh, hm, ich würde -«
»Was würden Sie mit der Marmelade machen?«
Ȇber das ganze Brot verteilen,
Weitere Kostenlose Bücher