0122 - Nachts, wenn der Todesbote kommt ...
Aufbäumen ging noch durch seinen Körper, dann blieb er still und reglos liegen.
Keine Frage, daß er tot war.
Wie auf Kommando drehten sich Buzz Fetterman und Kevin Plant um und stoben in wilder Flucht davon.
***
Morgens um sieben traten John Rollie und Pete Jonson ihren Dienst an. Sie waren städtische Arbeiter und versahen ihren Job auf dem St. Michael’s Cemetery. Eine ganze Menge Arbeit lag vor ihnen. Sieben Begräbnisse waren für diesen Tag vorgesehen, was für Rollie und Jonson bedeutete, daß sie sieben Gruben ausheben mußten.
Einen Handwagen ziehend, auf dem sie ihre Arbeitsgeräte verstaut hatten, näherten sich die beiden der Reihe, in der die neuen Gräber ihren Platz finden würden.
Plötzlich blieb John Rollie stehen, so unvermutet, daß sein Kollege die Deichsel des Wagens in die Kniekehle bekam.
»Bist du verrückt geworden?« schimpfte Jonson wütend. »Was soll denn…?«
»Sieh mal da drüben!« Rollie deutete mit erhobener Hand auf einen Hügel frisches Erdreich, der gestern nachmittag noch nicht da gewesen war.
»Was ’n das?« wunderte sich Jonson. »Sieht aus, als ob sich da einer ein Privatgrab gebuddelt hat!«
»Sehen wir mal nach…«
Die beiden Männer ließen ihren Handwagen stehen und eilten zu dem kleinen Hügel hinüber. Aber es war nicht dieser, der sie die Augen vor Verblüffung aufreißen ließ. Fassungslos starrten sie auf den Toten, der am Rande des unzweifelhaft in der vergangenen Nacht geöffneten Grabes lag. Ein paar Yards entfernt stand ein Sarg, den man gewaltsam aufgebrochen hatte. Zwei Spaten lagen unmittelbar daneben.
»Das gibt’s doch gar nicht!« schnaubte Jonson. »Verdammte Grabschänder, verdammte!«
»Nicht nur dieses eine Grab haben die Drecksäcke heimgesucht«, stellte Rollie fest und zeigte dabei auf die Totenlaternen, die sich um den zerstörten Sarg gruppierten. »Man soll es ja gar nicht für möglich halten!«
Kopfschüttelnd blickten die beiden Friedhofsarbeiter auf den Toten hinab, den Vandalen aus seiner letzten Ruhe gerissen haben mußten. Der Mann, alt, sehr alt, war unbekleidet. Sein zerfetztes Totenhemd lag neben dem Sarg.
John Rollie ging auf den Erdhügel zu, aus dem die Spitze eines Holzkreuzes herausragte.
»Mal sehen, wer der arme Kerl ist, den man nicht in Frieden ruhen lassen wollte.«
Er befreite das Kreuz von der feuchten Erde und betrachtete es.
»Luke Giordano«, las er vor. »Gestorben vor fünf Tagen.«
»Klar«, sagte Jonson. »Ich erinnere mich noch deutlich daran, wie wir das Grab ausgehoben haben. Bevor wir es wieder zumachen… Ich gehe mal und sage dem Boß Bescheid.«
Jonson wandte sich zum Gehen. Aber sein Kollege hielt ihn zurück.
»Warte mal, Johnny!«
»Ja?«
Rollie betrachtete noch immer das Kreuz. Ein eigenartiger Ausdruck war in sein Gesicht getreten.
»Wie alt ist der Tote, Johnny?« fragte er überraschend.
Jonson blickte auf die verkrümmt auf dem Kiesweg liegende Leiche.
»Schwer zu sagen«, meinte er achselzuckend. »Achtzig, schätze ich. Vielleicht auch noch älter.«
»Dreiundvierzig«, sagte Rollie.
»Was?«
»Der Tote ist dreiundvierzig Jahre alt! Hier auf dem Kreuz steht es. Geboren am 12. Januar 1935.«
»Du spinnst, Buddy!«
»Überzeug dich selbst!«
Rollie hielt seinem Kollegen das Kreuz hin. Dieser nahm es entgegen und las die Inschrift.
»Hast recht«, sagte er stimrunzelnd. »Aber…«
»Ganz klarer Fall«, meinte Rollie. »Hier läuft irgendeine ganz große Sauerei. Offenbar hat man einen anderen anstelle dieses Luke Giordano beerdigt. Wenn du mich fragst…«
»Ja?«
»Versicherungsbetrug!« sagte Rollie überzeugt. »Die Frau von diesem Giordano hat die Versicherungssumme kassiert und sitzt mit ihrem Kerl jetzt wahrscheinlich längst irgendwo in Mexiko und hält sich den Bauch vor Lachen.«
»Yeah«, nickte sein Kollege. »Das wäre ’ne Möglichkeit. Ich alarmiere den Boß und die Bullen!«
Er ging.
Ein paar Augenblicke später fand John Rollie einen kleinen Lederkoffer, der halb unter einem Gebüsch versteckt war. Mannhaft widerstand er der Versuchung, den Koffer zu öffnen.
Schließlich wollte er der Polizei nicht vorgreifen.
***
Es war ein feuchtfröhlicher Abend gewesen. Herbert Lowell wußte gar nicht genau, wieviel er eigentlich getrunken hatte. Zehn Bourbon, zwölf - in dieser Preislage jedenfalls. Jeder seiner alten Studienfreunde, mit denen er sich alljährlich zu einem nostalgischen Umtrunk traf, konnte einen Stiefel vertragen.
Mit einer Taxe
Weitere Kostenlose Bücher