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0124 - Das Flammenschwert

0124 - Das Flammenschwert

Titel: 0124 - Das Flammenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sondern ein kleiner, unbedeutender Gärtner, der jeden Morgen zum Basar eilte, um mit lauter Stimme die Früchte seines Gartens feilzubieten. Manchmal beneidete er diese Männer, die kaum andere Sorgen kannten als die, sich und ihrer Familie den Lebensunterhalt für den kommenden Tag zu verschaffen.
    Auf ihm jedoch lastete die Bürde der Verantwortung für das Wohlergehen seiner Untertanen um so schwerer, als die Christen mit jedem Tag näher rückten und gefährlicher wurden. Nichts hatte sie aufhalten können, Meile um Meile hatten sie sich vorwärts gekämpft. Wohl hatten die kämpfenden Kriegerscharen ihnen böse Verluste zufügen können, waren aber eine nach der anderen geschlagen worden.
    »Achman, ich habe mich so nach dir gesehnt«, flüsterte die junge Frau und schmiegte sich an ihn. Seine Hände glitten zart streichelnd über ihre Schultern, fühlten die Wärme der Haut durch den dünnen Stoff. Jene Hände, die mit gnadenloser Härte das Schwert zu führen vermochten.
    Achman schob sie sanft zurück und sah sie an. »Ein paar Minuten haben wir für uns, dann beginnt wieder das Tagwerk«, sagte er rauh. Er wirkte etwas übemächtigt. Kein Wunder, hatte er doch in der ganzen Nacht keinen Schlaf gefunden.
    »Setz dich zu mir«, bat Alyanah und bugsierte ihn zu einem breiten Sitzkissen, auf dem sie sich niederließen. »Wird es dir nicht auf die Dauer doch zuviel?« fragte sie leise.
    Achman straffte sich etwas.
    »Diese böse Zeit wird vorübergehen, es können die furchtbarsten Kämpfer nicht ständig Krieg führen. Einmal wird dieses Morden und Brennen ein Ende finden, dann werden wir auch wieder mehr Zeit füreinander haben. Wenn ich nur wüßte, warum dieses Giaurs so verbissen trachten, unser Land zu verheeren, die Stadt zu erobern…«
    Ihr schmaler Zeigefinger legte sich auf seine Lippen. »Still«, raunte sie. »Du redest schon wieder von deiner Arbeit, dabei möchte ich dich für ein paar Minuten für mich haben. Für mich allein, denn schließlich bist du mein Mann, Herr und Gebieter!«
    Achman lächelte dünn. »Du hast recht«, gestand er. »Und doch ist es wichtig, daß ich mich auf diesen Krieg besinne, denn was würde wohl mit dir geschehen, gelänge es den Giaurs, den Ungläubigen, Jerusalem zu erobern?«
    »Sprich nicht davon«, hauchte sie. Ein leichtes Zittern überlief ihren Körper. Aus den Berichten wußte sie, was jene Kreuzzügler nach ihren Siegen zu tun pflegten, wie sie unter der Bevölkerung wüteten.
    »Etwas Entscheidendes wird heute geschehen«, murmelte Achman sinnend vor sich hin. »Ich spüre es, irgendein Sinn sagt mir, daß heute die Entscheidung fallen muß. Die Christen werden angreifen, werden die Stadt angreifen, und«, er sprang jäh auf, ballte die Fäuste und reckte sie empor, »bei Allah, wir werden sie zerschmettern, werden ihre Köpfe auf der Stadtmauer aufspießen! Dann ist ein für allemal Ruhe, die Stadt ist eine uneinnehmbare Bastion, wir werden diesmal siegen. Und mögen sie noch so gepanzert sein, mögen Hunderte unserer Säbel und Schwerter an ihren Rüstungen zerbrechen, wir werden sie überwinden. Mit Allahs Hilfe!«
    Alyanah seufzte laut. Sie ließ sich weit zurücksinken, sah ihren Gatten entsagungsvoll an. Sie ahnte, daß er keine Ruhe mehr finden würde, ehe dieser neue Tag nicht vorbei war. Begriff, daß er voll in seiner Aufgabe aufging. Und ein ungeheurer Stolz stieg in ihr auf, Stolz auf den Kalifen Achman, den Führer ihres Volkes.
    »Ja«, flüsterte sie. »Mit Allahs Hilfe…«
    Sie sah ihm nach, als er ging. Doch er kam nur bis zum Gang. Durch die geöffnete Tür sah sie, wie er jäh verharrte, wie sein Körper sich versteifte. Er mußte etwas gesehen haben, etwas Furchtbares, andernfalls hätte er sich nicht so verhalten. Mit einem Ruck fuhr sie hoch, eilte mit wehenden Schleiern zu ihm. Instinktiv spürte er, daß sie neben ihn getreten war, und legte wie schützend seinen Arm um ihre Schulter.
    Jetzt sah auch sie das Bild. Ihre Augen weiteten sich, ihr Atem beschleunigte sich. Sie schien förmlich in sich zusammenzuschrumpfen, zog den Kopf ein wie unter einem Peitschenhieb.
    Von Westen her quoll eine gewaltige Staubwolke heran. Schwaches Stimmengewirr und das dumpfe Grollen unzähliger Hufe, die den Boden zum Erzittern brachten, eilten der Wolke voraus.
    Achmans Blick flog herum, zur anderen Fensterseite des breiten Verbindungskorridors zwischen den beiden Bauteilen des Palastes. Die Sonne war endgültig über den Horizont gekrochen,

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